„OKUJA“ Bad Neuenahr-Ahrweiler präsentierte zweiten „Poetry Slam“

Von „Seemannsgarnverkäufern“und „No-Go-Areas“

Von „Seemannsgarnverkäufern“
und „No-Go-Areas“

Boten Poetry Slam vom Feinsten (von links): Kathi Hopf, Christian Gottschalk, Simon Slomma und Frau Lore. DU

Von „Seemannsgarnverkäufern“
und „No-Go-Areas“

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Bad Neuenahr-Ahrweiler. Zahlreiche Kulturveranstaltungen, von Musik nahezu jedes Genres bis hin zu Kabarett und bildender Kunst gastierten im Laufe der Jahre in der Ehemaligen Synagoge Ahrweiler. Einen „Poetry Slam“, den kürzlich die Offene Kinder und Jugendarbeit (OKUJA) der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler eben dort veranstaltete, sieht man aber auch in der Synagoge nicht alle Tage. Beim „Poetry Slam“, der 1986 in Chicago entstand und sich in den 1990er Jahren weltweit verbreitete, handelt es sich um einen Dichterwettstreit oder, etwas martialisch ausgedrückt, um eine „Dichterschlacht“. Dabei tragen die Poetry-Slam-Dichter dem Publikum selbstverfasste Kurztexte vor, die von diesem anschließend mittels Handzeichen und Applaus bewertet werden. Die deutschsprachige Slam-Szene gilt nach der Englischsprachigen als zweitgrößte weltweit. Mit Lasse Samström alias Albrecht Lahme war es den OKUJA-Machern gelungen, einen der deutschen „Top-Slammer“ an die Ahr zu locken. Kein Wunder, stammt dessen Vater doch aus dem nahe gelegenen Dernau, wie der in Bonn lebende Samström gleich in seiner Begrüßung zu berichten wusste. Ihm war es dann auch vorbehalten, die zweite Auflage des OKUJA-Poetry-Slam zu moderieren – und wie, glich doch seine unterhaltsame, pointierte und immer perfekt der Situation angepasste „Moderation“ quasi einem „Slam im Slam“. „Heute ist ein schlechter Tag für Europa aber ein grandioser Tag für Ahrweiler“, sagte Samström im Hinblick auf den am Morgen verkündeten „Brexit“ der Briten.

Kratzer auf der Seele

Doch auch die an diesem Abend auftretenden Slammer sind in der Poetry-Slam-Szene längst keine Unbekannten mehr. Den Auftakt machte „Kathi Hopf“ aus Koblenz, die ein wahres Wortfeuerwerk abbrannte. Da ging es um Gefühle, hohe Mauern, Kratzer auf der Seele und innere Zerrissenheit. Die nachdenkliche Seite des Poetry Slam. Ihr folgte der in Köln lebende Christian Gottschalk, der auch als Autor des Buches „Vereinigung der Freunde des Münzfernglases“ überregionale Bekanntheit erlangte und bundesweit auftritt. In seinem irrwitzigen Text nahm er sowohl „Fairtrade“-Produkte als auch den alltäglichen Wahnsinn in deutschen Supermärkten aufs Korn. Danach enterte Simon Slomma aus Remagen-Kripp die Bühne. Er beschrieb den chaotischen Tagesablauf dreier offenbar noch recht junger Freunde samt einem psychisch auffälligen „Scheidungskind“. Indes entpuppten sich die gefühlten Kinder später als 27-jährige. Sehr zur Erheiterung des Publikums. Vierte im Slammer- Bunde war „Frau Lore“ aus dem Ruhrgebiet, die die Trennung von ihrem Freund auf humoristische Weise verarbeitete. Die Performance von „Frau Lore“ war zugleich das Ende der ersten Halbzeit, nach der die Zuschauer Kathi Hopf zur Siegerin und somit ersten Finalistin wählten. In der zweiten Halbzeit, die erneut Poetry Slam vom Feinsten zu bieten hatte, musste sich dann der Final-„Gegner“ von Kathi Hopf herauskristallisieren.

„Ich bin nicht spontan“

Für die Besucher im wahrsten Sinne des Wortes die „Qual der Wahl“. Simon Slomma bot auf einem „TUI“-Schiff Seemannsgarn für drei Euro das Kilo an und machte auf die schwerwiegenden Probleme der Seemannsgarnverkäufer aufmerksam. Kathi Hopf erwies sich erneut als nachdenkliche Wortakrobatin, „Frau Lore“ wusste mit einem spannenden Selbstporträt zu begeistern, frei nach dem Motto „Ich bin nicht spontan. Es sei denn, ich hatte Zeit mich auf die Spontanität einzustellen.“ Christian Gottschalk berichtete von Ü40-Partys und Geschäften mit dem Duft aromatisierter Radiergummis als „No Go-Areas“ und sicherte sich damit den Einzug ins Finale. Dort behielt schließlich Kathi Hopf die Oberhand, die vom begeisterten Publikum zur Siegerin gekürt wurde. Doch auch für die anderen „Slammer“ war der Applaus nicht wirklich leiser. Dies traf auch auf Chris Rieger zu, der den Abend am Klavier mit eigenen Stücken begleitete. Als Zugabe intonierte zum Schluss „Steffi“ eine gefeierte Unplugged-Version des Cranberries-Klassikers „Zombie“. Verantwortlich für den Poetry Slam in Ahrweiler waren Christoph Kirsch, Anki Glöde, Lydia Fahrenbach und Maša Baltes, die dieses Projekt im Rahmen ihrer Ausbildung zum Gruppenleiter bei der „OKUJA“ realisierten.