En Gedicht von Markus Theisen

„Mensch Mondfloh“

„Mensch Mondfloh“

Ein Floh landete mit `ner Rakete auf dem Mond. Das kleine Kerlchen war sehr, sehr müde von der langen Reise und schlief sofort ein. Schwerelos ruhte er viele Jahre. Doch dann vor haargenau drei Minuten, just als ihn ein Staubkorn in der Nase kitzelte, war der Mondfloh aufgewacht. Er nießte heftig, reckte und streckte sich, schaute umher und erinnerte sich. Der Kleine setzte sich auf einen Stein. Mit etwas Heimweh genoss er die atemberaubende Aussicht hinab auf die Erde, deren leuchtendes Blau ihn faszinierte. Und zudem waren seine Augen während des Schlafens so gut geworden, dass er jetzt sogar ganz weit entfernte, winzige Krümel mühelos erkennen konnte. Doch richtig freuen über seine neu gewonnene Fähigkeit mochte sich der Mondfloh nicht. Denn dass, was er unten auf der Erde erblickte, machte ihn traurig. Hatte sich das Sehvermögen des Menschen doch offenbar genau ins Gegenteil verkehrt. „Was bloß auf der Erde passiert sein mag, als ich schlief“, fragte sich der Winzling nachdenklich. Auch nach langem Grübeln fand er einfach keine logische Erklärung. Dann hatte er einen Einfall. Der Mondfloh sprang unvermittelt auf, stellte sich auf seine Zehenspitzen, winkte mit den Ärmchen und rief so laut er nur konnte in Richtung Erde:

„Hey Mensch, du verlierst deinen Blick,

hast ihn vielleicht schon verloren,

den Blick für Liebe, Güte, Schönheit

die dich doch in Fülle umgeben!

doch siehst du sie nicht!

oder kannst sie nicht sehen!

oder willst sie nicht sehen!

bist blind für die Welt,

eine Welt, die dir so viel zu bieten hat,

schon immer und immer für alle!

Doch so sehr er sich auch anstrengte, der Mondfloh erhielt keine Antwort, keine Reaktion. Rein gar nichts. Denn trotz aller modernster Technik nahm niemand auf der Erde weder dessen Rufe noch den Mondfloh selbst wahr. Völlig heiser senkte dieser schließlich bedrückt sein kleines Köpfchen, setzte sich wieder auf den Stein und flüsterte: „Ich würd` dir helfen Mensch, ja, ich würde es tun. Aber vielleicht bin ich doch zu winzig und meine Stimme zu leise.“ Von all der Anstrengung müde geworden legte sich der Mondfloh wieder hin und schlief sogleich ein…

©by Markus Theisen, 23.07.2016