150 Besucher bei der Informationsveranstaltung der Bürgerinitiative „Wir lieben Sinzig“

Die Bürger sind wütend über die Planungen auf dem Rickgelände

29.06.2015 - 15:59

Sinzig. Volles Haus in Freiwegheim: Über 150 Sinziger waren zur ersten Informationsveranstaltung der Bürgerinitiative „Wir lieben Sinzig“ gekommen.


Ein klares Ziel


Die Zielsetzung der Bürgerinitiative ist klar: „Wir wollen das Nahversorgungszentrum verhindern und stehen für eine umweltverträglich schonende Nutzung des Areals etwa mit Wohnbebauung,“ unterstrich einer der Sprecher der Initiative, Andreas Geron noch einmal. Und die Bürgerinitiative hat eifrig Unterschriften gesammelt. Über 3.000 waren es am Tag der Veranstaltung.


Emotional besetztes Thema


Es wurde deutlich, dass die Planungen für ein Nahversorgungszentrum auf den 22.000 Quadratmeter großen Rickgelände die Bürger wütend machen. Warum ausgerechnet dieses Thema so emotional besetzt ist, ist teilweise schwer verständlich. Die Bürgerinitiative selbst bemühte sich, die Veranstaltung ruhig und sachlich über die Bühne zu bringen. Dies galt für die Stellungnahmen einiger Mitglieder der Initiative zu Beginn der Veranstaltung. Aber auch für die Moderation des Abends. Denn die Moderation hatte Nikolaus Wilhelmy übernommen, den man sich sozusagen beim Bürgerforum ausgeliehen hatte. Der Moderator bekam die Veranstaltung so gut es eben ging in den Griff. Und Wilhelmy hatte durch Abfragen per Hand heben auch eine ganze Reihe Grundsatzfragen geklärt. Die Gegner des Projekts, die an diesem Abend natürlich einmal mehr deutlich in der Überzahl waren, sind eben nicht nur Anlieger des Dreifaltigskeitsweg oder der Albert Schweizer Straße. Der überwiegend größere Teil kommt aus dem gesamten Stadtgebiet. Vertreten waren am Abend auch viele Gewerbetreibende und viele Mitglieder der städtischen Ausschüsse, des Ortsbeirates und des und Stadtrates. Die hatten es allerdings schwer: Denn sowohl Karl-Heinz Arzdorf und Pia Wasem von der CDU als auch Hartmut Tann sowie Felix Blaich von der SPD kamen mit ihren Stellungnahmen nicht an. Zusammengefasst führten die Ratsmitglieder aus. „Wir haben die Bauleitplanung auf den Weg geschickt, um offene Fragen beantwortet zu bekommen die Diskussion im Rat bleibt vollkommen ergebnisoffen“. Die Reaktionen waren aus Sicht der Kommunalpolitiker mit Sicherheit nicht fair.


Engagiert doch befangen


Der Abend brachte aber eine ganze Reihe neuer Informationen und anderer Sichtweisen. Dazu hatte sich die Bürgerinitiative „Wir lieben Sinzig“ fachkundige Hilfe geholt. Grundsatzreferate gab es von Dr. Hans-Otto Sprengnetter von der gleichnamigen weltweit tätigen Immobilienbewertungsfirma und Uli Braun vom Einzelhandelsinstitut Stadt und Handel aus Dortmund. Beide erklärten offen und ehrlich, dass sie durchaus befangen in ihren Vorträgen gehen. Sprengnetter etwa durch viele verwandtschaftliche Verbindungen an die Familie Rick und Ulf Braun räumte ein, dass seine Firma die vorgestellte Studie im Auftrag von Rewe durchgeführt hat. Sprengnetter etwa lieferte ein fast einstündiges Grundsatzreferat zur rechtlichen und planrechtlichen Situation rund um das Rickgelände. Er tat dies engagiert und teilweise wohl auch bewusst provokativ in Richtung Stadtpolitik und Stadtspitze. „Das Einkaufszentrum schädigt viele Bürger und schafft Unfrieden und diese auf Jahre hinaus“, so Sprengnetter weiter, der eine Flut von Klagen gegen einen Bebauungsplan oder eine etwaige Baugenehmigung prophezeite. „Das Eigentums und Planungsrecht verbieten die Etablierung eines Einkaufszentrums an dieser Stelle“, so Sprengnetter weiter. Und es kam noch mehr Klartext. Von „städtebaulichen Unsinn“ und der Tatsache, dass das Projekt verantwortungslos betrieben und durchgepaukt wird, war die Rede. „Die gesamte Planung ist wahrscheinlich rechtswidrig“, so der Stadtplaner, der sich sicher ist, dass das Vorhaben letztlich von den Gerichten entschieden werden wird. Und es ging auch um die finanziellen Aspekte ein. Er nannte die Zahl 800.000 Bau als Grundstückswert, dem eine Wohnbebauung auf rund 1,2 Millionen Euro steigern würde. Mit einem Einkaufszentrum läge der Grundstückswert aber dann gar bei vier oder fünf Millionen Euro.


