Info-Tag für Geflüchtete, Freiwillige, die sie unterstützen, sowie Vertreter von Arbeitgeberseite im Rathaus Unkel

Schlüssel zum Job

Schlüssel zum Job

Sehr gut besucht war der Info-Tag im Rathaus der Verbandsgemeinde Unkel.privat

Unkel. Nur drei der insgesamt sechzig Stühle im Rathaus der Verbandsgemeinde Unkel bleiben an diesem Tag leer: Ein Zeichen, dass die Thematik des Info-Tags vielen auf den Nägeln brennt. Eingeladen hatte das Koordinationsteam des Kontaktreises Flüchtlinge in der Verbandsgemeinde Unkel gemeinsam mit den Verbandsgemeinden Bad Hönningen und Waldbreitbach. Etwa ein Drittel der Teilnehmenden waren Geflüchtete, für die das Thema jetzt aktuell ist.

Schlüssel für Autonomie

und gesellschaftliche Teilhabe

Ein gelungener Start ins berufliche Leben hat eine Türöffner-Funktion. Für Geflüchtete gilt dies in besonderem Maße. Sich beruflich zu qualifizieren und arbeiten zu können bedeutet für sie nach einer Zeit des Angewiesenseins auf Sozialleistungen, nun für sich selbst sorgen zu können.

Nun können sich auch andere Türen öffnen, zum Beispiel zur ersten, selbst gemieteten Wohnung, sagt Sibylle Meyer, Koordinatorin in Rheinbreitbach, nach der Begrüßung. Acht junge Leute aus der Verbandsgemeinde Unkel haben es im letzten Jahr geschafft, eine Berufsausbildung zu beginnen. Dass sie diese erfolgreich abschließen und im kommenden Sommer noch mehr Azubis durchstarten, dazu soll dieser Info-Tag beitragen, so Meyer.

Jobcenter unterstützen bei

Integration in den Arbeitsmarkt

Alle Menschen im erwerbfähigen Alter, die vom Jobcenter Leistungen erhalten, werden von ihren persönlichen Ansprechpartnern beim Team Markt in regelmäßigen Abständen zu Beratungsgesprächen einladen, erklärt Hilde Janzing Schanz vom Jobcenter Neuwied. Geflüchteten verhelfe man als Erstes zu einem Integrationskurs, der neben dem Deutschlernen gleichzeitig das Kennen- und Verstehenlernen von Politik und Gesellschaft in Deutschland ermögliche.

Nicht nur gutes Deutsch sei das A und O vor dem Start in Ausbildung und Arbeit, so Janzing Schanz, sondern auch eine gute berufliche Vorbereitung. Dabei könnten zum Beispiel berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen oder eine Einstiegsqualifizierung bei einem Arbeitgeber, bei der man seinen künftigen Beruf gründlich kennenlerne, helfen. Und nach dem Ausbildungsbeginn sind die ausbildungsbegleitenden Hilfen, kurz ABH, beim Deutschlernen und dem Stoff in der Berufsschule eine gute Unterstützung, so Janzing Schanz.

KAUSA schafft Ausbildungsmöglichkeiten für Zugewanderte

Die Ausbildungsstatistik des vergangenen Jahres ist nur auf den ersten Blick ausgeglichen, so Miguel Martinez Blotzki von der bei der Handwerkskammer angegliederten KAUSA-Servicestelle Koblenz. Bei näherer Betrachtung würden jedoch starke regionale Schwankungen und solche nach Berufssparten deutlich.

Vor allem im Handwerk blieben Ausbildungsplätze unbesetzt. 2017 seien im nördlichen Rheinland-Pfalz jedoch mehr Ausbildungsverträge abgeschlossen worden, etwa 400 junge Menschen mit Fluchtgeschichte gehörten zu ihnen.

Nun gehe es darum, Ausbildungsabbrüche bei diesen jungen Menschen zu verhindern. Weniger die praktische Arbeit im Betrieb sei ein Stolperstein, sondern vielmehr die fachtheoretische Seite der Ausbildung in der Berufsschule. Hier sei Hilfe vonseiten möglichst vieler Akteure gefragt, so Martinez, der damit das Wort an die Fachleute der Initiative VERA des S E S weitergibt.

Der Senior Expert Service, bekannt durch seine weltweite Unterstützung kleiner Unternehmen und Organisationen durch ehemalige Fach- und Führungskräfte, hat mit VERA eine Initiative zur Förderung Auszubildender in Deutschland ins Leben gerufen.

