Handwerker, Wettkämpfer und Spielleut gestalteten den 14. Barbarossamarkt

Gefühltes Mittelalter

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Die Spielleute Comes Vagantes legten mächtig los. Fotos: HG

Gefühltes Mittelalter

: „Bonn Roses“ brachten irischen Tanz auf die grüne Bühne.

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Zuberkönig „Mariöö“ in seinem Element.

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Eine der drei Burgdamen von Cronberg:die liebreizende Angela von Mammolshain.

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Sinzig. Die Sonne schien durch die alten Parkbäume und wechselte sich mit Gewölk ab. Das Wichtigste aber war, es blieb, abgesehen von einem Schauer am frühen Samstagabend, trocken. So spielte das Wetter am Wochenende mit, als Sinzigs Fest mit der größten Strahlkraft über die grüne Bühne ging. Schon aus einiger Entfernung wiesen durchdringende Sackpfeifentöne auf das hin, was vor dem Schloss bunte Zelte offenkundig machten und die Freunde des Ereignisses lange in ihren Festkalendern notiert hatten: Mit dem 14. Barbarossa-Markt hatte die Lust am Mittelalter den Park rund ums neugotische Gemäuer wieder fest im Griff.

Es ist jeden Mal ein großes Spiel mit Verkleiden und Eintauchen in eine andere Welt, Lagerleben, Budenzauber und Spektakel beherrschten die Szenerie.

Etwa 60 Händler und Vertreter alten Handwerks boten ihre Waren feil. Linda Dieye, Töpferin aus Niederzissen, gehörte dazu.

Bei ihr gab es Geschirr zu erstehen, aber auch eigentlich Unbezahlbares. Wer in einen Korb mit Mosaikscherben griff, war flugs um „eine Handvoll Glück“ reicher. Lederwerker und Zinngießer, Laternenbauer, Schmiede und Bogenbauer, eine Perlenweberin, Schmuckhersteller und Schnitzer fügten sich ins bunte Bild der Anbieter.

Bunte Wolle,

schöne Waldkante

Viele illustrierten zudem ihre Fähigkeiten. Die Cristallerie Schönberg aus Rheinbach Glasbläser ließ Kugeln unter Feuer wachsen. Selbst Kinder versuchten sich unter Aufsicht in dieser Kunst.

Der Meister von „Zinnsalabim“ gab seinen hübschen Figuren geduldig den Endschliff, während man der kundigen Heike Schmitz in den Topf schauen konnte, wo Wolle im Blaufärbebad mit Waid kochte. Sie hatte sogar bereits so viel gefärbt, dass sie ihre Nachbarin vom Stand gegenüber bat, einige Bündel bei ihr zum Trocknen aufhängen zu dürfen.

„Arachnoe“ aus Altenkirchen hatte nichts dagegen. Sie spann derweil, umgeben von Wollartikeln und indianischen Perlenarmbändchen, an ihrem Spinnrad einen leuchtend gelben Faden. Allenthalben stießen Besucher auf liebenswürdige Informanten. So erläuterte Gesine Aufdermauer ihre gläsernen Schreibfedern. Hartmut Schumacher, der seine selbst gefertigten Holzplatten für Tische präsentierte, wies auf eine, die er aus einem 1885 in Bonn gepflanzten Mammutbaum schuf. „Der Geschmack hat sich gewandelt“, hat der Kölner festgestellt. „Früher musste alles quadratisch sein, heute lieben die Leute wieder die unregelmäßige Waldkante“.

Blumenkränzchen

auf blauem Haar

Dass viele Taler die Besitzer wechselten, lag an der Vielfalt der ausgelegten Waren. Da konnten die Maiden ihre Schönheit durch neue Gewänder vom Markt ins rechte Licht rücken, Kupfer- und Bronze-Geschmeide erwerben, farbenfrohe Gürtel von der Brettchenweberin, Blumenkränzchen, die sogar auf blauem Haar gut aussahen und sich Muster auf die Hand malen lassen. Von ihrem Lager oben an der Mauer blickten die drei mit Stick- und Näharbeiten befassten feinen Burgdamen von Cronberg, darunter Agnes von Reifenberg mit Kronenschapel, vergnügt auf das Geschehen. Ihre aparte Erscheinung war ein Hingucker wie die zahlreicher anderer Schausteller und Besucher. Zu letzteren zählte Dirk Wohlfarth, der mit seinen beiden Frettchen „Zeus“ und „Hera“ besonders die Kinder anzog. Verschreckt blickten diese dagegen auf einen in Lumpen humpelnden Darsteller mit Bettelschale, dessen Verstellkunst sogar manchen Erwachsenen verstörte.

