Sinziger Stadtarchiv mit umfangreichen Aufgaben

Aufbewahren, sichern, erschließen,nutzbar machen und erhalten

Aufbewahren, sichern, erschließen,
nutzbar machen und erhalten

Herr Dr. Dietz, Archivar der Stadt Sinzig, ermöglichte BLICK aktuell interessante Einblicke in seine Arbeit im Stadtarchiv. privat

Sinzig. Wie viele andere Städte hat auch die Stadt Sinzig ein Stadtarchiv. Dazu herrscht oft die Vorstellung, hier kümmere man sich nur um verstaubte und langweilige Akten. BLICK aktuell wollte es genau wissen und hat dazu den Leiter des Sinziger Stadtarchivs, Herrn Dr. Wolfgang Dietz, interviewt.

BLICK aktuell: Herr Dr. Dietz, Sie sind der Archivar der Stadt Sinzig. Was sind ihre Aufgaben?

Dr. Dietz: Meine Aufgaben ergeben sich zunächst aus dem Landesarchivgesetz. Danach ist auch die Stadt Sinzig verpflichtet, alle ihre Unterlagen von bleibendem Wert „als Archivgut aufzubewahren, zu sichern, zu erschließen, nutzbar zu machen und zu erhalten“. Als Archivgut sind bei der Stadt Sinzig z. B. anzusehen Protokollbücher städtischer Gremien, Kassenbücher, Akten über einzelne städtische Gebäude, ausgewählte Akten aus allen Fachbereichen der städtischen Verwaltung, Unterlagen über einzelne Schulen und Kindertagesstätten sowie über die Städtepartnerschaft mit Hettange-Grande. Karten, Verträge und Urkunden, wie etwa über Schenkungen, stehen für einen mindestens ebenso wichtigen weiteren Auftrag eines kommunalen Archivs, nämlich Beweismittel in Streitigkeiten bereitzustellen und dadurch, wenn möglich, für Rechtssicherheit und Gerichtsfestigkeit zu sorgen.

BLICK aktuell: Beschränkt sich das Archivgut nur auf „städtische Produkte“?

Dr. Dietz: Nein, denn das Stadtarchiv Sinzig bewahrt und erschließt nicht nur das kommunale Gedächtnis der Stadtverwaltung. Vielmehr finden sich im Bestand des Stadtarchivs Sinzig auch überlassene bzw. deponierte Unterlagen von privater Seite, wie z. B. Skripte von Heinz Schmalz über das alltägliche Leben in Westum und Sinzig oder von Dr. Karl August Seel über die Geschichte von Bad Bodendorf, Protokollbücher der St. Matthias-Bruderschaft und des Sinziger Spar- und Darlehenskassenvereins.

BLICK aktuell: Inwieweit bedienen Sie sich technischer Möglichkeiten?

Dr. Dietz: Dem Archiv stehen PC mit Internetanschluss, Scanner und Drucker mit notwendiger Software zur Verfügung. Damit können die klassischen Archivarbeiten wie die Erfassung und Verzeichnung von Schriftgut, Archivalien und Bibliotheksgut sachgerecht geleistet werden. Erwähnt sei hier etwa das Pressearchiv, das von mir 2003 übernommen wurde und dessen inzwischen zehn Jahrgänge außer in Papierform voll digitalisiert und erschlossen vorliegen.

BLICK aktuell:Welche besonderen Unterlagen über die Vergangenheit beinhaltet das Archiv?

Dr. Dietz: Zu nennen sind hier beispielsweise die Protokollbücher der Amtsverwaltung / Amtsvertretung Sinzig (1938-1944, 1948-1965), Protokollbücher der Stadtverordnetenversammlung bzw. des Stadtrats (1892-1913, 1920-1937, 1940-1944, 1946-1960), der Gemeinderäte von Franken (1963-1969), Koisdorf (1826-1969), Löhndorf (1886-1967) und Westum (1845-1969), Bulletins der Alliierten Besatzungsmacht (1945-1948), Akten zur Zwangsbewirtschaftung und Nachkriegsversorgung, Bauakten einzelner Häuser/Grundstücke (ca. 1900 - ca. 1935), Amts- und Stadtchronik Sinzig, Urkunden- und Regestensammlung Sinzig (762-1789) und einzelne Dorf- und Schulchroniken.

Weiter möchte ich hinweisen auf unsere schriftlichen Quellen zu Themenbereichen wie Kirchenangelegenheiten, Schulwesen oder Einrichtung einer Fachhochschule im Kreis Ahrweiler.

BLICK aktuell:Welches für die Bürgerinnen und Bürger interessante Archivgut haben Sie anzubieten?

Dr. Dietz: Was den aktuellen Wegzug des Katasteramtes aus Sinzig betrifft, so hat Herr Karl-Friedrich Amendt dem Stadtarchiv freundlicherweise eine DVD mit Fotos der Urkatasteraufnahme von Sinzig aus der Zeit um 1825 überlassen. Diese Karten sind für diejenigen Bürgerinnen und Bürger interessant, die sich über die Lage des Wohnsitzes eines ihrer Vorfahren informieren möchten. Alte Chroniken geben Auskunft über Koisdorf, Löhndorf, das Amt und die Stadt Sinzig und die frühere Volksschule von Franken. Oder die Familienbücher von Geiermann und Hentschel, die - auf der Basis ausgewerteter Kirchenbücher - für Sinzig-Innenstadt mit Westum und Koisdorf, Bad Bodendorf und Remagen Aufschluss geben über die Menschen, die hier im 17., 18. und 19, Jahrhundert gelebt haben.