Deutschkenntnisse

reichen oft nicht aus

„Nach der Berufsschule fragen wir: Was habt Ihr heute gemacht? Und dann ist da erst mal Schweigen“, berichtet Erwin Fries, Regionalkoordinator für den Großraum Bonn, über die Erfahrungen seines Teams mit jungen Geflüchteten, die nach dem Unterricht in einer Koblenzer Berufsschule zu ihnen kommen. Das Schweigen zeige ihnen, dass die vorhandenen Deutschkenntnisse weder zum Verstehen noch zum Wiedergeben des Unterrichtsstoffs ausreichen. „Und da setzen wir an und arbeiten nach.“

Für den Start in eine Ausbildung sei das Deutsch-Niveau B 2 notwendig. Dies fehle jedoch häufig, zum Beispiel, weil die Zugangsberechtigung zu einem Integrationskurs fehle. Aber viele junge Menschen gäben sich selbst auch nicht genug Zeit zum Deutschlernen. Die anderen Experten stimmen dem zu und betonen, dass alle vorhandenen Möglichkeiten zur Berufsvorbereitung genutzt werden sollten, um den Start in die Ausbildung zu erleichtern.

Ohne gute

Vorbereitung geht es nicht

Christoph Rechmann, Inhaber eines Unkeler Sanitärbetriebs, weiß nur Gutes über seine Erfahrungen mit Amin Hosseini, seinem afghanischen Auszubildenden, der mit im Saal sitzt und sich über das Gesagte sichtbar freut, zu berichten. Die Handwerkskammer vermittelte ihm Amin zunächst für ein zweimonatiges Praktikum, an das sich eine mehrmonatige Einstiegsqualifizierung mit drei Tagen wöchentlich im Betrieb und zwei Tagen im Ausbildungszentrum in Rheinbrohl, vor allem zum Deutschlernen, anschloss.

In der Zeit zwischen dem Ende der Einstiegsqualifizierung und dem Ausbildungsbeginn hätte er sich einen weiteren Deutschkurs für Amin gewünscht, zu dem er aber mit seinem Aufenthaltstatus keinen Zugang hatte, bedauert er. Während die betriebliche Ausbildung sehr gut laufe, sei die Berufsschule schwer für ihn, trotz ABH nach dem Unterricht. Er wünsche sich einen qualifizierten Deutschkurs, flankierend zur Ausbildung.

Erfahrungen

eines Auszubildenden

„Ich habe schon in Afghanistan mit Holz gearbeitet“, berichtet der 29-jährige Hadi Faqiri aus Afghanistan, der seit Mai 2015 in Deutschland lebt. Nachdem er etwas Deutsch in verschiedenen Kursen (aufgrund seines Aufenthaltsstatus' hatte er keinen Zugang zu einem Integrationskurs) gelernt hatte, begann er im Rahmen einer Einstiegsqualifizierung ein einjähriges Praktikum in einem Holz-Fachbetrieb.

„Diese Zeit habe ich gut genutzt, vor allem zum Deutschlernen. Aber auch an die Arbeitswelt musste ich mich gewöhnen, zum Beispiel dass man pünktlich ist und in einem Team von Kollegen arbeitet. Jetzt habe ich den Sprung in eine Ausbildung geschafft und komme, dank BAB (Bundesausbildungsbeihilfe) und Wohngeld, finanziell über die Runden.“ Um die Ausbildung erfolgreich abschließen zu können, besonders die Berufsschule, müsse er jedoch noch mehr Deutsch lernen, fügt er hinzu. Deshalb suche er, wo es gehe, Kontakt zu Deutschen.

Neue Nachbarn –

auch am Arbeitsplatz

Andrea Raab und Johanna Schneider stellen ihr Projekt „Neue Nachbarn – auch am Arbeitsplatz“, in dem bereits 230 Ausbildungspatenschaften (Unterstützung eines/r Auszubildenden durch eine Fachkraft) entstanden sind, vor und erläutern, wie die Schulung und Begleitung derjenigen, die solch eine Patenschaft übernehmen, organisiert ist: Materialien zu allen Themen rund um die Ausbildung, Online-Fortbildungen, Betreuung und Begleitung vor Ort.

Beide werben dafür, dass sich auch in der Verbandsgemeinde Unkel weitere solcher Patenschaften entwickeln. Detlev Cosler, Ehrenamtskoordinator in Unkel, wird für die Verbandsgemeinde Unkel die Entstehung und Begleitung solcher Patenschaften übernehmen.

Positive Rückmeldungen

Dass der Info-Tag wichtig und anregend war, zeigen die zahlreichen positiven Rückmeldungen am Ende der Veranstaltung und danach. Derzeit wird nach Möglichkeiten für einen speziellen Deutschkurs für Azubis gesucht, weitere Ausbildungspatenschaften sollen angebahnt werden. Und schon jetzt wird geschaut, wie man künftige Azubis gut beraten und begleiten kann.

Wer gerne Auszubildende unterstützen will, kann sich an Sibylle Meyer, Koordinatorin des Kontaktkreises Flüchtlinge in Rheinbreitbach, Tel. (0 22 24) 75 36 7, wenden.