Bürger informierten sich über aktuellen Stand beim „Güllestreit“

Entscheidung wird im Sommer erwartet

Zulassung der Berufung soll erreicht werden

22.01.2017 - 14:00

Grafschaft-Gelsdorf. Das Thema „Errichtung eines Güllebeckens“ in der Grafschaft hat schon seit mehr als drei Jahren die Bürger, besonders im Bereich der oberen Grafschaft, intensiv bewegt - und tut dies immer noch. Das zeigte sich jetzt auch im Rahmen des öffentlichen Teils der Mitgliederversammlung der Bürgerinitiative (BI) „Gülle-Stopp - gegen industrielles Güllelager und Massentierhaltung“, zu der mehr als 80 Bürgerinnen und Bürger in die Mehrzweckhalle Gelsdorf gekommen waren. Zunächst referierte Dirk Schneider von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) über Themen wie Düngerecht, Düngeverordnung und Düngegesetz, die zum Teil ins Veterinärrecht übergehen. Für dieses ist indes der Kreis, nicht die ADD zuständig. Anschließend erläuterte Bürgermeister Achim Juchem den aktuellen Sachstand des Gerichtsverfahrens. Nachdem das Koblenzer Verwaltungsgericht im November 2016 im Rahmen einer Untätigkeitsklage die Kreisverwaltung Ahrweiler verpflichtete, die Baugenehmigung zu erteilen, der Behörde Inhalte dieser vorgab und die Berufung gegen die Entscheidung beim Oberverwaltungsgericht nicht zuließ, hat nun neben der Kreisverwaltung auch die Verwaltung der Gemeinde Grafschaft, die die Erteilung des Einvernehmens zu dem Bauvorhaben versagt hatte, den Antrag auf Zulassung des Berufungsverfahrens gestellt. Wesentliche Antragsgründe der Gemeinde Grafschaft sind die nicht ausreichende Erschließung, Naturschutz/Wasserwirtschaft (das Bauvorhaben liegt zu dicht am Bachesgraben und damit am Swistbach) sowie Änderungen im Düngemittelrecht. Kreis und Gemeinde haben Anfang Januar beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz die Zulassung der Berufung umfangreich begründet. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts (VG) Koblenz.


OVG prüft Zulassungsanträge


Die Kreisverwaltung muss somit gegenwärtig keine Baugenehmigung erteilen. Das OVG prüft nunmehr die Zulassungsanträge und entscheidet durch Beschluss. Mit einer Entscheidung wird zum Sommer 2017 gerechnet. „All diese Punkte sind leicht zu umgehen, es ist kein durchgreifender Punkt dabei“, machte Juchem keinen Hehl daraus, dass es schwer werden wird, die Berufung zu erreichen und die Baugenehmigung zu verhindern. Der Bürgermeister ließ aber auch durchblicken, dass, sollte der derzeitige Klageweg nicht zum gewünschten Erfolg führen, es wohl weitere Kläger gebe, die nach möglicher erteilter Baugenehmigung eine Anfechtungsklage erheben würden. Bei der Verwaltungsgerichtsbarkeit gilt - anders als im Zivilrecht - die Untersuchungsmaxime. Das VG Koblenz hat sich ohne abgeschlossenes Widerspruchsverfahren festgelegt, dass die Baugenehmigung zu erteilen ist. Dabei wurde die Berufung, also der Schritt zum nächst höheren Gericht (Oberverwaltungsgericht) nicht zugelassen. Daraus folgt, dass die Überprüfung des Urteils des VG Koblenz nun zuerst „erstritten“ werden muss. Hierüber entscheidet das Oberverwaltungsgericht. Eine Klage im Verwaltungsrecht hat dann Aussicht auf Erfolg, wenn diese zulässig (Form- und Fristvorgaben) und begründet (inhaltliche/materielle Bewertung) ist. Eine Klage ist begründet, wenn die Entscheidung des VG beziehungsweise die Baugenehmigung rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Die Rechte von Kreis/Gemeinde sind dabei im Vergleich zu einer Privatperson eingeschränkt. So können beispielsweise aus dem Eigentum heraus keine Rechte geltend gemacht werden. Vielmehr ist die Gemeinde hier wieder den Vorgaben des BauGB unterworfen.


Baugenehmigung ist erforderlich


Fakt ist: Für ein Güllebecken ist eine Baugenehmigung erforderlich - Ausnahmen greifen nicht. Zuständig hierfür ist die Kreisverwaltung Ahrweiler, die Gemeinde Grafschaft wird beteiligt. Allerdings ist das Einvernehmen der Gemeinde Grafschaft kein „zwingender“ Bestandteil der Baugenehmigung.

Es besteht also keine freie Entscheidungsgewalt der Gemeinde, ob das Einvernehmen erteilt wird oder eben nicht. Das Bundesimmissionsschutzgesetz findet in diesem Fall keine Anwendung, da das Becken mit geplanten 6.500 cbm Lagerkapazität hierfür zu klein ist.
Unter anderem machte der aufwändige Vortrag von Juchem deutlich, dass eine ausreichende Erschließung des Areals bislang noch nicht gesichert ist, da der vorhandene Wirtschaftswegebau nicht ausreicht. Der Bauherr, der Grafschafter Landwirt Theo Münch, hat in der mündlichen Gerichtsverhandlung ein Erschließungsangebot unterbreitet. Dieses hat das Verwaltungsgericht akzeptiert. Aus Sicht der Gemeinde ist es jedoch nicht ausreichend. Auf eine Linksabbiegespur hat das Land verzichtet, fordert aber in einem anderen Verfahren im Bereich des Bolzplatzes Eckendorf eine solche Linksabbiegespur - auf einer wesentlich weniger frequentierten Straße.

