Förderverein Haus der Geschichte „Untere Erft“ Heimerzheim

Hinter dem Gebäude verbergen sich über 100 Jahre Landwirtschaftsgeschichte

Förderverein hat bereits einen Überlassungsvertrag mit der Gemeinde Swisttal abgeschlossen – Jetzt wartet man auf das Ergebnis eines Sanierungsgutachtens

Hinter dem Gebäude verbergen sich über 100 Jahre Landwirtschaftsgeschichte

Der Vorstand des Fördervereins Haus der Swisttaler Geschichte „Untere Erft“ vor dem ehemaligen Lagergebäude in Heimerzheim (von links): Karl-Heinz Peters, Georg Schmidberger, Gisela Hein, Dr. Herbert Graubohm und Günter Tappeser. Foto: JOST

27.05.2017 - 19:00

Heimerzheim. Ziemlich genau die Hälfte der mittlerweile 32 Mitglieder des Fördervereins Haus der Geschichte „Untere Erft“ in Heimerzheim nahm an der ersten Mitgliederversammlung im Gasthaus „Klosterstuben“ teil. Erklärtes Ziel des Fördervereins ist es, im ehemaligen Landhandelsgebäude „Untere Erft“ gleich neben dem alten Kloster ein „Haus der Swisttaler Geschichte“ einzurichten. Das Gebäude gehört mittlerweile der Gemeinde Swisttal, die mit dem Förderverein einen Überlassungsvertrag abgeschlossen hat. Doch wann ein Haus der Geschichte dort aufgebaut werden kann oder ob überhaupt, steht noch gar nicht fest, denn der Gemeinderat hat ein Sanierungsgutachten in Auftrag gegeben, das den baulichen Zustand des historischen Gebäudes ermitteln soll, so der Vorsitzende Karl-Heinz Peters.


Abriss über die Historie des Gebäudeensembles


Vorstandsmitglied Georg Schmidberger gab zunächst einen historischen Abriss über das ehemalige Gebäudeensemble der „Unteren Erft“ in Heimerzheim: „Dahinter verbergen sich über 100 Jahre Heimerzheimer Landwirtschaftsgeschichte.“ Der Erbauer des seit dem Jahre 1900 bestehenden Landwarenhandels war Gerhard Wirtz, der den Betrieb zur Zeit der Elektrifizierung Heimerzheims ausbaute, modernisierte und Anfang der 1930er-Jahre an seinen Sohn Karl übergab. Zu dem Betriebsgelände gehörten damals noch eine Gaststätte und ein Tanzsaal. Karl Wirtz war in den Jahren des Zweiten Weltkriegs Heimerzheimer Bürgermeister, kam allerdings bei dem verheerenden Bombenangriff der US Air Force auf Heimerzheim am 3. März 1945 in der Kirchstraße ums Leben. Die Gebäude des Landwarenhandels Wirtz überstanden die schweren Luftangriffe auf Heimerzheim unbeschadet.

Die Nachkriegsgeschichte des Landwarenhandels Wirtz sei von tiefgreifenden Brüchen und Umwälzungen gekennzeichnet gewesen, so Schmidberger weiter. 1946 heiratete Alleinerbin Vera Wirtz, die Tochter des Unternehmensgründers, Rolf Behr aus Osnabrück. Das Ehepaar Behr führte das Geschäft seitdem gemeinsam weiter. Allerdings habe die Familie „auf großem Fuße“ gelebt, weshalb die Firma trotz boomendem Nachkriegsgeschäft innerhalb von acht Jahren in finanzielle Schieflage geraten sei. „Nicht zuletzt die Spielsucht von Rolf Behr trug zum Bankrott des Familienunternehmens bei“, so Schmidberger. Am 26. Juli 1954 habe Behr seinem Leben in einem Rheinbacher Hotel ein Ende gesetzt. Seine Ehefrau Vera stand nun allein mit dem hoch verschuldeten Betrieb da und musste den gesamten Besitz an das Frankfurter Handelshaus „Schemag“ übergeben, das ihr Hauptkreditgeber war.


