Ausgesprochen erfolgreiche Veranstaltungsreihe des Kulturkreises der VG Selters

Ewighausen – ein Mekka des Kabaretts?

Mathias Tretter präsentiert ein gnadenloses Solo-Programm der speziellen Art

10.04.2018 - 10:59

Ewighausen. Wie ist es möglich, dass Jahr für Jahr die Crème de la Crème des deutschen Kabaretts sich auf den Weg nach Ewighausen im Westerwald begibt? Die Antwort ist ganz einfach: Die Künstler lieben den sehr intimen Rahmen im dortigen Dorfgemeinschaftshaus, den unmittelbaren Kontakt zum Publikum und die herzliche Atmosphäre. Restlos ausverkauft, bis auf den letzten Platz besetzt, obwohl für den Kabarettabend noch nicht einmal Werbung betrieben wurde, da bereits Wochen vor dem Event keine Karten mehr zur Verfügung standen. „Schuld“ daran ist der Kulturkreis der VG Selters, vertreten durch die Geschäftsführerin Marion Meuer, die sich vor dem Auftritt von Mathias Tretter bei allen Mitwirkenden und Helfern der Veranstaltung bedankte und den Zuschauern einen unterhaltsamen Abend wünschte.


Mathias Tretter, ein gnadenloses Solo-Programm der speziellen Art


„PoP“, so lautet das Programm von Mathias Tretter – eigentlich geht es um die Gründung einer Partei, denn es bedeutet „Politikkomik ohne Predigt“. In seinem Programm befasst sich Tretter nicht nur mit der Politik, auch die Dramen im Alltag der Menschen werden ausgiebig „zerfleddert“. Bereits von Beginn an fördert und fordert Tretter die Zuhörer auf hohem Niveau. Die Alltagsprobleme in der Ehe, Kindererziehung, die neuen Medien, Helikoptereltern, Sex, Bio und Politik, nichts wird verschont. Die geistige Elite, oder das, was sich dafür hält, bekommt ebenfalls ihr Fett ab. Ein Beispiel: „Wer Adorno zitiert, der gilt als intellektuelle Elitesau, wer jedoch sagt, ‚Adorno‘ sei der neue Fünftürer von VW, der ist hip.“ In ihrer Abgehobenheit seien die politisch Korrekten „tolerante Elektromobilitäts-Inklusions-Windkraft-Veganer“. Tretter knöpft sich auch die „geistige Elite“ der AfD vor. Er gibt einige Fallbeispiele von Tweets oder SMS zum Besten, wenn darin die „Lügenbresse“ oder das „Esdäplischment“ angeprangert wird. So kommt er zu dem Resümee, dass es nichts mit Rechtschreibung zu tun hat, wenn Rechte schreiben. Auch die „Verdenglischung“ der deutschen Sprache nimmt Tretter genüsslich aufs Korn. Der Hausmeister heißt z.B. „Facility manager“, aus dem Fenster schauen ist „Windowing“, Bier wird „Hopfen-Smoothie“ genannt und Telefonisten sind „Call-Center-Agents“. Frisöre sind die „Hair-Cutter“, die ihre Salons „Haarnarchie“, „Hairport“ oder „4 Haareszeiten“ nennen. Greise werden in der Geriatrie als „Graukappen, Komposti oder Methusalem“ tituliert. Tretter jagt das Publikum regelrecht vor sich her, was ihm sichtlich Spaß bereitet. Brauchten die Zuschauer gerade etwas Zeit, um ein tiefensinniges Bonmot zu verarbeiten und zu lachen, setz er ohne Pause zum nächsten Rundumschlag an.


Gründung der Partei „PoP“, der Partei ohne Partei


Höhepunkt des Auftritts waren die vor Philosophie überbordenden Dialoge mit seinem Freund Ansgar Müller-Reifenstein, dem gescheiterten Studenten, der eine Partei rechts von der AfD und links von den Grünen gründen möchte. Ansgar wurde natürlich ebenfalls von Mathias Tretter gespielt, und das durchgehend mit näselndem, fränkischem Dialekt, mit einer fast einschläfernden Monotonie in der Stimme. Absoluter Höhepunkt war der Auftritt von Ansgar auf dem Gründungsparteitag der Partei „PoP“, als er mit neun von elf Stimmen zum Vorsitzenden gewählt wurde. Ein Feuerwerk an Verhohnepipelung des Sprechs der aktuellen Politiker prasselte auf das Publikum hernieder. Laute Lacher, verlegenes Schmunzeln, wenn Tretter den Rechten den Spiegel vorhielt, Szenenapplaus und endloser Schlussbeifall belohnten Tretter für ein zweistündiges Kabarett-Spektakel der gehobenen Klasse.

Tretter kam ohne die sonst üblichen Kalauer aus, die Themen Sex und Homophobie manövrierte er elegant, versehen mit spitzen Bemerken, ohne dabei ordinär oder gewöhnlich zu werden. Er, obwohl inzwischen ein TV-Star, wie Auftritte in „Mitternachtsspitzen“, „3SAT Kabarett-Festival“ und mehr zeigen, kehrte nicht den Star raus. Auffällig am Äußeren lediglich die grellrot geschminkten Lippen, ansonsten sparsam an Mimik und Bewegung, ebenso die Bühnenausstattung, ein Stuhl und ein Stehtisch, das war’s. Ein Normalo halt.

Klammheimlich hat sich hier im Westerwald eine Kabarett-Szene etabliert, die höchsten Ansprüchen genügt. Man kann gespannt sein, welchen dicken Fisch der Kulturkreis Selters für das Jahr 2019 an Land zieht.

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Thola2:
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