Bendorfer Stadtrat spricht sich gegen die Reaktivierung der Bahnstrecke aus

Entscheidung gefallen: Brexbachtalbahn bleibt auf dem Abstellgleis

Entscheidung gefallen: Brexbachtalbahn bleibt auf dem Abstellgleis

Die Brexbachtalbahn bleibt vorerst auf dem Abstellgleis: GM

Bendorf. In seiner jüngsten Sitzung hat sich der Bendorfer Stadtrat abschließend gegen die Reaktivierung der Bahnstrecke von Neuwied/Engers bis Grenzau ausgesprochen. Damit hat die seit vielen Jahren geführte Diskussion über die Wiederbelebung der historischen Bahnstrecke durch das romantische Brexbachtal mit Anbindung an die Rheinschiene sein Ende gefunden. Ausschlaggebend für die Ablehnung war die Faktenlage, die seitens der Stadt Bendorf Investitionen in Millionenhöhe erforderlich machen würde, die diese angesichts der angespannten Haushaltslage nicht stemmen kann.

Die wichtigsten Fakten:

1. Auf Grund der eindeutigen gesetzlichen Bestimmungen käme zur Querung des Kreisels nur eine höhenfreie Kreuzung, also eine kostenaufwendige Über- oder Unterquerung infrage. Eine kostengünstige Beschrankung des Bahnübergangs kann nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz (EKrG) und der Eisenbahn Bau- und Betriebsordnung (EBO) nur im Ausnahmefall genehmigt werden, und zwar nur dann, wenn weniger als 100 Fahrzeuge pro Tag diesen Teil der Brauereistraße befahren würden. Das tatsächliche Verkehrsaufkommen beträgt aber ein Vielfaches dieses Grenzwertes, an Wochentagen etwa 7000 Fahrzeuge täglich und an Wochenenden ca. 2500, die Genehmigung einer Schrankenanlage wurde deshalb durch das Mainzer Verkehrsministerium ausgeschlossen.

2. Voraussetzung für eine Förderung durch das Land Rheinland-Pfalz ist der Erwerb oder die langfristige Pacht der Streckengrundstücke durch die Stadt Bendorf oder mehrerer Kommunen, die einen Zweckverband zum Erwerb der Strecke bilden. Zur Klärung der Bereitschaft, sich in einem Zweckverband zusammen mit der Stadt Bendorf an der Reaktivierung der Strecke zu beteiligen sind der Landkreis Mayen-Koblenz, der Landkreis Neuwied, die Stadt Neuwied, die Verbandsgemeinde Höhr-Grenzhausen und der Westerwaldkreis angefragt worden. Das Ergebnis fiel negativ aus, es war niemand bereit, eine betragsmäßig unbegrenzte Haftung im Rahmen eines Zweckverbandes einzugehen. Angesichts der bekannten Haushaltslage der Stadt Bendorf ist es dieser nicht möglich, sich alleine finanziell in das Projekt einzubringen. Hinzu kommt noch, dass nach europäischem Recht auf der Strecke ein Diskriminierungsfreier Zugang gewährt werden müsste, ein Ausschluss von Güterverkehr also rechtlich nicht möglich ist.

Reaktivierung widerspricht wirtschaftlichen Interessent der Stadt

Nach den Ausführungen von Bürgermeister Michael Kessler ist es erklärtes Ziel des Stadtrates, die Hauptstraße in der Innenstadt zu verschönern und zu verbessern, um damit einen entscheidenden Impuls für die weitere Entwicklung der Innenstadt zu setzen. Dies ist erst möglich, nachdem die Bundesstraße 413, die über die Hauptstraße verläuft, von dieser weggenommen wurde. Die neue Streckenführung der B 413 soll über den B 42-Kreisel und die Brauereistrasse über den Normann-Kreisel auf die Koblenz-Olper-Straße führen. Bürgermeister Kessler: „Die Reaktivierung der Bahnstrecke widerspricht somit den wirtschaftlichen und den Entwicklungsinteressen der Stadt Bendorf. Wer die Stärkung der Bendorfer Innenstadt will, kann nicht gleichzeitig die Reaktivierung der Bahnlinie wollen.“

