Angst in türkischer Moschee:

Brandanschlag verunsichertHöhr-Grenzhausen

Brandanschlag verunsichert
Höhr-Grenzhausen

In der Moschee in der Emser Straße wird seit einigen Tagen im Rahmen des Ramadan das Fastenbrechen gefeiert.KER

Brandanschlag verunsichert
Höhr-Grenzhausen

Ein Zeuge zeigt den verbrannten Teil eines Zeltes, wie er ihn am Morgen nach dem Anschlag vorfand.

Brandanschlag verunsichert
Höhr-Grenzhausen

Aufnahmen vom Morgen nach dem Brandanschlag in der Nacht zum 23. Juni. Ganze Wandelemente verschmorten.

Höhr-Grenzhausen. Ob die Tat einen ausländerfeindlichen Hintergrund hat, steht noch nicht fest. Die Kriminalpolizei ermittelt. In Höhr-Grenzhausen haben einer oder mehrere Unbekannte in der Nacht auf Donnerstag, 23. Juni, fünf Festzelte der türkischen Ditib-Gemeinde in der Emser Straße, mitten in Höhr-Grenzhausen, angezündet („BLICK aktuell“ berichtete). Es entstand Sachschaden. Menschen gerieten glücklicherweise nicht in Gefahr. Cengiz Günana lebt in Höhr-Grenzhausen. Er ist der ranghöchste Vertreter der türkischen Gemeinde hier. Seine Position ist Aufsichtsrat des Vorstandes der Ditib-Moschee. Wir sitzen mit ihm in einem der weißen Plastikzelte vor der Moschee. Hier feiern die türkischen Mitglieder der Gemeinde das Fastenbrechen im Ramadan. Unbekannte haben in der Nacht versucht, die Zelte abzubrennen. Die Kriminalpolizei ermittelt. An vielen Stellen sind noch deutlich die Brandspuren zu erkennen. Zwölf Jahre war Cengiz Günana Mitglied im Beirat für Migration und Integration von Höhr-Grenzhausen. Herr Günana ist ein sehr um Sachlichkeit bemühter Mensch. Dennoch spürt man ihm die innerliche Aufgewühltheit an, wenn er beschreibt, was in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag, 22./23. Juni, passiert ist: „In der Zeit zwischen zwei und sechs Uhr muss jemand an diesen vier Zelten an fünf verschiedenen Stellen einen Brand gelegt haben. Normalerweise brennt dieses Material nicht. Wenn man eine Zigarette daran halten würde, würde sie sofort verglühen und nichts passieren.“ An den Festzelten der türkischen Gläubigen sind jedoch ganze Seitenteile weggeschmort. Cengiz Günana hat gesehen, dass der oder die Brandstifter an den Stellen besonders intensiv gezündelt haben, an denen wegen kleiner Risse Fasern des Zeltmaterials freilagen. Hier erhofften sich die Täter wohl noch schnelleren und größeren Erfolg. Günana: „Brandstiftung ist es, aber von wem und wie, da können wir zurzeit noch nichts sagen.“ Bemerkt hatten die Brandschäden die ersten türkischen Mitbürger, die um acht Uhr am Donnerstagmorgen den Zeltplatz vor der Moschee betraten. Nachdem sie das ganze Ausmaß des Schadens erkannt hatten, informierten sie die Polizei. Die Kripo wurde eingeschaltet und ein Brandexperte begutachtete die verursachten Schäden. Zivilpolizisten, berichtet Cengiz Günana, befragten anschließend Bewohner in der Nachbarschaft, ob sie Verdächtiges beobachtet haben. Bisher gibt es vonseiten der Polizei keine Informationen über neue Erkenntnisse. Der Hodscha, also der Religionsgelehrte der Ditib-Gemeinde, hat laut Cengiz Günana um vier Uhr am frühen Donnerstagmorgen Stimmen gehört. Er wohnt in einem angrenzenden Haus und las zu dieser Zeit im Koran, weshalb er nicht aus dem Fenster schaute. Fast zur selben Zeit hat ein anderer Anwohner drei Jugendliche gesehen, die auf einem Mofa die Emser Straße herunter und in die Bergstraße hinein fuhren. Außerdem, berichtet Günana, habe die Polizei eine Information über eine Beobachtung, die ein anderer Zeuge um zwei Uhr in der Nacht gemacht habe. Genaueres hierüber weiß er aber nicht. Jetzt hoffen alle, dass der oder die Täter schnell ermittelt werden.

