Witwe Barbara Genscher nahm den ersten Ahrweiler Freiheit-Preis in ihrem Haus in Wachtberg-Pech entgegen

Freiheiterpreis posthum übergeben

Freiheiterpreis posthum übergeben

Barbara Genscher (Mitte), die Witwe des am 31. März verstorbenen langjährigen Außenministers Vizekanzlers Hans-Dietrich Genscher, nahm in Pech den ersten Ahrweiler Freiheiter-Preis entgegen gratulierten (von links) Künstler Friedhelm Pankowski und die Fördervereins-Vorstandsmitglieder Wolfgang Grams, Horst Gies, Ghazel Wahisi und Elisabeth Prange. Jost

Wachtberg-Pech. „Schade, dass er den Preis nicht mehr selber entgegennehmen konnte, er hat ihm viel bedeutet“, bedauerte Barbara Genscher, die Witwe des am 31. März verstorbenen ehemaligen Bundesaußenministers und Vizekanzlers Hans-Dietrich Genscher. Er war der erste Träger des neu gestifteten Ahrweiler Freiheiter-Preises, konnte aber krankheitsbedingt an der Verleihung Anfang März nicht teilnehmen und verstarb wenige Wochen später, bevor er den Preis persönlich entgegennehmen konnte. Das holte der Vorstand des Fördervereins Ahrweiler Freiheitswoche jetzt nach und überreichte seiner Witwe sowohl die Urkunde als auch den eigentlichen Freiheiter-Preis, eine vom Grafschafter Künstler Friedhelm Pankowski gefertigte bronzene Klangschalen mit einer Friedenstaube in Form der Stadtsilhouette von Ahrweiler in der Mitte.

„Die Freiheit feiern und dabei heiter sein“, so wollte Fördervereins-Vorsitzender Horst Gies die Zielrichtung des Freiheiter-Preises verstanden wissen, bevor er ihn zusammen mit seinen Vorstandskollegen Wolfgang Grams, Ghazel Wahisi und Elisabeth Prange an Barbara Genscher überreichte. Vor gerade einmal anderthalb Jahren sei der Förderverein gegründet worden mit nur einer Vision, doch angesichts der aktuellen globalen Situation und der derzeitigen Herausforderungen sei es umso wichtiger, den Kampf um Frieden und Freiheit weiter zu forcieren. Letztlich wolle man damit auch die Idee des Preisträgers Hans-Dietrich Genscher fortführen, der stets für Frieden, Freiheit und Völkerverständigung eingestanden sei. Der Kreis Ahrweiler stehe wie keine zweite Region für Frieden und Freiheit, nicht nur mit seinen Gedenkstätten wie der Dokumentationsstätte Regierungsbunker, der Brücke von Remagen oder der Synagoge in Ahrweiler, sondern auch mit menschlichem Handeln wie der Aufnahme der ersten Flüchtlinge aus der DDR nach der Maueröffnung im Jahre 1989.

Großer Anteil an der europäischen Einigung und der deutschen Wiedervereinigung

„Es ist nicht selbstverständlich, dass wir in Deutschland seit 70 Jahren in Frieden und Freiheit leben können, und es ist deshalb unsere Aufgabe, dieses Geschenk auch den kommenden Generationen weiterzugeben“, war Gies überzeugt. Der Freidemokrat Genscher mit dem legendären gelben Pullunder habe die aktive Entspannungspolitik zwischen Ost und West ab Mitte der 1980er Jahre entscheidend geprägt und in deren Folge auch großen Anteil an der europäischen Einigung und am Gelingen der deutschen Wiedervereinigung gehabt. Seine berühmte Rede vom Balkon der Prager Botschaft am Abend des 30. Septembers 1989 habe den ersten DDR-Bürgern die Ausreise in die BRD ermöglicht, Ziel der ersten Züge mit tausenden DDR-Flüchtlingen war damals Bad Neuenahr-Ahrweiler. Außerdem hatte er sich 1972 als Bundesinnenminister beim Attentat auf die Olympischen Spiele in München selbstlos zum Austausch für die Geiseln angeboten.

Der Schirmherr des ersten Ahrweiler Freiheiter-Preises, der ehemalige Verfassungsrichter Professor Dr. Paul Kirchhof, hatte in seiner Laudatio ausgeführt, Freiheit entfalte sich grundsätzlich in der Gemeinschaft, doch jeder habe das Recht, außen vor zu bleiben. So gesehen sei Freiheit ein Angebot, das man nicht annehmen müsse. „Doch Freiheit ist auch das Angebot, die Demokratie mitzugestalten. Wenn man darauf verzichtet, geht am Ende die Demokratie an den Demokraten zugrunde“, so die Warnung des ehemaligen Verfassungsrichters. Freiheit sei zugleich ein Wagnis, weil man die Zukunft nicht vorhersehen könne, deshalb müsse auch jeder bereit sein, für die Folgen seiner frei getroffenen Entscheidungen persönlich einzustehen. Andererseits bedeute Freiheit auch, Verantwortung für andere Menschen zu übernehmen. Allerdings sei auch Deutschland damit überfordert, die Freiheit in der ganzen Welt zu garantieren. „Wenn der Staat überfordert wird, müssen wir reagieren, weil wir sonst unseren Staat selbst zerstören“, war er überzeugt. Mit Blick auf die Idee der Freiheitswochen ergänzte er: „Wir lösen Konflikte ohnehin nur, indem wir miteinander sprechen, und nicht durch Faust und Fehde.“

Bei privaten Abendessen persönliche Kontakte geknüpft

Da schließe sich wieder der Kreis zu Preisträger Hans-Dietrich Genscher, ergänzte seine Witwe Barbara Genscher, als sie den Preis in ihrem Haus in Pech entgegennahm. Ihr Mann habe während seiner politischen Karriere stets versucht, mit privaten Gesprächen und gegenseitigen Besuchen im Vorfeld eines Treffens das Verständnis füreinander zu stärken und einen Dialog in Gang zu bringen, bevor man dann in harten Verhandlungen eingestiegen sei. Sehr oft habe es vor einer großen Konferenz bei ihnen zu Hause ein privates Abendessen mit den Präsidenten und Außenministern anderer Staaten gegeben, bei denen persönliche Kontakte geknüpft und Freundschaften geschlossen wurden, bevor die eigentlichen Gespräche thematisch vorbereitet worden seien.