„Schwul-literarisches“ Quartett in Koblenz

„Que(e)rgelesen“ stellte Bücher mit mehr oder weniger homosexuellem Inhalt vor

„Que(e)rgelesen“ stellte Bücher mit mehr oder weniger homosexuellem Inhalt vor

Das literarische Quartett: v.li. Frank Eller, Rainer Marquardt, Roland Dinspel und Benjamin Merkler zusammen mit Hausherrin Annette Gerlach.BSB

„Que(e)rgelesen“ stellte Bücher mit mehr oder weniger homosexuellem Inhalt vor

Am Büchertisch gab es jede Menge Lesestoff aus dem Bereich der schwulen Literatur.

„Que(e)rgelesen“ stellte Bücher mit mehr oder weniger homosexuellem Inhalt vor

Die Literaturpräsentatoren diskutierten die Bücher und lasen Szenen daraus vor. Hier: Rainer Marquardt (li.) und Roland Dinspel.

„Que(e)rgelesen“ stellte Bücher mit mehr oder weniger homosexuellem Inhalt vor

Die kleine Ausstellung zu queerer Literatur im Landesbibliothekszentrum.

Koblenz. Im Rahmen der dem Koblenzer Christopher Street Day (CSD) vorgeschalteten „Pride Weeks“ veranstaltete das Landesbibliothekszentrum (LBZ)/Rheinische Landesbibliothek in Zusammenarbeit mit Buchhandlung Reuffel und dem Verein zur Förderung des Koblenzer CSD ein „schwul-literarisches“ Quartett. In der „Que(e)rgelesen“ getauften Literaturveranstaltung stellten Roland Dinspel (Unterstützer des Koblenzer CSD), Frank Eller (Schauspieler), Rainer Marquardt (Leiter des Bereichs Belletristik bei der Buchhandlung Reuffel) und Benjamin Merkler (Standortvertreter Rheinische Landesbibliothek) fünf Bücher mit mehr oder weniger homosexuellem Inhalt vor und diskutierten darüber. Dr. Annette Gerlach, Leiterin des LBZ, führte mit engagierten, die Normalität der Verschiedenheit fordernden Worten in den Abend ein.

„Haus voller Wolken“

von Jan Stressenreuter

Das inhaltliche Konzept der Literaturveranstaltung hatte Benjamin Merkler entworfen. Er war Moderator der Runde und Pate des ersten Buchs „Haus voller Wolken“ von Jan Stressenreuter. In dem Roman um ein schwules Paar mittleren Alters, greift der Autor das Thema Demenz auf. Das Urteil des literarischen Quartetts: Die Geschichte sei realistisch geschildert, ergreifend und packend, überzeuge mit lebensnahen Dialogen und viel Witz.

In Matthew Griffins Roman „Im Versteck“ kombiniere die Erzählung Schwulsein mit Altern samt Schlaganfall und Schrulligkeit in überzeugender Weise. Die tiefe Liebesbeziehung der Männer, die sie nur in ihrem vor der Welt versteckten Rückzugsort ausleben können, werde in vielen Szenen ungeheuer intensiv und erotisch dargestellt. Resümee: Ein nachdenklich, oft traurig stimmendes Buch, das dennoch viel zu lachen, bietet.

„Paris-Austerlitz“

von Rafael Chirbes

„Paris-Austerlitz“ ist ein Metro-Bahnhof in Paris, ein schmieriger und rauer Ort und der Name eines in den 1980er Jahren spielenden, mit viel Sex gewürzten Romans von Rafael Chirbes. In der von Erotik gespeisten Liebesgeschichte zwischen einem jungen spanischen Maler aus gutbürgerlicher Familie und einem wesentlich älteren und schlicht „gestrickten“, mit HIV infizierten französischen Arbeiter machen die Unterschiede, vor allem der in der Bildung, den Reiz des Lesestoffes aus. Die Beurteilung: Das Hin und Her der Gefühle, das Geben und Nehmen in der Beziehung lebe durch die sehr geschliffene, sinnliche, intellektuell-reflektierte Sprache des Autors, der die Geschichte mit einer Vielzahl an französischsprachigen Einschüben garniert.

Der Jugendroman „Tschick“ von Wolfgang Herrndorf bereite auch Erwachsenen großes Lesevergnügen. Die mittlerweile verfilmte Roadmovie-Geschichte, die sich um Jugendfreundschaften, Abenteuer und Geheimnisse rankt und viele lustige Szenen beinhaltet, strahle Optimismus aus. Herrndorf sei es glaubwürdig gelungen, die Jugendsprache in den Dialogen zu imitieren.

In Edouard Louis‘ in den 1990er Jahren spielendem, stark autobiografische Züge aufweisendem Roman „Das Ende von Eddy“ erzählt der Autor mit soziologischem Blick von der Kraft, die es kostet, als schwuler Junge in einem kleinen Ort auf dem Land aufzuwachsen, wenn die Familie, in der Alkohol und Brutalität zur Tagesordnung gehören und Mitschüler die „Tussi“ (gewalttätig) mobben. Das total durchkomponierte Buch sei aufwühlend und wecke im schlimmsten Fall eigene negative Jugend-Erinnerungen. Andererseits zeige es die Möglichkeit, sich aus den Verhältnissen einer derart negativ gefärbten Jugend herauszukämpfen in eine neue Welt, in der aus Eddy ein Edouard werden kann.

Kleine Ausstellung

schwuler Literatur noch bis Samstag, 19. August zu sehen

Den Buchbesprechungen folgten im Schnelldurchlauf einige weitere Leseempfehlungen für einen langen und gemütlichen Leseherbst. Am Reuffel-Büchertisch konnten die Gäste ihre Buchfavoriten dann erwerben. Im Anschluss gab es Gelegenheit, sich mit den Buchpaten bei Wein und Brot auszutauschen oder die noch bis Samstag, 19. August geöffnete kleine Ausstellung schwuler Literatur zu begutachten.