An den Hauptkonkurrenten verkauft


1955 kaufte Herbert Bressel das Unternehmen und führte den Betrieb mit den angestammten Geschäftsfeldern weiter. Die Gaststätte und den Tanzsaal, in denen bald ein Kino und eine Kegelbahn eingerichtet wurden, übernahm das Ehepaar Jakob und Maria Wirtz, nicht verwandt mit dem ehemaligen Besitzer Gerhard Wirtz. Bereits im Jahre 1959 verkaufte Herbert Bressel das Lager und die Getreidehandlung an seinen Heimerzheimer Hauptkonkurrenten Adolf Hambach, der bereits seit Jahrzehnten nur etwa 300 Meter weiter einen Betrieb mit fast denselben Geschäftsfeldern führte.

1965 schließlich pachtete die Landwarengenossenschaft „Untere Erft“ aus Bliesheim beide Betriebe. So kam das Gebäudeensemble zu seinem Namen, denn seitdem heißt es „Untere Erft“, Lager 2. Doch schon 1987 wechselte der Gebäudekomplex erneut den Besitzer: Die Gebrüder Hambach veräußerten den gesamten Betrieb an die Gemeinde Swisttal, die allmählich das gesamte Betriebsgelände zurückbaute und an seiner Stelle eine Grünanlage errichtete. Auch die alten, in den 1950er-Jahren gebauten Siloanlagen im Außenbereich mussten weichen. Verschiedene Fördereinrichtungen und die Außenrampe wurden demontiert und das Dach erneuert. So vor dem endgültigen Verfall gesichert, stehe das Gebäude seither leer.


Museum für die ganze Gemeinde Swisttal geplant


Der 1997 unternommene Versuch der Gemeinde Swisttal, in dem Gebäude ein Kulturzentrum mit regelmäßigem Künstlertreff einzurichten, sei an der Finanzierungsfrage gescheitert, berichtete Schmidberger weiter. Im Jahr 2008 habe sich der Arbeitskreis Heimat Heimerzheim für den Erhalt dieses ortsprägenden Gebäudes eingesetzt, was jedoch an den Kosten scheiterte. Anfang 2015 sei dann die Idee entstanden, in dem alten Getreidespeicher mit seinen noch vorhandenen technischen Einrichtungen und anderen Exponaten ein Museum für die ganze Gemeinde Swisttal und ihre zehn Ortsteilen einzurichten.

Die inhaltliche Konzeption des Museumsprojekts wie die finanzielle Umsetzung stünden aber noch ganz am Anfang. Das Ziel sei jedoch klar umrissen: Das materielle Erbe der ländlichen Bevölkerung sei im Wert ebenso hoch anzusiedeln wie das der Swisttaler Herrenhäuser, Burgen und Schlösser, die seit geraumer Zeit von Förderprogrammen der öffentlichen Hand profitieren.

Seit Mai 2015 sei wieder Bewegung in das Vorhaben gekommen, denn der Förderverein mit sachkundigen und interessierten Bürgern habe sich die Umsetzung der langjährigen Pläne zum Ziel gesetzt. „Das Wichtigste: Die Gemeinde Swisttal als Grundstückseigentümer ist mit im Boot“, freute sich Schmidberger. In den Doppelhaushalt 2016/2017 der Gemeinde seien Finanzmittel für Konzepterarbeitung und Planung eingestellt, damit habe das Haus der Swisttaler Geschichte in der „Unteren Erft“ eine erste Hürde für eine erfolgreiche Projektrealisierung genommen.


Regionale Hochschulen in die Überlegungen einbeziehen


In verschiedenen Gesprächen des Fördervereins mit Bürgermeisterin Petra Kalkbrenner und der Verwaltung sei auch schon die Idee umgesetzt worden, regionale Hochschulen in die Konzeptüberlegungen und Nutzungsplanungen mit einzubinden, ergänzte Peters. Bislang hätten drei Hochschulen ihr Interesse an einer solchen studentischen Arbeit bekundet. Dafür müsse allerdings zunächst der Sanierungsaufwand für eine verkehrssichere Nutzung des Gebäudes ermittelt werden. Der Gemeinderat habe daher in seiner jüngsten Sitzung ein Sanierungsgutachten beschlossen, dessen Ergebnissen man nun mit Spannung entgegensehe. Denn ein aussagefähiges Sanierungskonzept bilde die Basis für die Ausbau- und noch zu entwickelnde Nutzungsplanung. Peters geht von einem Sanierungsaufwand von rund 300.000 Euro aus, betonte aber, das sei eine reine Schätzung und nicht offiziell. -JOST-

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