In ein Dorf bei Puderbach zog ein verurteilter Kindesmisshandler

Eltern haben Angst um ihre Kinder

Eltern haben Angst um ihre Kinder

Symbolbild. Fotolia / 188697280

VG Puderbach. Es könnte das Thema für einen Tatort-Krimi sein, ist aber Realität: In einem kleinen Ort in der Verbandsgemeinde Puderbach geht die Angst um. Die Angst von Eltern um ihre Kinder. Denn sie wissen: Ein wegen Kindesmissbrauchs verurteilter Mann wohnt seit Kurzem in ihrem Dorf. Die Eltern lassen ihre Kinder nicht mehr unbeaufsichtigt durchs Dorf gehen. Auf einer Unterschriftenliste haben seit Weihnachten 118 Dorfbewohner unterschrieben. Sie wollen, dass der Mann das Dorf verlässt. Die Verwaltung in Puderbach kümmert sich derweil um einen neuen Arbeitsplatz und einen neuen Wohnort für den Mann. Er soll jetzt auch selbst aus dem Dorf weg wollen. Dem SWR gegenüber hat er gesagt, man betreibe eine „Hexenjagd“ auf ihn.

Ein Gespräch mit drei Eltern in einem Wohnhaus im betroffenen Ort. An den Wänden hängen Fotos von lachenden Kindern der Familie. Die anwesenden Eltern - zwei Frauen und ein Mann - sehen dagegen besorgt aus. Ihre Kinder sind 4, 7, 9, 12 und 14 Jahre alt. Sie sagen: „Wir haben unsere Kinder jetzt ständig unter Beobachtung, was für die Kinder nicht schön ist. Früher durften sie schon selbstständig im Dorf herum laufen. Das dürfen sie jetzt nicht mehr. Das führt natürlich zu Konflikten. Wir lassen unsere Kinder auch nicht mehr alleine an der Bushaltestelle stehen. Das geht jetzt seit Ende November so. Wir haben aber erst spät davon erfahren, dass die betroffene Person hier wohnt. Er soll schon seit Juni vorigen Jahres im Dorf leben.“ Den jüngeren Kindern hat man nicht gesagt, warum sie jetzt nicht mehr alleine draußen spielen dürfen. Aber natürlich brodelt die Gerüchteküche. Eine Tochter kam aus der Schule in Puderbach nach Hause und erzählte der Mutter, ein Mann sei aus dem Gefängnis ausgebrochen und verstecke sich jetzt hier im Ort.

Die Eltern gehen davon aus, dass der Mann auch nach Verbüßen seiner zweijährigen Haftstrafe nicht ungefährlich ist: „Das sind Triebe, die nicht kontrollierbar sind. Das ist etwas anderes, als wenn jemand eine Bank ausgeraubt hat. So jemanden kann man wieder auf den rechten Weg bringen. Aber ein Triebtäter ist in unseren Augen eine tickende Zeitbombe. Wir wollen nicht hier sitzen und warten bis etwas passiert.“ Sie berichten von schlaflosen Nächten und Sorgen ohne Ende. Ein Vater sagt: „Von offizieller Seite ist bestätigt worden, dass man in diesem Fall nicht davon ausgehen kann, dass von dem Mann keine Gefahr mehr ausgeht. Es heißt, dass er seinen Trieb nicht unter Kontrolle haben kann und er nicht rehabilitierbar sei.“ Ob der Mann sich einer Therapie unterzieht, wissen die Eltern nicht. Was er gegenüber dem SWR gesagt hat, dass er nie ein Kind missbraucht habe und nur auf Anraten seines Rechtsanwalts die Schuld zugab, um sich dadurch eine mildere Strafe zu verschaffen, dass glauben die Eltern nicht. Wenn er nichts gemacht hätte, könnte er ja auch vor die Bürger treten und seine Unschuld und Ungefährlichkeit beteuern.

Herausgekommen ist die Vergangenheit des Dorfbewohners nur, weil er in bierseliger Laune einem Gesprächspartner von seiner Verurteilung wegen Kindesmissbrauchs und der Haftstrafe erzählte. Dasselbe soll schon am vorhergehenden Wohnort des Mannes in Atzelgift passiert sein, haben die Eltern erfahren. Auch sei das Facebook-Profil des angeblichen Triebtäters bis vor Kurzem noch offen einsehbar gewesen. Jetzt kennt ihn jeder, der sich dafür interessierte, mit Namen und Gesicht.

Die Eltern kritisieren, dass der Mann ohne vorhergehende Information der Bevölkerung in ihrem Ort untergebracht wurde. Dafür war die Bewährungshilfe in Koblenz verantwortlich. Jetzt kümmert sich die Puderbacher Verbandsgemeindeverwaltung mit darum, einen neuen Wohnort und Arbeitsplatz für den Mann zu finden. VG-Bürgermeister Volker Mendel sagte zu „BLICK aktuell“: „Wir haben eine Sozialarbeiterin eigens dafür abgestellt. Der momentane Arbeitgeber des Mannes in der Verbandsgemeinde Altenkirchen hat uns bereits signalisiert, dass er den Mann nicht weiter beschäftigen will.“ Der Mann selbst äußerte gegenüber dem SWR bereits die Bereitschaft, das Dorf, in dem er noch wohnt, wieder zu verlassen.

Den Eltern dauert das alles viel zu lange. Sie haben das Gefühl, ohne ihren Druck würde gar nichts passieren. Sie halten die Situation für untragbar. Bei Veranstaltungen am Bürgerhaus mit ihren Kindern seien sie von dem Mann beobachtet worden. Er habe auch schon zweimal gegen die Auflage verstoßen, dass er sich Kindern nur auf eine bestimmte Entfernung nähern dürfe. Dafür ist er von Leuten aus dem Dorf angezeigt worden. Jetzt stehe der Sommer vor der Türe und die Kinder wollten wieder mehr draußen spielen. Auch mit Bürgern in den Nachbarorten sei schon gesprochen worden, dass eine latente Gefahr von einem Triebtäter ausgehen könne. Der Mann dürfe sich zu Fuß und mit seinem Auto im Umkreis von 15 Kilometer um den Wohnort herum frei bewegen, glaubt ein Vater zu wissen. Puderbach mit seinem Schulzentrum liege innerhalb dieses Radius. Da, wo der Mann jetzt arbeite, befinde sich ein Kindergarten. Die Mitarbeiter dort hätten heftig dafür gekämpft, dass sich daran etwas ändert. Allen ist natürlich klar, dass ein Wegzug des Mannes nur eine Verschiebung des Problems ist. Aber vielleicht könne man mit einer transparenteren Vorgehensweise einen besseren Neustart für ihn ermöglichen.