Erstes Griesson-de-Beukelaer-Radrennen in Polch

Die Premiere ist mehr als geglückt

Die Premiere ist mehr als geglückt

Siegerehrung der U-15-Klasse (v.li.): Anton Reiter, Vorsitzender des VfB Polch, Abteilungsleiter Jürgen Schütt, Tom Bode, Luis Burghardt, der Drittplatzierte Max Dulleck vom VfB Polch und Udo Rudolf, Präsident des Radsportverbandes Rheinland-Pfalz.

Die Premiere ist mehr als geglückt

Im Hauptrennen siegte Julian Braun (Mitte) vor Teamkollege Max Walscheid (2.v.re.) und Lars Becker (2.v.li.) vom RV Blitz Spich. Die Siegerehrung übernahm VfB-Abteilungsleiter Jürgen Schütten (li.) und Peter Gries (re.), Pressesprecher von Griesson-de Beukelaer.SK

Die Premiere ist mehr als geglückt

Polch. Die Profi-Radsportszene blickte am Sonntag gespannt nach Italien, wo sich beim Frühjahrsklassiker Mailand-San Remo mit dem Deutschen John Degenkolb vom Team Giant-Alpecin zumindest einer der Mitfavoriten nach 294 Kilometern den Sieg sicherte. Die rheinland-pfälzischen Pedaleure versammelten sich zeitgleich in Polch beim ersten Griesson-de-Beukelaer-Radrennen. Über 700 Teilnehmer waren am Start - und das Hauptrennen der Klasse KT und A/B über 120,9 Kilometer endete mit einem Überraschungserfolg des erst 19-jährigen Julian Braun aus Kirchen im Westerwald vom Team Kuota-Lotto. Sein Teamkollege, der deutsche U-23-Straßenmeister Max Walscheid aus Neuwied, musste sich mit Platz zwei zufrieden geben. Und allerorten gab es nur zufriedene Gesichter.

Das größte Lob kam aus berufenem Mund. „Es ist schon Wahnsinn, was der Veranstalter hier auf die Beine gestellt hat. Für die Region hat das Rennen sicherlich eine riesige Bedeutung. Und gerade für den Nachwuchs ist es sehr bedeutsam, sich bei einer solchen Veranstaltung präsentieren zu können“, zog Ex-Profi Torsten Schmidt aus Bad Neuenahr-Ahrweiler ein äußerst positives Fazit. Torsten Schmidt? Genau, der Sportliche Leiter des russischen Pro-Tour-Teams Katusha saß nicht etwa bei Mailand-San Remo im Mannschaftswagen, sondern kehrte zurück zu den Wurzeln. Mit Ehefrau, Hund und seinen beiden Söhnen Jesper und Torge. Ob seine beiden Kinder einmal in seine Fußstapfen treten? „Das müssen wir abwarten, jedenfalls gibt es keinen Druck von zu Hause. Wichtig ist, dass wir den Nachwuchs für unseren wunderbaren Sport begeistern und dass sich das Rennen hier in Polch etablieren kann.“

Schmidts älterer Sohn Torge kam im U-13-Rennen auf den neunten Platz, der jüngere Sohn Jesper schaffte es im U-11-Wettbewerb als Zweiter immerhin aufs Podest. Erst kurz nach dem letzten Kreisel musste er den Kontakt zum späteren Sieger abreißen lassen. Als Trainingspensum spult der Neunjährige etwa 50 Kilometer in der Woche ab, zumeist auf Rad- und Wirtschaftswegen, „weil der Respekt der motorisierten Verkehrsteilnehmer doch fehlt“, wie Vater Torsten versicherte. Und auf der 700 Meter langen Steigung hinauf zur Lourdes-Kapelle bei Bachem werden die Sprösslinge der Familie Schmidt auf Herz und Nieren geprüft. Früh übt sich, was ein Meister werden will. Für das Familienoberhaupt war das Rennen in Polch eine willkommene Abwechslung - und bot Zeit zum Abschalten. Selbst das Telefon lag die ganze Zeit im Auto. So bekam der Ex-Profi noch nicht einmal mit, dass sich Katusha-Fahrer Alexander Kristoff aus Norwegen bei Mailand-San Remo als Vorjahressieger diesmal mit Platz zwei begnügen musste. Kein Problem für Schmidt, der sich in den nächsten Wochen vermehrt bei den Klassikern in Belgien, Frankreich und der Niederlande aufhalten wird: „Im Jahr bin ich an 155 Renntagen im Einsatz, da genieße ich hier einfach die Zeit mit meiner Familie.“

Max Dulleck und

Katharina Eggers vom VfB Polch

machten ein gutes Rennen

120 Kilometer in der Woche sitzt Max Dulleck (13) aus Kadenbach im Westerwald im Frühjahr, Sommer und Herbst auf dem Sattel, im Winter warten das Mountainbike und die Rolle. Der frühere Mountainbiker gehört seit etwa einem Jahr der Radsport-Abteilung des VfB Polch an, weil sich der Verein auf das Rennradfahren spezialisiert hat. „Ein Freund hat mich in der Grundschule zum Fahrradfahren animiert“, erzählte Dulleck, der bei seinem Renn-Debüt für den VfB Polch gleich aufhorchen ließ und den Sprint um den zweiten Platz des U-15-Rennens für sich entschied. Ein Beweis für die gute Jugendarbeit des 139 Mitglieder starken Vereins, ebenso wie die Leistung der 23-jährigen Katharina Eggers aus Mertloch, die sich im stark besetzten Frauen-Rennen einen glänzenden achten Platz sicherte. „Ich habe intensiv auf dieses Rennen hingearbeitet. Es hat sich ausgezahlt“, verdeutlichte Eggers, Fahrerin und Pressewartin des Vereins in Personalunion. Kein Wunder: Seit Januar hat sie schon 3000 Trainingskilometer auf dem Buckel.