Artikel bewerten

rating rating rating rating rating
28.01.2017 13:51 Uhr
Elisabeth Schaefer

Ich kann es nicht begreifen, die EU hat Deutschland wegen den viel zu hohen Nitratwerten verklagt, die Zeche zahlt jeder von uns Steuerzahlern, ganz sicher nicht die Bauern. Gerade in der Grafschaft mußte schon des öfteren das Wasser wegen Bakterien im Wasser abgekocht werden. Das betrifft alle Menschen die in diesem Gebiet wohnen. Sie sind fast alle gegen den Bau des Beckens und ich dachte wir leben in einer Demokratie und nicht in einem Bananenstaat, wie kann es da sein das ein solcher Bau immer noch zur Debatte steht? Der Herr Münch beliefert die Grafschafter Zuckerfabrik, vielleicht sollten wir alle keine Produkte mehr kaufen, ich möchte keine Lebensmittel die fast ausschließlich aus Gülle und Pestiziden besteht auf meinem Frühstückstisch!!!!!



Kommentare können für diesen Artikel nicht mehr erfasst werden.
Stellenmarkt
Weitere Berichte

Fassungslosigkeit und Entsetzen bei Angehörigen und Beobachtern

Ex-Landrat wird nicht angeklagt: Einstellung des Verfahrens schlägt hohe Wellen

Kreis Ahrweiler. Die Staatsanwaltschaft Koblenz hat am 17. April 2024 das Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen Landrat des Landkreises Ahrweiler und den Leiter der Technischen Einsatzleitung (TEL) während der Flutkatastrophe an der Ahr 2021 eingestellt. Die umfangreichen Ermittlungen ergaben keinen ausreichenden Tatverdacht, der eine strafrechtliche Verurteilung ermöglichen würde. Dem Leitenden... mehr...

Polizei bittet Verkehrsteilnehmer keine Anhalter mitzunehmen

Andernach: Fahndung nach flüchtigen Personen und dunklem BMW

Andernach. Seit Mittwochabend, 17. April, gegen 22.37 Uhr finden im Bereich Andernach umfangreiche polizeiliche Fahndungsmaßnahmen nach flüchtigen Personen statt. Gefahndet wird nach einem dunklen 5er BMW mit Mönchengladbacher Kennzeichen (MG). Bei Hinweisen auf das Fahrzeug wird gebeten, sich umgehend mit der Polizei Koblenz unter 0261/92156-0 in Verbindung zu setzen. Nach derzeitiger Einschätzung besteht keine Gefahr für die Bevölkerung. mehr...

Regional+
 

Unfallfahrer konnte sich nicht an Unfall erinnern

Neuwied: Sekundenschlaf führt zu 20.000 Euro-Schaden

Neuwied. Am Montag, 15. April ereignete sich gegen 16.35 Uhr ein Verkehrsunfall auf der Alteck. Ein PKW wurde im Seitengraben vorgefunden, während ein weiteres Fahrzeug auf der falschen Fahrbahnseite zum Stehen kam. mehr...

Die Veranstalter rechnen voraussichtlich mit 500 Teilnehmern

Demo in Ahrweiler: Wilhelmstraße wird gesperrt

Bad Neuenahr-Ahrweiler. Am Sonntag, den 21. April 2024, findet in Bad Neuenahr-Ahrweiler eine Versammlung unter dem Titel „Sei ein Mensch. Demokratie. Wählen“ statt. Die Veranstalter erwarten etwa 500 Teilnehmer. Aufgrund des geplanten Demonstrationszuges wird die Wilhelmstraße zeitweise gesperrt sein. mehr...

Anzeige
 
Sie müssen angemeldet sein, um einen Leserbeitrag erstellen zu können.
LESETIPPS
GelesenNeueste
Kommentare

„Von der Wiege bis zur Bahre“

S. Bull:
Die Nordart ist eine absolut empfehlenswerte und grandiose internationale Ausstellung von hohem Niveau! Wer in der Region Urlaub macht oder aus sonstigen Gründen in den Norden reist, sollte sich für einen Besuch der Nordart unbedingt Zeit nehmen! Oder auch nur deswegen dorthin fahren - es lohnt sic...

Er träumte von einer Künstlerkolonie in Mendig

ämge:
Peter Mittler war ein großer Träumer mit großen Träumen. Er war ein Getriebener, ein Schaffer ein Erschaffer. Ich sehe ihn immer noch vor mir, in seiner Werkstatt, egal ob an heißen Sommertagen oder im tiefsten Winter bei minus Graden, fortwährend an irgendwelchen Objekten modelierend oder mit dem Schweißgerät...
Jürgen Schwarzmann :
Für alle Betroffenen im Ahrtal ist die Entscheidung der Staatsanwaltschaft schwer nachzuvollziehen. Ich hätte mir schon gewünscht, dass das Verfahren eröffnet worden wäre um so in einem rechtsstaatlichen Verfahren und einer ausführlichen Beweisaufnahme die Schuld bzw. Unschuld festzustellen. Die Entscheidung...
K. Schmidt:
Wenn ich das richtig sehe, gab es, bevor der Landkreis/Landrat die Einsatzleitung übernahm bzw. übernehmen musste, doch auch in den einzelnen Kommunen schon Leiter. Die staatsanwaltschaftlichen Arbeiten beziehen sich wohl nur auf Landrat bzw. dessen Kreisfeuerwehrleiter. Heißt das, darunter haben Herr...
Haftnotiz+
aktuelle Beilagen
Inhalt kann nicht geladen werden

 

Firma eintragen und Reichweite erhöhen!
Service