Mediziner im Landkreis fordern Entbürokratisierung des Arztberufes
Ist die ärztliche Versorgung in Gefahr?
Plaidt. Nach Auskunft der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) sei das Verhältnis Einwohner und Ärzte im Landkreis Mayen-Koblenz ausgeglichen, sodass die ärztliche Versorgung zurzeit noch recht gut sei. Dies könnte sich jedoch in den nächsten Jahren ändern, da immer weniger Ärzte, die aus Altersgründen in den Ruhestand gehen, einen Nachfolger für ihre Praxen finden. „Es wird bereits seit vielen Jahren von manchen Politikern und Vertretern der Ärzteschaft vor einer drohenden Unterversorgung mit Ärzten im Land gewarnt“, sagt die CDU-Landtagsabgeordnete Hedi Thelen, die vor Kurzem zu einer Informationsveranstaltung ins Hotel Geromont nach Plaidt eingeladen hatte. Gemeinsam mit ihr diskutierten Dr. Klaus Sackenheim, stellvertretender Vorsitzender der KV Rheinland-Pfalz, die CDU-Bundestagsabgeordnete Mechthild Heil sowie der Internist und Allgemeinmediziner Dr. Wolfgang Fries aus Andernach über die Entwicklung der ärztlichen Versorgung im Landkreis.
„Obwohl einige es lange nicht glauben wollten, oder einige hofften, es werde nicht so schlimm, erleben wir heute die Schließung erster Arztpraxen“, verweist Thelen auf einige Beispiele aus der Region. So stehe in Plaidt die ehemalige Praxis Dr. Palenberg schon seit längerem leer und in Mendig habe Dr. Müller vor etwa fünf Jahren seine Allgemeinarztpraxis aus Altersgründen geschlossen, weil kein Nachfolger zu finden war. Dr. Glutting, ebenfalls Allgemeinmediziner in Mendig, habe das Rentenalter schon längst erreicht.
Der aktuelle Bedarfsplan (Stand Juni 2015) der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) weist im Bereich Andernach eine Versorgung von 105 Prozent und im Bereich Mayen sogar von 111 Prozent. Nach den Regelungen der Bedarfsplanung gilt ein Bezirk als überversorgt, wenn ein Grad von mehr als 110 Prozent erreicht ist. Demnach dürfen sich zurzeit im Bereich Mayen Ärzte nur niederlassen, wenn sie eine bestehende Praxis übernehmen. „Dass die Statistik geschönt sei“, wie von einigen Ärzten, die an der Diskussion teilnahmen, vermutet wurde, wies Klaus Sackenheim von der KV Rheinland-Pfalz zurück. „Die Stichtagzahlen seien verlässlich, erschütternd sei demgegenüber der Ausblick auf die nächsten fünf bis zehn Jahre.“
Es droht ein Mangel an Hausärzten
Denn von den 135 im Landkreis niedergelassenen Hausärzten seien 50 zurzeit 61 Jahre und älter. Auch wenn die Ärzte mittlerweile auch nach dem 67. Lebensjahr noch tätig sein dürfen, drohe ein Mangel an Hausärzten. „Denn die meisten Ärzte gehen mit 62 Jahren in den Ruhestand“, so Sackenheim.
Laut Meinung einiger Mediziner, die bei der Diskussionsrunde zahlreich vertreten waren, ist nicht nur das Alter der praktizierenden Ärzte ein Problem, sondern auch der mangelnde Nachwuchs. So würden viele Medizinabsolventen nicht den Arztberuf, sondern einen anderen Beruf wählen. Die Ursache lag für die meisten anwesenden niedergelassenen Ärzte klar auf der Hand: Demnach wären die zahlreichen bürokratischen Maßnahmen, wie beispielsweise die Abrechnungsbedingungen, nur einer der vielen Kritikpunkte. Weiter bemängelten die Ärzte den Bedarfsplan, der sich an Statistiken orientiere, aber am Problem vorbeigehe, sowie die Bevormundung der Ärzte, an der auch die KV beteiligt sei. „Die Ärzte gewinnen immer mehr den Eindruck, dass nicht Leistungswille, sondern Statistik bezahlt werde“, betonte Dr. Fries. Um junge Ärzte für den Beruf des Allgemeinmediziners zu begeistern, könne er sich ein „Pflichtjahr Allgemeinmedizin“ vorstellen, damit die Nachwuchs-Mediziner den Beruf besser kennenlernen „Wenn das Ganze finanziell unterfüttert werde, indem man den jungen Ärzten ein attraktives Einkommen biete, könne das durchaus Erfolg versprechend sein“, so Dr. Fries.
Dass einige Ärzte über mangelnde Wertschätzung in der Öffentlichkeit klagten, erstaunte insbesondere die Bundestagsabgeordnete Mechthild Heil: „Es gibt viele Berufe, wie beispielsweise Erzieher oder Krankenschwester, die für ihre Arbeit eine durchaus schlechtere Wertschätzung erfahren“, so Heil. Demgegenüber zeigte sie, ebenso wie Hedi Thelen, für das Anliegen vieler Ärzte, den Arztberuf zu entbürokratisieren, Verständnis. „Um eine Reform auf den Weg zu bringen, müsse man sowohl die KV, als auch die Krankenkassen mit ins Boot nehmen“, meinte Thelen.
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