Beim Neujahrsgespräch der CDU der VG Dierdorf ging es um medizinische Versorgung

Medizinische Versorgungauf dem Land war Thema

Medizinische Versorgung
auf dem Land war Thema

Zum Thema medizinische Vorsorguhng auf dem Land hatte der CDU-Gemeindeverband um Martina Jungbluth und Marcus Wagner Ärzte und Politiker eingeladen.HEP

Dierdorf. „Mit Chirurgen, Kinderärzten, Nervenärzten, Psychotherapeuten, Urologen sind Stadt und Kreis Neuwied zu 40 Prozent überversorgt und daher ist durch die Kassenärztliche Vereinigung (KV) keine Zulassung mehr möglich. Gefühlt ist das durch lange Wartezeiten auf einen Facharzttermin für den Bürger jedoch anders“, sagte Erster Kreisbeigeordneter Achim Hallerbach bei dem CDU-Neujahrsgespräch in Dierdorf.

Zum Thema medizinische Versorgung auf dem Land hatte der Vorstand des Dierdorfer CDU-Gemeindeverbandes in die Alte Schule eingeladen und zahlreiche Bürger und Kommunalpolitiker, u.a. VG-Bürgermeister Horst Rasbach und Stadtbürgermeister Thomas Vis, nahmen an diesem Neujahrsgespräch teil.

Gemeindeverbandsvorsitzender Marcus Wagner führte aus, dass die gewohnte Rufbereitschaft des Hausarztes sich inzwischen auf die Bereitschaftsdienstzentrale im Neuwieder DRK-Krankenhaus konzentriert: „Für den Patienten heißt das lange Wegstrecken in Kauf zu nehmen und in der Regel lange Wartezeiten bis zur medizinischen Versorgung abzuwarten. Der Mangel an klassischen Haus- und Landärzten in Verbindung mit ungeregelten Nachfolgeregelungen ist ein weiterer Baustein an Herausforderungen in diesem Segment. Dabei sind wir in der Verbandsgemeinde Dierdorf mit medizinischer Versorgung bislang gut ausgestattet. Wir finden sogar ein Krankenhaus in unserer ländlichen Struktur wieder“, erklärte Wagner. Doch wie hier die Zukunft aussehen wird, war dann Thema der Podiumsdiskussion, die Beigeordnete Martina Jungbluth moderierte. Ihre Statements gaben Dr. med. Reinhold Ostwald, ärztlicher Direktor des Evangelischen Krankenhauses Dierdorf/Selters gGmbH und seit Jahrzehnten niedergelassener Facharzt für Urologie, Bundestagsabgeordneter Erwin Rüddel, langjähriges Mitglied im Gesundheitsausschuss, Achim Hallerbach, erster Beigeordneter und bei der Kreisverwaltung zuständig für den Bereich Gesundheit sowie Dr. Hildegard Meuser, leitende Notärztin und Hausärztin in der Verbandsgemeinde Dierdorf ab.

Achim Hallerbach führte aus, dass im Kreis Neuwied das Durchschnittsalter der berufstätigen Vertragsärzte bei 56 Jahren liegt und nur 10 Prozent der Hausärzte jünger als 55 Jahre sind. „Bei neuen Zulassungen scheitern wird oft an der KV“, beklagte Hallerbach und nannte als Beispiel Psychotherapeuten für Kinder und Jugendliche. Junge Ärzte müssten für das Land gewonnen werden, in dem man sie bereits beim Studium durch Stipendien für die ländliche Region verpflichtet, meinte Achim Hallerbach. Er verwies auch auf Zuwendungen und kostenlose Stellung von Unterkünften.

Verkrustete Strukturen bei der KV kritisierte auch Erwin Rüddel. In den Krankenhäusern seien Fachärzte, die es in der Fläche nicht mehr gibt und dieses Potential müsse künftig genutzt werden. „In 10 Jahren werden Ärzte nur stundenweise im Krankenhaus arbeiten, ansonsten in einem Medizinischen Versorgungszentrum. Gut ausgebildete Krankenschwestern sind dann mit der Technik einer Arztpraxis unterwegs und sprechen bei Problemen per Internet mit dem Arzt“, prophezeite der Bundestagsabgeordnete.

Eine hausärztliche Bereitschaftsdienstzentrale wie am DRK-Krankenhaus müsse es jedem Krankenhaus geben, forderte Rüddel. Wenn die Ressourcen im Krankenhaus auch ambulant genutzt würden, könne man eine ganze Menge Geld sparen. Dr. Oswald stelle das Krankenhaus Dierdorf/Selters vor, das 188 Betten an zwei Standorten, sieben Hauptabteilung, eine Belegabteilung hat und 8000 Patienten pro Jahr versorgt. Um Ärzte zu bekommen habe man vor einigen Jahren einen Vorstoß für eine Kita im Krankenhaus gemacht, was aus behördlichen Gründen nicht möglich war. Auch er kritisierte, dass eine ambulante Behandlung im Krankenhaus nicht möglich sei: „Für einen Patienten ist es unverständlich, wenn er mit Bauchweh zu uns kommt und wir müssen sagen, das dürfen wir nicht behandeln.“

Landärztin Dr. Hildegard Meuser betonte, dass man in der VG Dierdorf medizinisch mit neun Hausärzten relativ gut aufgestellt sei. „Die Bevölkerung auf dem Land hat die Bereitschaftsdienstzentrale nicht angenommen. Am Wochenende bekommen Patienten dort gesagt: Stellen Sie sich am Montag dem Hausarzt vor. So ist der Montag für uns zur Katastrophe geworden“, berichtete die Ärztin.

Erwin Rüddel führte aus, dass die KV eine Versorgungspflicht hat: „Wenn Arztpraxen geschlossen sind, macht die Notdienstzentrale auf. Ich werde nachhaken, ob es den Fahrdienst noch gibt, denn die bekommen ja auch Geld dafür.“

Eine Bürgerin beklagte, dass man bei einem Anruf der Bereitschaftsdienstzentrale in einem Callcenter lande und sie drei Mal anrufen musste. Obwohl jeder niedergelassene Arzt im Jahr 270 Euro für die Zentrale zahlt, dafür muss er keinen Notdienst machen, ist diese Einrichtung unbeliebt und wird von den Menschen nicht angenommen, war der Tenor.

Achim Hallerbach meinte, dass die Stadt Neuwied mit zwei Krankenhäusern und vielen Ärzten im Vergleich zum Landkreis überversorgt sei.

Zum Abschluss lud Marcus Wagner alle Teilnehmer noch zu einem Imbiss ein, für den u.a. Volker Hoffmann mit Sohn, Annelore Lahr und Hella Holschbach gesorgt hatten.