Ungeahnte Auswirkungen


Ein vollkommen anderes Szenario als Dr. Thomas Schwarz aus Münster, bei seiner Vorstellung der Erweiterung des Nahversorgungsgebietes in Sinzig zeichnete, lieferte Ulf Braun vom renommierten Unternehmen „Stadt und Handel“. Hatte Schwarze das erschreckende Szenario an die Wand gemalt, das Edeka und Aldi, die Stadt verlassen könnten, wenn sie sich an ihrem bisherigen Standorten nicht erweitern durften, so sah der Mann von "Stadt und Handel" dies vollkommen anderes. Für Braun ergeben sich mit einer Realisierung dieses Projekts ungeahnte Auswirkungen auf die Innenstadt. Denn in einer Grobrechnung kam er zu dem Schluss, dass 2,7 bis 3 Millionen aus der Innenstadt und aus den Kassen der großen Lebensmittelhändler abgesaugt werden könnten. „Das sorgt für negative städtebauliche Auswirkungen“, so Braun weiter. Er nannte eine Schließung des Rewe Standortes in Sinzig unter diesen Voraussetzungen für sehr wahrscheinlich und hielt eine Abwanderung von Kaufland für möglich. Zudem könnten viele Sinziger kleine Einzelhändler von Großprojekt mit der Umsiedlung von Aldi, Rossmann und Edeka sowie eines neuen Getränkemarktes und eines Textilgeschäftes betroffen sein. Die Erweiterung des Nahversorgungsbereichs von Sinzig hin zum Rickgelände nannten die Dortmunder wenig plausibel. Letztlich sei das Gelände fußläufig zu weit von der wirklichen Innenstadt entfernt, hieß es. Deutlich feststellbar: die Gegner des Nahversorgungszentrums hatten weder bei der zweiten Bürgerversammlung den Ausführungen von Dr. Schwarze geglaubt, noch sorgten die Ausführungen von Braun für Erschrecken. Im Freiwegheim betrachtete man den Istzustand des Einzelhandels in Sinzig als ideal und will keine großen Veränderungen.


Bauleitplanung zur Einsicht


Seit dem 25. Juni und noch bis zum 24. Juli liegt die Bauleitplanung zu jedermanns Einsicht in Zimmer 102 der Sinziger Verwaltung aus. Dort können auch Einsprüche und Einwände angebracht werden. Die Diskussionen rund um das Nahversorgungszentrum werden wohl noch munter weiter gehen, auch weil die Bürgerinitiative „Wir lieben Sinzig“ mehr und mehr Zuspruch in der Bevölkerung findet. Vor allen Dingen für die Mandatsträger im Ortsbeirat und Stadtrat dürften angesichts des riesengroßen Drucks die Entscheidungen nicht einfach werden. Im Internet sind die Unterlagen der Bauleitplanung unter http://www.sinzig.de/rathaus-sinzig/downloads/informationen/offenlagen/ für jeden einsehbar.

Artikel bewerten

rating rating rating rating rating
06.07.2015 08:25 Uhr
anonymus

Zum Thema Simmobilia und deren glorreichen Wirken empfehle ich die Lektüre eines anderen Artikels:

http://www.blick-aktuell.de/Politik/Kleiner-Park-und-Parkplaetze-51595.html



04.07.2015 11:11 Uhr
Armin Linden

Vor Jahren gab es in Sinzig eine GbR "Simmobilia". Die kaufte u. baute speziell in Sinzig auf maroden Grundstücken z.T. Neue Wohn- u. Geschäftshäuser. Jede Idee - Neue Aspeke damals in Sinzig zu etablieren, wurde seitens der Stadt (CDU) jeweils fast immer zum Erliegen gebracht. Dabei war die Idee - Sinziger Geschäftsleute + Bürger zu einer Art Investment-Gesellschaft zusammen zu bringen. Diese erstellten dann gemeinsam die Planungen u. Gebäude ! Vieles war, wenn ich heute lese was immer noch los ist in Sinzig, seiner Zeit voraus. Die Stadt brachte fast jedes Projekt in Sinzig, von guten Architekten, zum erliegen ! Jedes Angagement - heute wieder gewünscht, auch seitens der Bürger, platt u. negiert. "Yes we Can" gilt nicht für Deutschland. Schade. Heute strotzt Sinzig als "Discounterland" ! Kulturell völlig versagt !



