150. Aktionärsversammlung der Aktiengesellschaft Bad Neuenahr

Drohende Insolvenzüberschattet das Jubiläum

Drohende Insolvenz
überschattet das Jubiläum

AG-Vorstand Christoph Reinicke (4.v..r.) legte den Geschäftsbericht der Aktiengesellschaftfür das jahr 2014 vor.

Drohende Insolvenz
überschattet das Jubiläum

Aufsichtsratsvorsitzender Professor Dr. Otto L. Adelberger musste zu Beginn der Versammlungden Rücktritt seines Stellvertreters Dr. Peter Schnelke verkünden. Fotos: FIX

Drohende Insolvenz
überschattet das Jubiläum

Bad Neuenahr. Ausgerechnet bei der 150. Aktionärsversammlung der Aktiengesellschaft Bad Neuenahr (AGBN) drehte sich alles um die drohende Insolvenz des Traditionsunternehmens mit seinen derzeit 127 Mitarbeitern eine. Laut AG-Vorstand Christoph Reinicke soll das Insolvenzverfahren am 1. Dezember eröffnet werden. Derzeit sei man dabei, sowohl einen Insolvenzplan wie auch einen Businessplan für die mögliche Fortführung der Kur AG zu erarbeiten. „Wir wollen mit dem Konzept der Gesundheitswirtschaft einen Neuanfang wagen“, erklärte Reinicke im gut gefüllten Kurhaussaal. Dabei begann die Versammlung gleich mit einem Paukenschlag, denn der Aufsichtsratsvorsitzende Professor Dr. Otto L. Adelberger musste den Rücktritt seines Stellvertreters Dr. Peter Schnelke verkünden. Der hatte bei der abschließenden Aufsichtsratssitzung am Abend zuvor sein Amt niedergelegt. Adelberger selbst sah sich zudem nicht in der Lage, die Zusammenkunft zu leiten, weil sowohl gegen ihn wie auch gegen Schnelke und andere Mitglieder des Aufsichtsrates in einem schwebenden Verfahren Schadensersatzansprüche in Millionenhöhe geltend gemacht werden. Einer Sonderprüfung durch den eigens dafür bestellten „Besonderen Vertreter“ Rechtsanwalt Dr. Norbert Knüppel zufolge habe nämlich die Interessengemeinschaft (IG) als Mehrheitsaktionär - sie hält etwa 54 Prozent der Aktien - in den vergangenen Jahren zu wenig Pacht für die Räumlichkeiten der Spielbank an die Aktiengesellschaft bezahlt. Der Interessengemeinschaft, die auch Mehrheitseigentümer der Spielbank KG ist, gehören neben Adelberger und Schnelke noch weitere Mitglieder des neunköpfigen Aufsichtsrates an.

Sitzungsleitung möglicherweise nicht satzungskonform

Wegen dieses Interessenkonfliktes wurde auf Vorschlag von AG-Vorstand Reinicke der Stuttgarter Anwalt Dr. Volker Schwarz mit der Sitzungsleitung beauftragt - was wiederum den Vertreter der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SDK), Markus Neumann, auf den Plan rief. Nach seiner Ansicht sei dieses Vorgehen nicht satzungskonform, die Versammlung laufe somit Gefahr, ungültige Beschlüsse zu fassen. Sein Vertagungsvorschlag kam allerdings nicht zur Abstimmung und so nahm die Aktionärsversammlung zunächst ihren planmäßigen Verlauf. Denn Reinicke trug zwar einen Jahresbericht für das Geschäftsjahr 2014 vor, musste aber zugeben, dass es dafür kein Testat des beauftragten Wirtschaftsprüfers Dr. Fritz Kesel und Partner (München) gibt. Grund dafür sei die unklare Zukunft der Aktiengesellschaft, so Wirtschaftsprüfer Rainer Brunner. Denn je nachdem, ob die AGBN nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. Dezember fortgeführt oder liquidiert werde, sei das Betriebsvermögen unterschiedlich zu bilanzieren. Was wiederum unmittelbare Auswirkungen auf das Zahlenwerk habe, weshalb es erst dann testiert werden könne, wenn klar sei, ob und wie es weitergeht.

Jahresverlust in Höhe von

1,5 Millionen Euro für 2014

Die Umsatzerlöse verringerten sich jedenfalls um 5,1 Prozent von 9,1 auf 8,7 Millionen Euro gegenüber 2013. Die anderen Erlöse sanken sogar noch stärker um 8,3 Prozent von drei auf 2,8 Millionen Euro. Unterm Strich gab es einen Jahresverlust in Höhe von 1,5 Millionen Euro, nachdem man im Vorjahr noch 915.000 Euro Gewinn gemacht hatte. Und das, obwohl man aus dem Verkauf der Ahr-Thermen nach Abzug der Darlehensrückzahlungen als Einmaleffekt einen Überschuss von knapp 1,2 Millionen Euro erzielt hatte. Nach dem Verkauf des Kurparks und der Kuranlagen im Jahr 2013 muss man allerdings seit 2014 auch auf die Spielbankabgabe verzichten, die 2013 immerhin noch 749.000 Euro betragen hatte. Weil der Verlust mehr als die Hälfte des Grundkapitals der Aktiengesellschaft Bad Neuenahr ausmacht, war der Vorstand verpflichtet, dies der Hauptversammlung anzuzeigen. Das Grundkapital beträgt jetzt nur noch 907.000 Euro nach 2,4 Millionen Euro im Vorjahr. Am 20. August wurde der Insolvenzantrag gestellt und vom Amtsgericht Bad Neuenahr-Ahrweiler die vorläufige Eigenverwaltung angeordnet. „Im Gesamtergebnis sind somit der mittel- und langfristige Fortbestand und der zukünftige Erfolg der Gesellschaft weiterhin von der erfolgreichen Umsetzung des Restrukturierungskonzeptes abhängig“, so Reinicke. Er berichtete weiter, die Verbindlichkeiten der Aktiengesellschaft betrügen aktuell rund zwölf Millionen Euro, dem stehe allerdings auch ein Immobilienbesitz im Wert von rund 28 Millionen Euro gegenüber.

