Stellenabbau und zu viel Bürokratie:

IHK Koblenz fordert Anpassungenbeim Mindestlohngesetz

Koblenz. Ein Vierteljahr nach der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns klagen viele Betriebe im nördlichen Rheinland-Pfalz über die Regelung: Vertragsanpassungen und umfangreiche Dokumentationspflichten führen zu hohem bürokratischem Aufwand. Zudem wirkt sich der Mindestlohn negativ auf den Arbeitsmarkt aus. Das geht aus einer aktuellen Umfrage der IHK Koblenz hervor, an der sich 269 Unternehmen aus Industrie, Handel, Dienstleistungen, Hotellerie und Gastronomie mit zusammen rund 11.900 Beschäftigten beteiligt haben.

„Unsere Bedenken im Vorfeld haben sich leider bewahrheitet“, sagte Arne Rössel, Hauptgeschäftsführer der IHK Koblenz. Die IHK Koblenz fordert daher dringend eine Überprüfung des Mindestlohngesetzes durch die Politik. Die Umfrage macht deutlich, dass die Einhaltung des Mindestlohngesetzes branchenübergreifend mit erheblichem bürokratischem Mehraufwand verbunden ist. In der Hotellerie und Gastronomie klagen 72 Prozent der Unternehmen über einen hohen Arbeitsaufwand durch die Anpassung bestehender Arbeitsverträge, die Erfassung der Arbeitszeiten nennen 87 Prozent als hohe Belastung. Knapp 60 Prozent der Industrieunternehmen sehen die Nachweispflicht über die Zahlung des Mindestlohns durch Nachunternehmer und damit verbundene Haftungsrisiken als großes Hindernis.

„Unsicherheiten und

Hindernisse müssen dringend

beseitigt werden“

„Neben den unverhältnismäßigen Dokumentationspflichten kommt erschwerend kommt hinzu, dass sich viele Unternehmen über die komplexen Regelungen bisher nicht ausreichend informiert fühlen“, so Arne Rössel. „Die Politik ist gefordert, die komplexen und unübersichtlichen Vorschriften des Mindestlohngesetzes zu prüfen und den damit verbundenen Bürokratieaufwand zu reduzieren. Unsicherheiten und Hindernisse müssen dringend beseitigt werden.“

Vor allem im Segment der geringfügigen Beschäftigung (Minijobber) planen der Umfrage zufolge außerdem viele Unternehmen, Stellen abzubauen. So gaben in der Hotellerie und Gastronomie 39 Prozent der Unternehmen an, sich von Personal trennen zu wollen - auch in der Industrie liegt der Anteil bei immerhin 27 Prozent. „Betroffen sind demnach vor allem Arbeitnehmer, die ohnehin nur geringe Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Den Unternehmen wird die Möglichkeit genommen, gering qualifizierte Personen zu bezahlbaren Löhnen einzustellen - das verhindert ganz klar deren Einstieg ins Berufsleben.“ Branchenübergreifend wird zudem jeder fünfte Betrieb weniger Praktikantenstellen ausschreiben. „Die Rekrutierung und Bindung von Nachwuchskräften an Unternehmen und die Region wird dadurch deutlich erschwert. In Zeiten des fortschreitenden Fachkräftemangels kann dies gerade für ländliche Regionen einen massiven Nachteil im Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte bedeuten“, so Rössel weiter.

Personalkosten könnten

weiter steigen

Viele Betriebe erwarten zudem, dass der Mindestlohn das gesamte innerbetriebliche Gehaltsgefüge beeinflusst. In der Hotellerie und Gastronomie sind diese Befürchtungen besonders stark verbreitet. Hier rechnen 40 Prozent der Unternehmen damit, dass auch höhere Gehaltsgruppen mehr Lohn fordern werden und somit die Personalkosten weiter steigen. Der Anteil der Unternehmen, die ihre gestiegenen Kosten über Preiserhöhungen an die Kunden weitergeben wollen, ist hier mit 60 Prozent entsprechend hoch. Rössel: „Inwieweit eine Preisüberwälzung jedoch überhaupt möglich ist oder ob letztendlich weitere Stellen zu Lasten der Servicequalität abgebaut werden müssen, bleibt jedoch abzuwarten.“

IHK-Pressemitteilung