Zweite Ahrweiler Freiheitswochen

Versöhnt miteinander stattheillos zerstritten

Versöhnt miteinander statt
heillos zerstritten

Von links: Wolfgang Thielmann, Theologe, Buchautor und Journalist, Dr. Karl-Heinz Wiesemann, Bischof von Speyer, Moderation Dr. Ebba Hagenberg-Miliu, Germanistin, Buchautorin und freie Journalistin, Dr. Markus Dröge, Landesbischof Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz und Dr. theol. Elisabeth Dieckmann, Geschäftsführerin Arbeitsgemeinschaft der Christlichen Kirchen in Deutschland e.V.privat

Kreis Ahrweiler. „Was bedeutet die Reformation für uns heute?“ fragte sich im Laacher Forum ein bedeutend besetztes Podium und ein munteres Publikum. Das Benediktinerkloster Maria Laach hatte sein Forum für die zweiten Ahrweiler Freiheitswochen geöffnet: und zwar für eine prominent und ökumenisch besetzte Podiumsdiskussion zum 500-Jährigen der Reformation. Vor Ort begrüßten Horst Gies als Vorsitzender des Veranstalters „Freiheiter“ und Pater Andreas Werner, Prior von Maria Laach. Man wolle Martin Luther bewusst nicht als ersten deutschen Wutbürger, sondern im Gegenteil als Mutbürger, als Mutmacher auch im 21. Jahrhundert diskutieren, stellte Moderatorin Ebba Hagenberg-Miliu zu Beginn die Weichen für einen spannenden Abend. „Was bedeutet die Reformation für uns heute“, nahm der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann den Ball sofort auf. „Die Kirchen sind aufgefordert, Spaltungen zu überwinden. Sie brauchen einander, um das Bekenntnis mit Leben zu füllen“, betonte der Bischof, der am Wochenende beim Hildesheimer Versöhnungsgottesdienst als Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) schon „die versöhnende Kraft des Evangeliums“ beschworen hatte. In Maria Laach forderte Bischof Wiesemann nun, gemeinsam und versöhnt miteinander für die christliche Botschaft in unserer Zeit zu stehen. Sein evangelischer Kollege Markus Dröge, Bischof von Berlin-Brandenburg-schlesische Lausitz, appellierte ebenfalls, in der Bindung an die Heilige Schrift und die verbindliche Verantwortung für den Nächsten zusammenzustehen. Er forderte, „die produktive Spannung der unterschiedlich konfessionellen theologischen Ansätze fruchtbar zu machen, gerade in Zeiten, in denen die Welt unter verabsolutierten eindimensionalen religiösen Wahrheitsansprüchen leidet.“ Christen dürften gerade aktuell den menschenrechtswidrigen Ansätzen des neuen Rechtspopulismus nicht folgen. „Die Wahrheit findet sich nur im Diskurs.“ Und der fand an diesem Abend ganz sicher auf dem Podium und dann auch mit dem Publikum statt. Die ACK-Geschäftsführerin Elisabeth Dieckmann ließ noch einmal Revue passieren, welche Fortschritte die Ökumene gerade in den letzten Jahren auf dem Weg zum Hildesheimer Versöhnungsgottesdienst gemacht hat. Man sei längst „nicht mehr heillos gespalten, sondern segensreich erneuert“. Das ACK-Motto zum 500-Jährigen weise den Weg: Man wolle „Versöhnt miteinander“ umgehen. Dieckmann erinnerte auch an die kleineren ACK-Mitgliedskirchen und pries vor allem, wie erstaunlich die Zusammenarbeit mit der Orthodoxen Schwesterkonfession gewachsen sei.

Gehen die Kirchen auf

Augenhöhe miteinander um?

Zeit-Journalist Wolfgang Thielmann ließ es sich bei aller Freude über das Erreichte nicht nehmen, den Finger in noch bestehende Wunden zu legen. Auf seine Frage, ob die Kirchen wirklich schon auf Augenhöhe miteinander umgingen, antwortete Bischof Wiesemann: „Ja, die Evangelische Kirche ist für die Katholische nicht nur eine kirchliche Gemeinschaft, sondern eine Kirche.“ Ob denn die Katholische Kirche 2017 als Anlass zum Gedenken oder zum Feiern sehe? 2017 sei für beide Kirchen ein Jahr des gemeinsamen Christusfests, so Bischof Wiesemann. 2017 freue man sich, gemeinsam zu feiern, und ab 2018 werde man die bestehenden Fragen weiter bearbeiten, fügte Bischof Dröge hinzu. Diskussionsbedarf bestünde etwa auch in Fragen des geistlichen Amts oder der sexuellen Orientierung. Und wie sei es mit der Rolle der Frau, warum dürfe die in der Katholischen Kirche kein geistliches Amt übernehmen, kam bald aus dem Publikum. Müsse man nicht zuerst daran weiterarbeiten, dass christliche Werte und der christliche Glaube überhaupt wieder mehr Nachhall im Alltag fänden, meinten andere Zuhörer. „Jedermann schneidet gern die Bretter da, wo sie am dünnsten sind. Man bohrt nicht gern durch dicke Bretter“, zitierte Moderatorin Hagenberg-Miliu am Ende noch einmal Martin Luther. Hier in Maria Laach habe man sich an ein paar dickere Bretter rangewagt. „Aber es gibt sicher zum Thema nötige Reformen noch ein paar weitere Bretter zu bohren.“