„Betreutes

Trinken“

Was aber gefiel den Mannsbildern? Unter anderem Trinkhörner, hölzerne Rückenkratzer, Pfeilspitzen. Schon für die kleinsten Burschen gab es Schwerter, Schilde, Speere. Übrigens hatten Mädchen und Jungen gleichermaßen Spaß etwa am Fischewerfen und Eierknacken. Wen kunstvoll geschnitzte Bögen reizten, der konnte sich im Bogenschießen üben. An anderer Stelle war auch die Herstellung zu beobachten und von einem Schnitzer zu erfahren: „Die sind aus Maulbeerbaum, ein Holz von hoher Federkraft und sehr bruchfest“. Neugierig machten verschiedentlich spaßige Bezeichnungen wie „Edle Schlabberlöffel“, welche die Holzwerkstatt „Yggdrasil“ – in der nordischen Mythologie die Weltesche – feilbot. Vom Schöpflöffel bis zum Haltestell für Trinkhörner blieb kein Wunsch offen. Was „Betreutes Trinken“ bedeutet, mit dem Lady Edinburgh, bürgerlich Marlies Woywod aus Duisburg, ihre Whiskyspezialitäten, „keine Fremdstoffe, Keine Farbstoffe“, bewarb, daraus machte die Dame von schottischem Adel kein Geheimnis: „Das heißt, ich fülle Sie nicht ab, bis Sie umfallen, ich möchte, dass Sie es genießen“.

Musik und Tanz

Überhaupt hatten Durst und Hunger keine Chance. Wie auch, wenn für jeden Geschmack reichliche Auswahl bestand? Es gab Kaffee und Kräutertee aus der „Sudbud“, Cidre, Hollerblüte und Apfelschorle, Fladen der „Feldbeckerey“, Käse, „Fleischbeutel“ aus Putenfleisch, Kraut, Schmand und Weizenfladen, Wildschweinbraten, Suppe und köstliches Mandelgebäck von der „Confiserie Medieval“. Gestärkt und teils auch durch ein Bad belebt, denn „Mariöö“, der Zuberkönig, ging in der Holzbütt mit gutem Beispiel voran, erlebten die Gäste Augenweide und Ohrenschmaus. Die reizenden „Bonn Roses“ führten in grünen Kleidchen und wechselnden Formationen irischen Tanz auf. Die zünftig gewandeten „Milites Sentiacum“ mischten mit, ebenso wie Kaspar, der Gaukler, Freddy the Piper ebenso die Sauenscheucher, die Musikanten „Porcae Pellere“ und andere mehr. Das absolute Highlight am Samstagnachmittag jedoch boten zwei Gruppen, die sich spontan zusammentaten. Als die fünfköpfige Besatzung von „Comes Vagantes“, die Spielleut des Grafen von Hoya, auftraten, war das bereits für sich genommen eine begeisternde Attraktion. Mit Schlagwerk und Dudelsäcken erzeugten sie Rhythmus und unvergleichliche Klänge. Trommelnd, Sackpfeifen und Schalmeien spielend, drehten sich die Männer und liefen vor Energie berstend vor und zurück. Plötzlich kamen zwei Frauen und ein Mann der Tanzgruppe „Baghira“ hinzu. Mit ihrer orientalisch inspirierten Bekleidung und den anmutigen Bewegungen ihres Tribal Style Dance ergänzten sie das wilde Geschehen auf das Erbaulichste. Das Publikum spendete dann auch mit Klatschen sowie „Jubel, Jubel“-Rufen gebührenden Applaus. .