Für die CDU-Fraktion war Christoph Helling froh, dass die überwiegend emotional geführte Diskussion zur Bahnstrecke ein Ende gefunden hat, weg von den Glaubensfragen hin zu der nüchternen Faktenlage. Helling: „Wir sind jetzt an dem Punkt angelangt, wo wir als Ratsmitglieder abwägen müssen, da wir dem Gemeinwohl verpflichtet sind. Wir haben heute eine ausgearbeitete Faktenlage vorliegen und werden unserer Verantwortung dem Bürger gegenüber nur gerecht, wenn wir der Verwaltungsvorlage gegen eine Reaktivierung zustimmen.“

Insellösung denkbar

Auch Manfred Bauer von der SPD-Fraktion war sich der pragmatischen Sachlage bewusst. Bauer: „Die gesetzliche Lage ist so, dass es keine Ausnahmegenehmigung gibt. Wir haben nicht das Geld, um eine Unter- oder Überführung der Bahnstrecke am Kreisel zu finanzieren, trotz alledem ist die Brexeisenbahn für viele von uns ein Diamant, den man schleifen muss. Die Strecke von Neuwied/Engers bis Grenzau wird nicht möglich sein, aber wir könnten uns eine ‚Insellösung‘ vorstellen, die noch näher ausgearbeitet werden müsste.“

Thomas Beckgerd von den Grünen, der die Brexbachtalbahn nach seinen Angaben seit vielen Jahren auf verschiedenen Wegen begleitet hat, empfand es als Positivum, nach der Annahme des Beschlussvorschlags Prozesssicherheit für dieses Projekt zu erlangen. Beckgerd: „Dadurch, dass wir jetzt in der Lage sind, ein touristisches Konzept zu entwickeln, das auch eine klare Aufgabenbeschreibung für die Brexbachtalbahn enthalten könnte, wäre eindeutig zu definieren, wie das Projekt künftig zu gestalten ist. Wir entscheiden darüber, wie wir den Tourismus hier konzipieren und da kann die Brexbachtalbahn eine Rolle spielen.“

Überbauwerk wäre volkswirtschaftlicher Unsinn

Auch Herbert Speyerer von der FDP musste die gesetzliche Lage akzeptieren, bei der leider keine Ausnahme für eine kostengünstige Kreiselquerung möglich ist. Speyerer: „Wir als Stadtratsmitglieder müssen wirklich alle Vor- und Nachteile von vielen Projekten miteinander abwägen und im Ergebnis komme ich dann zu dem Schluss, dass ein Überbauwerk volkswirtschaftlicher Unsinn wäre. Ich kann nicht einerseits bei dem Projekt Sayner Hütte Sparsamkeit anmahnen und bei dem Projekt Brex mehr als 5 Millionen Planungskosten für den Steuerzahler befürworten. Trotzdem werde ich der Beschlussvorlage nicht zustimmen.“ Speyerer bemängelte in diesem Zusammenhang, dass sich die Vorlage zwar für eine touristische Nutzung der Bahnstrecke ausspricht, dort aber keine relevante Nutzung für einen Schienenverkehr zu erkennen sei.

Wilhem Eiter von der WUM-Fraktion kündigte ebenfalls Nichtzustimmung an.

Möglichkeiten einer künftigen Nutzung der Bahnstrecke offen

Sodann fasste der Stadtrat mit 28 Ja-Stimmen, 3 Nein-Stimmen und einer Enthaltung folgenden Beschluss:

1. Der Rat der Stadt Bendorf spricht sich gegen die Reaktivierung der Bahnstrecke Engers-Grenzau für jede Form von Bahnverkehr aus, die zu einer Kreuzungssituation zwischen Bahnverkehr und Straßenverkehr am Kreisel B42/Brauereistraße führt.

2. Die Verwaltung wird beauftragt, konsequent gegen alle Bestrebungen vorzugehen, die eine Kreuzungssituation gemäß Ziffer 1 herbeiführen können. Hierzu gehören erforderlichenfalls auch gerichtliche Maßnahmen.

3. Ob und in welchem Umfang eine Nutzung der historischen Bahnstrecke für touristische Zwecke erfolgen kann, soll im Rahmen eines zu erarbeitenden touristischen Gesamtkonzepts für die Stadt Bendorf geklärt werden.

Somit bleiben nach dem Punkt 3) des Stadtratsbeschlusses alle Möglichkeiten einer künftigen Nutzung der Bahnstrecke offen, man darf gespannt sein über den Umfang und die Richtung einer touristischen Einbindung der historischen Brexbachtalbahn.