Premiere mehr als geglückt

„Chapeau, chapeau“, wagte Peter Gries, der Pressesprecher der Firma Griesson-de Beukelar, einen Ausflug ins Französische. „Trotz der kühlen Witterung ist die Premiere mehr als geglückt. Es ist schon beeindruckend, was der Verein VfB Polch aus dem Boden gestampft hat. Alles war durchdacht und gut strukturiert. Wahnsinn, welche Leistung Behörden und Helfer wie Feuerwehr, Polizei und DRK gestemmt haben. Ich persönlich hätte mir zwar mehr Zuschauerzuspruch erwartet, aber das ist Klagen auf hohem Niveau. In Zukunft müssen wir die Bevölkerung noch mehr für diese Veranstaltung sensibilisieren, aber solche Kinderkrankheiten sind nach einer Erstlingsgeburt völlig normal.“ Ob es im nächsten Jahr eine Fortsetzung gibt? „Davon gehe ich zu 98 Prozent aus. Und an den restlichen zwei Prozent wird der Verein schon noch schrauben. Der VfB Polch jedenfalls hat hier und heute eine Duftmarke gesetzt.“

Das sah Stadtbürgermeister Gerd Klasen ähnlich. Unfassbare Arbeit hätten die Vereinsmitglieder geleistet. „Für die Außendarstellung der Stadt hat der VfB Polch unheimlich viel getan“, so Klasen. „Die Mitglieder haben in ganz Rheinland-Pfalz Aufmerksamkeit erregt. Kompliment ans Ehrenamt.“ Dennoch musste sich Klasen, der im Vorfeld angekündigt hatte, für schönes Wetter zu sorgen, an die eigene Nase zu fassen. Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt und der eisige Nord-Ost-Wind machten den Radsportlern gehörig zu schaffen. „Na ja, einen Teilerfolg haben wir erreicht, es ist trocken geblieben. Es hätte auch schneien oder hageln können. Wir üben noch. Und vielleicht ist es den Teilnehmern sogar lieber, bei solch widrigen Temperaturen zu fahren als bei 30 Grad im Schatten.“

Bestätigt wurde das Polcher Stadtoberhaupt von Udo Rudolf aus Mehlingen bei Kaiserslautern, Präsident des Radsport-Verbandes Rheinland-Pfalz: „Es gibt im Radsport Bergfahrer und welche, die sich im flachen Terrain wohler fühlen. Genauso hassen manche die Kälte und haben ihr inneres Thermometer eher auf 25 Grad plus eingestellt. Fakt ist: Der Verein ist absolut auf dem richtigen Weg, hat einen guten Termin gewählt und durch die gut neun Kilometer lange, selektive Runde dafür gesorgt, dass sich diese Auftaktveranstaltung wie ein richtiges Straßenrennen angefühlt hat. Es ist jedenfalls besser, als viermal zwei Kilometer um die Ecke zu fahren.“

Erfreut über die Lobeshymnen zeigte sich natürlich der Vorsitzende der Radsport-Abteilung des VfB Polch. „Wir sind in den vergangenen Monaten organisatorisch in die Vollen gegangen, aber es hat sich gelohnt“, erklärte Jürgen Schütt aus Mertloch. Nachdem er 2009 den Vorsitz übernommen hatte, seien neue Strukturen geschaffen worden. „Und mit diesem Rennen geben wir gleichzeitig unseren Jugendlichen die Chance, sich zu präsentieren, und dem Radsport die Möglichkeit, noch mehr an Popularität zu gewinnen. Wir scheuen uns nicht davor, dass das Rennen im nächsten Jahr seine Fortsetzung findet.“ Die schmalen Wirtschaftswege und die Steigung zwischen Kerben und Kaan hätten für „belgischen Radsport-Flair“ und Stimmung wie bei einem „Frühjahrsklassiker“ gesorgt.

Leichte Verärgerung war nur kurz vor dem Hauptrennen zu spüren, das 15 Minuten später und mit einer neutralisierten Runde gestartet wurde. Julian Kirchen aus Kirchen (Team Kuota-Lotto) war das egal: Der 19-Jährige machte sich acht Kilometer vor dem Ziel aus dem Staub. „Ich kann es noch gar nicht richtig fassen“, suchte der starke Zeitfahrer im Ziel nach Worten. „Ich habe einfach Vollgas gegeben und mich nicht mehr umgeschaut. Die Lücke blieb bis zum Schluss gleich groß. Am letzten Kreisel wusste ich dann, dass es für den Sieg reichen würde.“ Der große Favorit Max Walscheid, Brauns Teamkollege, nahm es gelassen: „Julian hat viel für mich gearbeitet. Wir wussten, dass sich beim Zielsprint alles auf mich konzentrieren würde. Da haben wir eine andere Option gezogen. Es hat alles gepasst.“ Genau wie (fast) alles beim ersten Griesson-de-Beukelaer-Radrennen in Polch.