Aus der Sitzung des Stadtrates

Keine Mehrheit fürdas Radfahren in der Innenstadt

Keine Mehrheit für
das Radfahren in der Innenstadt

Noch müssen Radfahrer in der Fußgängerzone schieben. Die Etscheidt/Keßler Fraktion möchte das ändern.FF

Neuwied. Es ist ein emotionales Thema. Am Radfahren in der Innenstadt scheiden sich die Geister. Alte Menschen und Familien mit Kindern sind alarmiert. Die Etscheidt (Ich tu´s) / Kessler (FDP) Fraktion hatte einen entsprechenden Antrag in den Stadtrat eingebracht. Schon im Internet wurde zuvor heiß diskutiert. Konkret fordert die Fraktion die Neuwieder Fußgängerzone in der Innenstadt werktags ab 19 Uhr bis 11 Uhr vormittags und sonntags über 24 Stunden, mit Ausnahme großer Veranstaltungstage, für Radfahrer freizugeben. Der zweite Punkt des Antrags sieht vor, nach einem sechsmonatigen Probebetrieb ohne nennenswerte Störfälle, die Fußgängerzone für weitere sechs Monate unabhängig von der Uhrzeit freizugeben. Eingangs der Beschlussfassung warb Dr. Jutta Etscheidt für den Antrag. Das Thema sei aus einem ihrem Bürgergespräche hervorgegangen und keinesfalls Neuwied - spezifisch. Und deshalb hatte die Stadträtin viel recherchiert, mit Radverkehrsbeauftragten anderer Städte, der Polizei und vielen anderen Institutionen gesprochen. Sie berichtete aus anderen Kommunen, in denen das Radfahren in den Fußgängerzonen längst erlaubt ist. Zwar gebe es immer und überall rücksichtlose Menschen, prinzipiell funktioniere es anderenorts aber problemlos. So sei es beispielsweise in der Stadt Kassel in vier Jahren zu nur einem Unfall gekommen. Die Vorteile liegen für Dr. Jutta Etscheidt auf der Hand. Bislang stellt die Fußgängerzone für Radfahrer eine auf legalem Weg nicht zu überwindende, weitläufige Blockade dar. Mit dem Wegfall des Verbots wären Radfahrer sicherer unterwegs, weil sie sich die hochfrequentierten Straßen drum herum sparen können. Zudem würden die Radfahrer in den Abend- und Nachtstunden die Innenstadt beleben und zum Sicherheitskonzept beitragen. In der anschließenden Aussprache der Fraktionen kam es zu den erwarteten heißen Diskussionen. Zumindest für den ersten Teil des Antrags gab es Zustimmung von den Linken und der AfD. „Es macht doch keinen Sinn, das Fahrrad nachts in der leeren Stadt zu schieben“, sagte Tobias Härtling. Deutliches Konfliktpotential sah er aber in der generellen Freigabe zu jeder Tageszeit. AfD Fraktionsvorsitzender Olaf Pfeiffer sprach sich für die beschränkte Freigabe in der Fußgängerzone aus, wenn damit eine Kontrolle zu den anderen Zeiten durch die Stadtverwaltung verbunden ist. Oberbürgermeister Nikolaus Roth wollte sich aber nicht mit ins Boot holen lassen: „Die Verwaltung hat keine Zuständigkeit und Hoheit für die Überwachung des fließenden Verkehrs“. Dieter Mees (SPD) gab zu Bedenken, dass den Menschen die unterschiedlichen Zeiten, in denen das Rad gefahren werden darf bzw. geschoben werden muss, schwer zu vermitteln seien. „Wir würden gern die umliegenden Straßen mit einbeziehen“, sagte Dieter Mees und schlug vor, die emotionsgeladene Diskussion in den Planungsausschuss zu verweisen. Joachim Vockel (Die Linke) war damit gar nicht einverstanden und verwies auf positive Erfahrungen in Bonn. Er meinte: „Wir können die Hängepartie heute beenden“. Das sah die Mehrheit seiner Ratskollegen allerdings anders. Der CDU Fraktionsvorsitzende Martin Hahn sagte: „Die Radfahrer in der Fußgängerzone fallen doch nicht vom Himmel. Wir müssen ein ganzheitliches Konzept erstellen. Dieser Antrag springt eindeutig zu kurz“. Mit der CDU und der SPD waren die Befürworter, den Antrag in den Planungsausschuss zu verweisen, in der großen Mehrheit. Regine Wilke (Bündnis 90/Die Grünen) sieht darin den Vorteil, alle Bürger mit einzubeziehen. Daher müsste im Ausschuss nach einer Konsenslösung gesucht werden. Auch sie sprach sich dafür aus, dass das seit Jahren diskutierte Radwegekonzept endlich einmal konkret angegangen wird. „Ich bin hier wohl der einzige, der das Fahrrad beruflich nutzt“, sagte Jörg Niebergall (FWG). Der Lehrer ist häufig mit seinen Schülern im Rahmen einer Fahrrad AG im Stadtgebiet unterwegs. Er sprach von mindestens einhundert Punkten, die es im Stadtgebiet zu verbessern gibt. Daher schloss er sich den großen Fraktionen an, die Beschlussfassung in den Planungsausschuss zu verweisen. Der Rodenbacher wünscht sich ein allumfassendes Konzept, beginnend mit dem Radweg an der Wied. Dem fehlt nämlich die Anbindung oder zumindest der sichere Anschluss an das Stadtgebiet, er endet stattdessen an der Laubachmühle. Oberbürgermeister Nikolaus Roth dämpfe allzu überschwängliche Erwartungen an ein schnelles radfahrerfreundliches Neuwied. Schlussendliche Entscheidungen obliegen nämlich den Straßenverkehrsbehörden. Die Neuwieder Stadtverwaltung werde nur angehört.