Die Verunsicherung unter den türkischen Mitbürgern in Höhr-Grenzhausen ist groß. Cengiz Günana hat die Polizei gebeten, in der Nacht verstärkt Kontrollen in der Emser Straße zu fahren: „Der Anschlag ist missglückt, aber es soll ja nicht noch einmal passieren!“ In der Nachbarschaft wohnende Mitglieder der Ditib-Gemeinde wechseln sich nachts mit der Bewachung des Geländes ab. Als Nächstes sollen vor der Moschee Überwachungskameras installiert werden. Cengiz Günana: „Die brauchen wir jetzt dringend!“ Er bedauert es sehr, dass es so weit kommen musste: „Ich habe immer mit Höhr-Grenzhausen geprotzt, dass wir ein sehr gutes Verhältnis mit allen Mitbürgern haben. Mit der Kirche hier haben wir eng zusammengearbeitet, genauso wie mit der Stadt- und dem Verbandsbürgermeister. Alle zwei Monate finden Gespräche mit den Vertretern der Kirche statt. Darin klären sich die Teilnehmer gegenseitig über die Gepflogenheiten ihrer Religionen auf. Wir Muslime wollen zum Beispiel wissen, warum ein Stern am Christbaum befestigt wird oder warum ein Hahn die Spitze des Kirchturms schmückt. Das sind Fragen, die unsere muslimischen Bürger interessieren. Umgekehrt stellen uns die Christen Fragen: Warum der Ramadan? Warum das Opferfest? Warum Beschneidung? Wir haben in Höhr-Grenzhausen ein super Verhältnis zwischen beiden Religionen. Ich hoffe, dass es keine Brandstiftung hier war, sondern nur ein dummer Streich.“

Klima hat sich verändert

Dass sich das Klima in der Stadt aber verändert hat gegenüber ausländischen Mitbürgern, will Cengiz Günana nicht leugnen. Er verweist auf die nicht unerhebliche Zustimmung für die rechtspopulistische AfD in der Kannenbäckerstadt. Zu ähnlichen Vorfällen wie dem aktuellen Brandanschlag sei es bisher nicht gekommen. Allerdings, so Günana, habe die Ditib-Gemeinde 2005, als in einer dänischen Tageszeitung Karikaturen des Propheten Mohammed veröffentlicht wurden und Muslime auf der ganzen Welt dagegen protestierten, im Briefkasten der Moschee in Höhr-Grenzhausen Drohbriefe mit dem Wortlaut „Wir verbrennen euch!“ gefunden. Günana hofft, dass sich das Klima zwischen Deutschen und Ausländern in Höhr-Grenzhausen durch den aktuellen Vorfall nicht verschlechtert: „Ich persönlich lasse mich von so etwas nicht beeinflussen, aber es kann sein, dass andere muslimische Mitbürger sich jetzt unsicherer fühlen und mit gemischten Gefühlen durch die Stadt gehen. Wir bedauern diesen Vorfall, wir bedauern, dass so etwas gerade im Ramadan-Monat, dem Monat des Friedens passiert ist. Wir Muslime überlegen in diesem Monat, wie wir anderen helfen können, und wenn’s nur mit dem Grüßen ist. „Günana hat sich sehr gefreut, dass ihn am selben Tag, an dem der Brandanschlag entdeckt wurde, Stadtbürgermeister Thiesen und VG-Bürgermeister Becker angerufen und ihren Besuch in der Moschee angekündigt haben. Auch zu den politischen Repräsentanten der Stadt bestehe, ähnlich wie zu den religiösen, ein enges freundschaftliches Verhältnis. Sie alle haben ihr Kommen für nächsten Freitag, 1. Juli, angekündigt, der für die Muslime der höchste heilige Tag im Ramadan ist. Dann werden an der Moschee in der Emser Straße fünfhundert bis sechshundert Besucher erwartet. Günana versichert zum Schluss des Gesprächs: „Wir werden aufgrund dieser Attacke, dieses peinlichen, hässlichen Vorfalls, unseren Weg der Verständigung und des Austauschs mit anderen Glaubensgemeinschaften nicht verlassen. Wir werden diesen Weg weiter gehen! Wir hatten eigentlich vor, nach dem Brandanschlag eine Kundgebung zu machen. Das war auch schon durch die sozialen Medien bekannt geworden. Wir haben das aber zurückgezogen. Wir wollen erst wissen, wer das getan hat, bevor wir uns öffentlich dazu äußern.“ Von den knapp 10.000 Einwohnern in Höhr-Grenzhausen sind 1.360 türkische Mitbürger, die sich auf zwei Moscheen verteilen. Außerdem, darauf verweist Cengiz Günana, gibt es circa 600 Flüchtlinge in Höhr-Grenzhausen.KER