BLICK aktuell: Sind im Stadtarchiv auch zumindest ein Teil der im Internet aufgelisteten Veröffentlichungen über die Stadt Sinzig vorhanden?

Dr. Dietz: Die Ausstattung des Archivs hängt natürlich von den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln ab. Deshalb sind bei der Anschaffung Prioritäten zu setzen, wobei ein Schwerpunkt bei der wichtigen stadt- und regionalgeschichtlichen Literatur liegt. Wichtig, weil entsprechend nachgefragt sind hier vor allem die stadtgeschichtlichen Standardwerke „Sinzig und seine Stadtteile“, herausgegeben von Jürgen Haffke und Bernhard Koll von 1983, „Heimatbuch der Stadt Sinzig“ von Karl Bruchhäuser, 1953, „Über das Reichsgut Sinzig“ von Ulrich Helbach. Hinzu kommen Veröffentlichungen z. B. von Bernhard Koll, Dr. Jürgen Haffke, Dieter Schewe, Dr. K.-A. Seel, Heinz Schmalz, K. F. Amendt, Ferdinand Geef, Hans-Otto Fausten.

Die Präsenzbibliothek hält darüber hinaus Literatur über Remagen, die Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler, den Kreis Ahrweiler, den Kreis Neuwied, die Via Regia / Aachen Frankfurter Heerstraße, das Bundesland Rheinland-Pfalz, Lennés Gartenbaukunst oder Peter Bares für Interessierte zur Einsichtnahme bereit. Der Bestand umfasst die Heimatjahrbücher der Kreise Ahrweiler (1927, 1936, 1939, 1954, 1958, 1960, 1961, 1963-2013) und Neuwied (1981-91 mit Lücken, 1996-1999, 2001, 2002, 2005-2013) ebenso, wie das Eifeljahrbuch (1994-2013) oder die Zeitschrift Die Eifel (1964-66, 1993-2013). Sie ergänzen das stadtgeschichtliche Wissen und ermöglichen den so wichtigen Blick ‚über den Tellerrand‘. Von den wissenschaftlichen Reihen Rheinische Vierteljahresblätter, Annalen des historischen Vereins für den Niederrhein, Rheinische Kunststätten Rheinische Heimatpflege konnte ich unserer Präsenzbibliothek aus privaten Nachlässen eine Reihe von Bänden bzw. Jahrgängen sichern. Auch Festschriften und gedruckte Chroniken der Vereine stellen eine wichtige Quelle für stadtgeschichtliche Entwicklungen, Ereignisse und Begebenheiten dar.

BLICK aktuell: Sprechen bei Ihnen auch Personen vor und welche sind ihre Anliegen?

Dr. Dietz: Die gestellten Anfragen sind vielfältiger Art. Sie reichen von Fragestellungen zur Stadt- und Ortsgeschichte, nach dem früheren Namen von Straßen und Plätzen sowie der Lage von bestimmten Wohnhäusern, Fragen nach bestimmten Ereignissen und Jubiläen aller Art, bis hin zur Familien- und Ahnenforschung. Auch hinsichtlich der Zielgruppen reicht das Spektrum vom Nachlassgericht, das mögliche Erben ausfindig machen muss, bis zur Unterstützung wissenschaftlicher Forschungsvorhaben von Universitäten oder Einzelpersonen, vom heimatkundlich interessierten Senior bis zur Schülerin, die Unterstützung für Ihre Hausarbeit im Schulfach Geschichte sucht. Neben die fachliche und methodische Beratung, die Hilfe beim Lesen der Sütterlin-Schrift oder die Erstellung eines Exposés tritt mitunter auch die Betreuung und/oder Befragung historischer Zeitzeugen für Jahrzehnte zurückliegende Ereignisse.

BLICK aktuell: Wie kann man mit Ihnen Verbindung aufnehmen?

Dr. Dietz: Zum einen montags, dienstags und mittwochs in der Zeit von 7.30 bis 12.30 und 13.00 bis 16.00 Uhr durch persönliche Vorsprache beim Stadtarchiv Sinzig im Haus Hattingen, Kirchplatz 1, 1. Obergeschoss, Hofeingang Gudestraße, zum anderen während dieser Zeit auch telefonisch (0 26 42 / 9 93 96 08). Anfragen können selbstverständlich jederzeit auch über Fax (0 26 42 / 9 93 96 08) oder per e-Mail (wolfgang.dietz@sinzig.de) gestellt werden.

BLICK aktuell: Seit wann betreuen sie das Stadtarchiv Sinzig?

Dr. Dietz: Im Jahre 2003 habe ich meine Tätigkeit im Stadtarchiv begonnen. Da bis dahin noch keine hauptamtliche Kraft für diese Aufgaben bei der Stadtverwaltung zuständig war, bestand meine Tätigkeit zunächst einmal in dem systematischen Erfassen des vorhandenen Archivgutes, bevor ich mit dem Sichten aktueller Vorgänge beginnen konnte. Bei der Verzeichnung werden zu jeder übernommenen Akte Findmittel (digital und in Papierform) mit kurzer Inhaltsangabe erstellt. Zum Schutz vor Eisenfraß werden sämtliche Archivalien von Heftnadeln und Büroklammern befreit, kleinere Risse und Fehlstellen mit Pergaminband ausgebessert und die Akten schließlich in säurefesten Archivkartons gelagert.

Auch diese wenig bekannten konservatorischen Maßnahmen obliegen dem Stadtarchiv und dienen der Bestandserhaltung.

BLICK aktuell: Herr Dr. Dietz, wir danken ihnen für ihre Ausführungen.