21. Aids- und Hepatitisforum im Kemperhof hat stattgefunden

Experten diskutieren über aktuelle Entwicklungen

Lebensqualität mit HIV, Aids und Hepatitis muss mit in den Fokus rücken

29.09.2017 - 11:51

Koblenz. Es gibt sie, die guten Nachrichten im Hinblick auf die Behandlung von HIV, Aids und Hepatitis. Fakt ist aber auch, dass alle drei nach wie vor eine echte Bedrohung sind. „Deswegen sind sie immer noch ein sehr relevantes gesundheitspolitisches Thema“, betonte Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Landesgesundheitsministerin, beim Grußwort des 21. Aids- und Hepatitisforums im Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein, Kemperhof. Und sie nannte Zahlen: Etwa 2200 Menschen in Rheinland-Pfalz leben mit HIV oder Aids, die Anzahl der Neuinfektionen liegt bei etwa 110 jährlich. Bei Hepatitis kommen sechs Neuerkrankungen auf 100 000 Einwohner. Aufklärung tut also Not und braucht solch ein Forum, „welches zu den zentralen Fortbildungsveranstaltungen unseres Landes zählt“, so Bätzing-Lichtenthäler.

Insgesamt waren rund 200 Teilnehmer - Ärzte, Pflegende, Betroffene und an der Beratung und Begleitung beteilige Personen - vor Ort, um sich zu informieren und weiterzubilden. Das lobte auch Prof. Dr. Joachim Hofmann-Göttig, Oberbürgermeister der Stadt Koblenz, der mit Sabine Bätzing-Lichtenthäler die Schirmherrschaft übernommen hatte: „Wir wollen und müssen auch ein Zeichen setzen, dass wir uns um Minderheit kümmern und sie vertreten - gemeinsam!“


Formel der Weltgesundheitsorganisation vorgestellt


Im ersten Fachvortrag untermauerte Dr. Ansgar Rieke, Leiter der immunologischen Ambulanz, die Ansprache der Ministerin mit weiteren wissenschaftlichen Daten und stellte die Formel der Weltgesundheitsorganisation „90 - 90 - 90“ vor. Dieser zufolge sollen 90 Prozent der HIV-Infizierten bis zum Jahr 2020 ihren Status kennen, 90 Prozent der Diagnostizierten antiretroviral behandelt werden und 90 Prozent der Behandelten wiederum eine Viruslast unterhalb der Nachweisgrenze haben. Dr. Rieke erweiterte: „Wir müssen die Formel um eine Komponente ergänzen, nämlich die der Lebensqualität“. Das heißt unter anderem, die Therapie so früh wie möglich zu starten und Konzepte für Altern mit HIV und Aids zu konzipieren.

Privatdozent Dr. Martin Spinzl aus Mainz betonte in seinem Vortrag, dass die Hepatitis C als prinzipiell besiegte Viruserkrankung gewertet werden kann und dass exzellente Therapiemöglichkeiten zur Verfügung stehen, was man von der Hepatitis B jedoch nicht sagen kann.


Auswirkungen einer viralen Erkrankung auf die Psyche


Dr. Ulrich Gräwe aus Münster berichtete in einem sehr lebendigen Vortrag über die Auswirkungen einer viralen Erkrankung (HIV oder Hepatitis) auf die Psyche und ihr Management. Mit Humor gewürzt sowie anschaulichen Beispielen gelang es ihm, ein Verständnis für das Krankheitsbild und Therapieansätze der Depression zu wecken und Ängste und Vorbehalte gegenüber psychiatrischen Erkrankungen abzubauen. Er wies auf das Problem der Doppelstigmatisierung durch eine Infektionserkrankung wie HIV und eine psychische Erkrankung hin. Er differenzierte die psychischen Erkrankungen und zeigte Behandlungsmöglichkeiten auch mit Psychopharmaka auf.

In einem Vortrag zur Präexpositionsprophylaxe (PREP), der medikamentösen Vorbeugung einer HIV-Infektion, konnte Dr. Martin Viehweger aus Berlin in einem äußerst ansprechenden Vortrag neben den zugrunde liegenden internationalen Studien die Umsetzung in europäischen Großstädten wie London und Berlin aufzeigen. Er berichtete anschaulich vom Projekt der PREP-Implementierung in der „Dean-Street“ in London und den dort fast automatisierten Abläufen einer Patientenaufklärung, inklusive Abstrichuntersuchungen auf sexuell übertragbare Erkrankungen. Durch die konsequente Einführung einer PREP bei Hochrisikogruppen gelang es dort, erstmals die Zahl an HIV-Neuinfektionen zu senken. Ebenso ist dies in Kanada, in einigen Zentren in den USA sowie in Frankreich erkennbar.


Podiumsdiskussion im Anschluss


In einer anschließenden Podiumsdiskussion konnten mit „PREP-Usern“ die eigenen Erfahrungen mit der Anwendung und die Beratung in sogenannten Checkpoints oder niederschwelligen Präventionsangeboten für Deutschland diskutiert werden. Es stellte sich die Frage, wie eine PREP in Rheinland-Pfalz implementiert werden kann. Die Vertreter des öffentlichen Gesundheitswesens, anwesend waren die Gesundheitsämter Neuwied, Montabaur, Koblenz und Trier, ließen in Ansätzen erkennen, dass eine Übernahme einer Beratung in den etablierten AIDS-Beratungsstellen diskutiert werden könnte. Eine zusätzliche Schulung ist notwendig, und es gibt Probleme in der Arbeitsbewältigung, neben neuen Anforderungen bei der Umsetzung des neuen Prostituiertengesetzes. Auch das Auditorium war intensiv in die Diskussion eingebunden, bis Dr. Ansgar Rieke die Veranstaltung zusammenfasste und das Forum beendete.

Pressemitteilung Gemeinschafts-

klinikum Mittelrhein, Kemperhof

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