Kommentare können für diesen Artikel nicht mehr erfasst werden.
Stellenmarkt
Weitere Berichte

Fassungslosigkeit und Entsetzen bei Angehörigen und Beobachtern

Ex-Landrat wird nicht angeklagt: Einstellung des Verfahrens schlägt hohe Wellen

Kreis Ahrweiler. Die Staatsanwaltschaft Koblenz hat am 17. April 2024 das Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen Landrat des Landkreises Ahrweiler und den Leiter der Technischen Einsatzleitung (TEL) während der Flutkatastrophe an der Ahr 2021 eingestellt. Die umfangreichen Ermittlungen ergaben keinen ausreichenden Tatverdacht, der eine strafrechtliche Verurteilung ermöglichen würde. Dem Leitenden... mehr...

Polizei bittet Verkehrsteilnehmer keine Anhalter mitzunehmen

Andernach: Fahndung nach flüchtigen Personen und dunklem BMW

Andernach. Seit Mittwochabend, 17. April, gegen 22.37 Uhr finden im Bereich Andernach umfangreiche polizeiliche Fahndungsmaßnahmen nach flüchtigen Personen statt. Gefahndet wird nach einem dunklen 5er BMW mit Mönchengladbacher Kennzeichen (MG). Bei Hinweisen auf das Fahrzeug wird gebeten, sich umgehend mit der Polizei Koblenz unter 0261/92156-0 in Verbindung zu setzen. Nach derzeitiger Einschätzung besteht keine Gefahr für die Bevölkerung. mehr...

Regional+
 

Unfallfahrer konnte sich nicht an Unfall erinnern

Neuwied: Sekundenschlaf führt zu 20.000 Euro-Schaden

Neuwied. Am Montag, 15. April ereignete sich gegen 16.35 Uhr ein Verkehrsunfall auf der Alteck. Ein PKW wurde im Seitengraben vorgefunden, während ein weiteres Fahrzeug auf der falschen Fahrbahnseite zum Stehen kam. mehr...

Die Veranstalter rechnen voraussichtlich mit 500 Teilnehmern

Demo in Ahrweiler: Wilhelmstraße wird gesperrt

Bad Neuenahr-Ahrweiler. Am Sonntag, den 21. April 2024, findet in Bad Neuenahr-Ahrweiler eine Versammlung unter dem Titel „Sei ein Mensch. Demokratie. Wählen“ statt. Die Veranstalter erwarten etwa 500 Teilnehmer. Aufgrund des geplanten Demonstrationszuges wird die Wilhelmstraße zeitweise gesperrt sein. mehr...

Anzeige
 
Sie müssen angemeldet sein, um einen Leserbeitrag erstellen zu können.
LESETIPPS
GelesenNeueste
Kommentare

„Von der Wiege bis zur Bahre“

S. Bull:
Die Nordart ist eine absolut empfehlenswerte und grandiose internationale Ausstellung von hohem Niveau! Wer in der Region Urlaub macht oder aus sonstigen Gründen in den Norden reist, sollte sich für einen Besuch der Nordart unbedingt Zeit nehmen! Oder auch nur deswegen dorthin fahren - es lohnt sic...

Er träumte von einer Künstlerkolonie in Mendig

ämge:
Peter Mittler war ein großer Träumer mit großen Träumen. Er war ein Getriebener, ein Schaffer ein Erschaffer. Ich sehe ihn immer noch vor mir, in seiner Werkstatt, egal ob an heißen Sommertagen oder im tiefsten Winter bei minus Graden, fortwährend an irgendwelchen Objekten modelierend oder mit dem Schweißgerät...
Jürgen Schwarzmann :
Für alle Betroffenen im Ahrtal ist die Entscheidung der Staatsanwaltschaft schwer nachzuvollziehen. Ich hätte mir schon gewünscht, dass das Verfahren eröffnet worden wäre um so in einem rechtsstaatlichen Verfahren und einer ausführlichen Beweisaufnahme die Schuld bzw. Unschuld festzustellen. Die Entscheidung...
K. Schmidt:
Wenn ich das richtig sehe, gab es, bevor der Landkreis/Landrat die Einsatzleitung übernahm bzw. übernehmen musste, doch auch in den einzelnen Kommunen schon Leiter. Die staatsanwaltschaftlichen Arbeiten beziehen sich wohl nur auf Landrat bzw. dessen Kreisfeuerwehrleiter. Heißt das, darunter haben Herr...
Haftnotiz+
aktuelle Beilagen
Inhalt kann nicht geladen werden

 

Firma eintragen und Reichweite erhöhen!
Service