Leserbrief

Hochwasserschutzkonzept Remagen oder: „was in Oedingen alles nicht geht“

In der Auftaktveranstaltung der Stadt Remagen zum Thema Hochwasserschutz am 31. Januar im Dorfgemeinschaftshaus war eine Ortsbegehung von Oedingen angekündigt worden, die auf Wunsch der Arbeitsgemeinschaft Starkregen Oedingen (AGStarkregenOedingen) öffentlich durchgeführt wurde.

Am 20. Februar fanden sich an fünf verschiedenen Treffpunkten der Bauamtsleiter der Stadt Remagen, Herr Gisbert Bachem, der beauftragte Gutachter, Herr Dr.-Ing. Harald Wegner, vom Ingenieurbüro Fischer und Frau Dr. Barbara Manthe-Romberg vom Informations- und Beratungszentrum Hochwasservorsorge Rheinland-Pfalz (ibh) mit Bürgern zusammen, die in dem jeweiligen Wohngebiet vom Starkregen 2010, 2013 und zuletzt am 4. Juni betroffen waren.

Es wurden die Örtlichkeiten besichtigt, die Ereignisse und die Schäden an den „Flut“-Tagen geschildert sowie jeweils mögliche Lösungsansätze vor Ort erörtert. Der Gutachter riet den besorgten Anwohnern, ihre Häuser – Schäden in Gärten oder an Nebengebäuden blieben unbeachtet – in Eigeninitiative zu schützen und selbst Vorkehrungen zur Vermeidung von Schäden an ihrem Eigentum vor der nächsten Flut zu treffen.

Deutlich wurde, auf welche Probleme die Betroffenen dabei stoßen können, denn so mag eine schützende Maßnahme baurechtlich möglich sein, im Falle eines sich daraus ergebenden Schadens beim Nachbarn wasserrechtlich aber ggfs. zum Haftungsrisiko werden.

Kein nachhaltiger Eindruck?

Die Besichtigung der Ackerflächen mit einer Schilderung der Wasserströme bei Starkregenereignissen durch ortskundige Bürger machte auf den Gutachter offenkundig keinen nachhaltigen Eindruck. Herr Dr. Wegner wies dabei mehrfach darauf hin, dass die oberhalb liegenden Felder, von denen der Großteil der einströmenden Wassermassen stammt, schon vor der Bebauung da gewesen sind und sich deshalb die Bewohner Oedingens „auf die „Natur einlassen müssten“. Ein Hinweis, der die Beteiligten fassungslos zurückließ.

Eine (Teil-)Lösung des Problems auf den Feldern - als wesentlicher Ursprung der Fluten - hält er nicht für sinnvoll. Die von Herrn Professor Schröder über Jahre erarbeiteten Vorschläge zur Regenwasserrückhaltung auf und späteren Ableitung von den Feldern lehnte er ab. Ob seitens des Gutachters eine Expertise bezüglich landwirtschaftlicher Flächen besteht, blieb ebenso offen wie die Frage alternativer Lösungen.

Angesprochen wurden im Verlauf verschiedene bauliche Maßnahmen auf der Wachtbergstraße (K 40) am Ortsausgang Richtung Werthoven, die der Gutachter für grundsätzlich sinnvoll hielt. Solchen, auch aus Sicht der Bürger wichtigen Maßnahmen, stehen jedoch zahlreiche Restriktionen der Stadt hinsichtlich der Durchführbarkeit gegenüber.

Einzig innerörtlich an der „Flussgabelung“ Kernbachweg / Ecke Siebengebirgsblick könnte als städtische Maßnahme eine Aufpflasterung auf der Straße die Fluten in die Weiden unterhalb des Kernbachwegs umlenken – selbst zu dieser Maßnahme bestehen aber offenbar erhebliche Bedenken. Auch wurde ein Wall an der Ausgleichsfläche Finkenweg seitens des Gutachters für möglich gehalten, aber nicht näher konkretisiert.

Und damit zeigt sich erneut: Eine wirksame Entlastung kann nur erreicht werden, wenn das Problem ganzheitlich betrachtet wird und auch Maßnahmen auf den außerörtlichen Flächen in das Gesamtkonzept mit einbezogen werden. Ganzheitlich bedeutet selbstverständlich auch, dass alle Stadtteile von Remagen und auch angrenzende Gemeinden berücksichtigt werden, denn Wasser hält sich nicht an Zuständigkeitsgebiete.

Bisher haben Gutachter und Bauamtsleiter alle von der AGStarkregenOedingen vorgeschlagenen Schutzmaßnahmen, augenscheinlich ohne nähere Befassung, abgelehnt. Es wurden bis heute offenbar auch keine alternativen Vorschläge erarbeitet: 9 Monate nach dem Starkregenereignis also noch immer kein spürbarer Fortschritt.

Beispiele anderer Kommunen, allen voran der Grafschaft, zeigen, dass es auch anders geht. Gerade die anscheinend für Oedingen nicht möglichen Vorschläge zur Regenrückhaltung werden dort intensiv besprochen und erste Maßnahmen realisiert.

AG setzt auf ein

einheitliches Konzept

Es bleibt abzuwarten, zu welchen Schlussfolgerungen der durch die Stadt beauftragte Gutachter aus den gewonnenen Eindrücken vor Ort und zahlreichen konstruktiven Anregungen gelangt. Ob die Öffentlichkeit dies dann auch vollumfänglich erfährt, bleibt offen.

Im nachfolgenden Treffen der AGStarkregenOedingen fassten die betroffenen Bürger es so zusammen: „Der Gutachter sagt uns, dass wir uns selbst schützen müssen, der Bauamtsleiter erklärt uns was er alles nicht umsetzen kann – da hilft wohl nur beten, dass Oedingen vom nächsten Starkregen verschont bleibt.

Darauf allein will die AG Starkregen sich jedoch nicht verlassen und sich weiterhin für ein ganzheitliches Konzept für Oedingen gegen die vermeidbaren Folgen von Starkregenereignissen einsetzen.

Wilma Michels, Remagen,

für die AGStarkregenOedingen