Nachwuchs fehlt an allen Ecken und Enden

Droht Wachtbergdas große Vereinssterben?

Droht Wachtberg
das große Vereinssterben?

Der Saal ist voll, aber es fehlt an aktiven Helfern der mittleren Generation.

Droht Wachtberg
das große Vereinssterben?

Feiern, Spielen und miteinander Spaß haben funktioniert hier noch. -CEW-

Droht Wachtberg
das große Vereinssterben?

Wachtberg. Wer Wachtberg kennt, der kennt und genießt auch die Veranstaltungen im Drachenfelser Ländchen. Gut organisiert, gute und reichliche Verpflegung und ein tolles Angebot finden die Besucher von Karnevalsveranstaltungen ebenso wie die Gäste von Sportfesten oder Benefizveranstaltungen. Wer aber genauer hinguckt, der stellt fest, dass er die Gesichter hinter den Kuchentheken und am Pommes- und Würstchenstand spätestens nach dem dritten Eventbesuch wiedererkennt.

Das liegt daran, dass die Arbeit in den Vereinen mittlerweile nicht mehr auf viele Schultern verteilt ist, sondern an einigen Wenigen hängen bleibt.

Nicht, dass es so wenige Bewohner im Drachenfelser Ländchen gibt. Nein, es bringen sich bloß wenige von ihnen aktiv ein. Vielen Vereinen fehlt es schlichtweg an Nachwuchs. Dieses Schicksal teilen manche Frauenvereine mit schwindenden Karnevals- und Schützenvereinen.

So war der Kinderkarneval in Berkum in diesem Jahr von nur vier Leuten bewältigt worden, nachdem sich der entsprechende Ortsverein wegen Nachwuchsmangels aufgelöst hatte.

Der Zustrom war riesig gewesen. Trotzdem hätte die Veranstaltung ohne spontane Zusagen der Berkumer Möhne und einigen helfenden Eltern vermutlich nicht stattfinden können.

Familien haben weniger Zeit, in der sie sich engagieren können

All diese Vereine haben auch gemeinsame Ziele. Sie bemühen sich um die Förderung der Jugend und pflegen dabei gerne auch liebgewonnene und wertvolle Traditionen.

Aber wer den Grund des Nachwuchsmangels hier vermutet, liegt falsch.

Die Werte innerhalb der Gesellschaft haben sich nicht so maßgeblich gewandelt, dass alles überholt wäre, was die Vereine bieten. Tatsächlich hat sich aber die Gesellschaft sehr gewandelt, stellt Hermann Esser als ehemaliges Vorstandsmitglied zweier Vereine fest. Nicht nur der Zeitplan der Erwachsenen sei ein anderer als noch vor zwanzig oder dreißig Jahren.

Mit G9 und der zunehmenden Berufstätigkeit von Müttern habe sich auch der Alltag der Kinder maßgeblich verändert. Während noch vor wenigen Jahrzehnten die Mutter einer Familie höchstens halbtags arbeitete und ansonsten für die nicht unerheblichen Belange der Familie zuständig war, sind heute oft beide Elternteile einer Familie acht bis zehn Stunden pro Tag außer Haus.

Haushalt, Hilfe bei den Hausaufgaben und Beschäftigung mit den Kindern muss dadurch zwangsläufig in die Zeit nach dem täglichen Berufsstress fallen. „Da bleibt fast keine

Zeit mehr, sich in einem Verein zu engagieren, ein Fest mit vorzubereiten oder am Wochenende bei einer Veranstaltung hinter der Theke zu stehen“, erklärt Hermann Esser.

Zumal die Kinder in der weiterführenden Schule oft an vier Tagen in der Woche erst am frühen Abend aus der Schule kommen. Auch sie brauchen die wenigen Pausen, die sie haben, und haben oft keine Energie mehr, um sich zu engagieren.

Keine großen Sorgen

bei den Sportvereinen

Die Einzigen, die sich beispielsweise in Niederbachem derzeit keine Sorgen um den Nachwuchs machen müssen, sei der Sportverein, erklärte das ehemalige Vorstandsmitglied zweier Vereine. Eltern sehen im Sport immernoch einen wichtigen Pfeiler der Entwicklung ihres Nachwuchses und engagieren sich trotz engen Zeitplans. Da sich die Arbeit hier auf viele Schultern verteilt, sei das auch kein Problem. Der Verein habe sich seit Jahren immer wieder um den Nachwuchs bemüht. Viel Wert sei auch darauf gelegt worden, mit der Ausstattung für die Sportler auf dem Stand der Entwicklung zu bleiben. So spiele man in Niederbachem mittlerweile auf einem Kunstrasenplatz, der erheblich bessere Voraussetzungen für den Fußball bietet als ein Rasen- oder Ascheplatz. Außerdem habe man regelmäßig Leute aus der Elternschaft angesprochen und habe so genügend Nachwuchs für die Vereinsarbeit interessieren können.

Feiern möchten alle – doch

zum Aufräumen bleiben wenige

Der Karnevalsverein und der Schützenverein hingegen leiden ebenso wie viele ähnliche Vereine der benachbarten Orte in Wachtberg an akutem Nachwuchsmangel. Hier treffe man vielfach auf mangelndes Interesse in der Bevölkerung, die sich mit der ehrenamtlichen Arbeit der Vereine kaum beschäftigt.

So sei bei dem Besuch des einen oder anderen Festes manchmal zwar ein gewisser Zustrom zu verzeichnen, hört man auch von anderen Ehrenamtlichen. Aber dass die Organisation und Durchführung eines solchen Festes viel Arbeit bedeutet, die auf viele, und auch junge Schultern verteilt werden müssten, sehen die Wenigsten. „Ohne die Mitarbeit der Altersklasse der 20- bis 40-Jährigen sind die Arbeiten dauerhaft nicht zu bewältigen“, stellt Hermann Esser mit Blick auf seine jahrzehntelange Vereinserfahrung fest.

Man habe bereits mit Werbung versucht, Nachwuchs für die Vereine anzulocken. Auch in der Presse habe man für die Mitarbeit in den Vereinen geworben. Bislang haben diese Maßnahmen jedoch keinen ausreichenden Erfolg gehabt, der das Überleben der Vereine sichern könnte. „Die Ampel steht nicht mehr auf Gelb, sondern auf Rot“, skizziert der ehemalige Ehrenamtler ebenso bildhaft wie treffend die kritische Situation.