Brückenklasse der Waldorfschule Neuwied ist ein Erfolgsprojekt

Wenn Kinder noch Zeitzur Schulreife benötigen

Wenn Kinder noch Zeit
zur Schulreife benötigen

Der Morgenkreis wird bei gutem Wetter auch gerne mal nach draußen verlegt.privat

Neuwied. Seit dem Schuljahr 2014/2015 bietet die Waldorfschule Neuwied die sogenannte Brückenklasse an. Sieben Schülerinnen und Schüler haben in diesem ersten Schuljahr noch etwas Zeit bekommen, um die nötige Reife zu erlangen für die Welt der Buchstaben und Zahlen. Die Kinder sind alle schulpflichtig, das heißt, sie hätten nach dem geltenden Gesetz eigentlich eingeschult werden müssen.

In der kleinen Gruppe ist viel Vertrautheit entstanden in den vergangenen Monaten. Die festen Rituale und klaren Regeln geben den Kindern Sicherheit und Selbstbewusstsein.

Im täglichen Morgenkreis wird im Kerzenschein von den spannenden Erlebnissen des Vortages erzählt. Weiter geht es mit Liedern, Reimen und Fingerspielen. Zur anschließenden Geschichte wird gemalt, bevor die Kinder zu verschiedenen Themen unterrichtet werden. „Es ist noch ein bisschen Kindergarten, immer mehr Schule, aber noch ganz viel Zeit fürs Spiel“, beschreibt Susanne Meyer-Fredrich die Brückenklasse. Sie und Marion Kentrup-Klein betreuen die Gruppe. „Es ist eine große Freude, diese Kinder auf dem Weg zur Schulreife begleiten zu dürfen und zu sehen, dass diese Zeit so viel bewirkt“, so Marion Kentrup-Klein.

Für die Kinder ist die gewonnene Zeit eine ganz wichtige Phase, in der sie die für die Einschulung notwendige Entwicklung machen dürfen. Das Aufnahmeteam an der Waldorfschule schaut sich die Vorschulkinder vor der eigentlichen Einschulung genau an und achtet auf ganz profane Dinge: Kann das Kind auf einem Bein hüpfen? Hat es eine gewisse Ausdauer? Wie viel kann es sich schon merken? Weiß es, wo es wohnt? Ist die „Seitigkeit“ beim Kind schon ausgebildet? Darüber hinaus gibt es soziale und emotionale Entwicklungsmerkmale. Stellt das Aufnahmeteam fest, dass das Kind in wesentlichen Bereichen noch nicht ganz schulfähig ist, empfiehlt es den Eltern die Brückenklasse.

Förderung ist speziell ausgelegt für sechsjährige Kinder

„Das Tolle an der Brückenklasse ist, dass wir hier speziell die sechsjährigen Kinder fördern können“, sagt Marion Kentrup-Klein. Jeder Tag hat einen Schwerpunkt. Montags folgt nach dem Morgenkreis Eurythmie, dienstags liegt die Betonung im sprachlich-musikalischen Bereich sowie im Formenzeichnen als Schulung der ersten bewussten Vorstellung und des Schreibens . Mittwochs folgt Handarbeit, donnerstags ist Waldtag, und freitags sind die Kinder künstlerisch-kreativ tätig. Auch erstes Rechnen wird geübt. Sei es durch das „Maßnehmen“ beim Backen oder auch in Reimen und Reihen. Untergebracht ist die Brückenklasse in den Räumlichkeiten über dem Waldorf-Kindergarten „Wiedwichtel“. Hier gibt es ein Bauzimmer mit Matratzen und Kissen, eine Stube mit Spielhaus und Küche sowie ein Zimmer zum Entspannen, Spielen und zur ruhigen Beschäftigung. „Die ganz aktiven Schüler dürfen bei der Zubereitung des gemeinsamen Frühstücks mithelfen“, sagt Susanne Meyer-Fredrich. „Gestärkt von dem Frühstück drängt es uns nach draußen, zum Spielen, Buddeln oder einem gemeinsamen Spaziergang.“

Spiel und Bewegung

haben einen hohen Stellenwert

„Wir lernen hüpfend, rollend, laufend und stampfend - all unsere Sinne sind angesprochen. Die Sinneserfahrungen sind Grundlage für die Entwicklung unserer Denkfähigkeit. Körperliche Beweglichkeit gibt geistige Beweglichkeit, das leiblich-seelische Lernen geschieht wie nebenbei“, sagt Marion Kentrup-Klein. Alle Kinder, die die jetzige Brückenklasse besuchen, sind ab Mai 2008 geboren. Nachdem nun fast ein Jahr vergangen ist, sind alle Brückenklassenkinder schulreif geworden. Ein echtes Erfolgsprojekt.

„Die Kinder haben ein für sie notwendiges Entwicklungsjahr gewonnen“, sagt Marion Kentrup-Klein, „diese Zeit konnten sie nutzen, um die Basissinne zu schulen, viele Sinneserfahrungen zu machen, und so wichtige Voraussetzungen zum Lernen zu entfalten. Ist ein Kind schulpflichtig, aber noch nicht schulreif, sollte es die Zeit und die Unterstützung für die notwendige Entwicklung bekommen, denn das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht“, sagt Marion Kentrup-Klein.

Weitere Informationen

Für das kommende Schuljahr 2015/2016 gibt es noch freie Plätze in der Brückenklasse. Eine Ganztagesbetreuung ist möglich. Wer sich für einen Platz oder weiterführende Informationen interessiert, kann sich an das Sekretariat der Waldorfschule Neuwied wenden und einen Termin vereinbaren oder Informationsmaterial anfordern. Tel. (0 26 31) 9 64 20, Frau Müller, Internet: www.waldorfschule-neuwied.de.