7,2 Millionen Euro

an Schadenersatz gefordert

Die Bilanz könnte allerdings wesentlich verbessert werden, wenn die Aktiengesellschaft die Schadensersatzansprüche durchbekommt, die sie gegenüber ehemaligen Vorständen und aktuellen Aufsichtsratsmitgliedern geltend macht. Laut einer Sonderprüfung durch den „Besonderen Vertreter“ und Wirtschaftsanwalt Norbert Knüppel geht es dabei um Millionenbeträge. Die Aktionäre hatten Knüppel bei der letztjährigen Hauptversammlung damit beauftragt, zu prüfen, ob die Spielbank KG eine angemessene Pacht für die Spielbank und ihr Verwaltungsgebäude an die Aktiengesellschaft als Eigentümer der Liegenschaft bezahlt. Nach seiner Ansicht war dies nicht der Fall, denn die Miete sei nur halb so hoch gewesen wie eine ortsübliche Vergleichsmiete. Somit mache die Aktiengesellschaft gegenüber der Interessengemeinschaft einen Schaden von insgesamt knapp 4,6 Millionen Euro geltend. Der frühere Vorstand Dr. Hans-Ulrich Tappe soll außerdem 1,05 Millionen Euro und sein Nachfolger Gerd Zimmermann 589.000 Euro berappen. Ob gegen den aktuellen Vorstand Christoph Reinicke in diesem Zusammenhang ebenfalls Forderungen erhoben werden, stehe noch nicht fest.

Ausweislich eines ebenfalls zur Aktionärsversammlung vorgelegten Berichts über das Ergebnis einer weiteren Sonderprüfung, die Schließung der Ahr-Thermen zum 1. Januar 2014 betreffend, sieht die damit beauftragte Mittelrheinische Treuhand GmbH allerdings eine Pflichtverletzung des AG-Vorstandes gegeben. Dieser bestand damals noch aus Gerd Zimmermann als Vorstand und Christoph Reinicke als Prokurist. Eine Pflichtverletzung wird gesehen im Hinblick auf die Einhaltung der betriebswirtschaftlichen Grundsätze ordnungsgemäßer Unternehmensführung und der sorgfältigen Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen für die Schließung der Ahr-Thermen. Der mögliche Schaden für die Aktiengesellschaft betrage etwa 400.000 Euro, unter anderem, weil der Vorstand einen von der Stadt angeboten Betriebskostenzuschuss in Höhe von 300.000 Euro abgelehnt habe.

Kreis Ahrweiler soll

1,9 Millionen Euro

Spielbankabgabe zurückzahlen

Doch damit nicht genug der Forderungen. Nach wie vor ist die Aktiengesellschaft der Ansicht, dass der Kreis Ahrweiler 1,9 Millionen Euro Spielbankabgabe an sie zurückzahlen müsse, was dieser wiederum rundweg bestreitet. Darüber werde wohl ein Gerichtsverfahren Klarheit bringen müssen, so der Vorstand. Darüber hinaus forderte der Erste Beigeordnete Detlev Koch namens der Stadt Bad Neuenahr zunächst von Reinicke, von seinem Vorstandsamt zurückzutreten. Als der dazu keinerlei Anstalten machte, wollte Koch die Aktionäre dazu bringen, dem Vorstand sein Misstrauen auszusprechen. Doch das ließ Sitzungsleiter Schwarz nicht zu, zumal Reinicke zuvor mit einer Zweidrittelmehrheit die Entlastung für das Geschäftsjahr 2014 erteilt worden war. Anders als Aufsichtsratsvorsitzender Adelberger und dessen bisheriger Stellvertreter Schnelke, denen die Aktionäre mehrheitlich die Entlastung verweigerten.

Gescheitert war im weiteren Verlauf der Aktionärsversammlung auch eine geplante Satzungsänderung, mit der der Gegenstand des Unternehmens geändert werden sollte. Die Stadt hatte sich dabei nämlich mit ihrem 27,4 Prozent-Anteil ihre Stimme enthalten, was dazu führte, dass die notwendige Dreiviertelmehrheit für die Satzungsänderung nicht zustande kam. Genehmigt hingegen wurde die Verringerung der Zahl der Aufsichtsratsmitglieder von bisher neun auf nur noch sechs.