Bürgerinitiative und Feuerwehr „demonstrierten“:

Stadtrat traf in Sachen Jahnwiese keine Entscheidung

Großer Aufgabenkatalog für die Verwaltung

29.09.2014 - 14:59

Sinzig. Die Entscheidung über die Bebauung der Jahnwiese mit einem Edeka-Mark und einem neuen Feuerwehrgerätehaus ist vertagt. Wegen der recht dünnen Informationslage traf der Stadtrat am vergangenen Donnerstag bei einer sozusagen historischen Sitzung keinerlei Entscheidung. Wie emotionsgeladen das Thema Jahnwiese in Sinzig ist, zeigte sich bereits im Vorfeld der Sitzung. Einige Mitglieder der wiederbelebten Bürgerinitiative für den Erhalt der Jahnwiese und Vertreter der Grünen demonstrierten vor dem weißen Rathaus am Kirchplatz. Auf Transparenten und Plakaten forderten sie die Erhaltung der Jahnwiese. Flagge zeigte auch die Sinziger Feuerwehr. Die war mit ihrem gesamten Fuhrpark und fast allen Aktiven auf dem Kirchplatz ausgerückt. Damit soll an das Versprechen der Politik zum Bau eines neuen Feuerwehrgerätehauses erinnert werden, aber auch der Platzbedarf der Wehr ganz praktisch demonstriert werden. Ganz selten in der Geschichte der Sinziger Politik hatte es einen solchen Auftrieb vor einer Sitzung des Kommunalparlamentes gegeben. Wer den Gesprächen und Diskussionen zwischen Politik und Demonstranten genau zuhörte, der konnte das Ergebnis der Sitzung fast vorhersehen. Im Sitzungssaal gab es dann volle Ränge, selbst in der Lobby wurden noch einige zusätzliche Stühle aufgebaut.

Schlugen vor dem Rathaus die Emotionen durchaus hoch, so gab es eine sehr sachliche und fast schon betont kühle Ratssitzung. Die Parteien hatten sich mit glühenden Telefondrähten wohl unter der Woche bereits auf eine gemeinsame Marschrichtung festgelegt.

Bürgermeister Wolfgang Kroeger fasste die Gegebenheiten noch einmal zusammen. „Die Feuerwehr braucht dringend ein neues Gerätehaus, das ist über alle Parteien hinweg unstrittig“, so Kroeger. Der Sinziger Stadtchef verwies darauf, dass Edeka am jetzigen Standort keine Erweiterungsmöglichkeiten habe und den Deal mit der Jahnwiese anbot. Im Gegenzug zur Überlassung der Fläche würde der neue Investor kostenfrei ein Feuerwehrhaus errichten. Der Bürgermeister räumte dabei ein, dass die Planungen schon länger gäbe, der Investor aber darum gebeten habe den Sachverhalt erst nach der Kommunalwahl vom Mai an die Öffentlichkeit zu bringen.

Einem mutigen Auftritt hatte Stadtwehrleiter Andreas Braun. Der Feuerwehrchef näherte sich mit viel Klartext dem komplexen Thema. Für die Sinziger Wehr sei der Standort Jahnwiese ideal, so Braun. Die Floriansjünger konnten sich allerdings in gar keinem Fall mit den rund 600 Quadratmetern der Vorplanung auf der Jahnwiese anfreunden. Den Bedarf für ein neues Feuerwehrgerätehaus fasste Braun nach den entsprechenden Landesrichtlinien wie folgt zusammen: Rund 1300 Quadratmeter Raumbedarf überwiegend ebenerdig braucht die Wehr für das eigentliche Gebäude. Mit Grünflächen, Parkplätzen und Übungsgelände entsteht für die Wehr ein Gesamtbedarf von bis zu 6000 Quadratmetern. Braun machte noch einmal deutlich, dass für die Wehrmänner und -Frauen die Situation im jetzigen Gerätehaus unhaltbar sei. Vor allen Dingen ließe sich keine vernünftige Arbeit mit der Jugendfeuerwehr aufziehen. Die Kosten für ein solches Großgerätehaus würden sich auf rund 2,5 Millionen Euro belaufen und der Stadt ständen wohl Zuschüsse von bis zu 580.000 Euro zur Verfügung. Zur Erinnerung, die Jahnwiese hat eine Fläche von je nach Betrachtungsweise zwischen 7000 und 9000 Quadratmeter. Edeka einen Platzbedarf von 6900 Quadratmetern und die Feuerwehr von 6000 Quadratmetern. „Bei sehr intelligenter Planung und Kompromissbereitschaft des Investors könnte das vielleicht hinkommen“, ließ Braun die Gretchenfrage, wie die Planungen auf der Jahnwiese zusammengehen sollen, aber auch etwas offen.

CDU-Fraktionschef Sprecher René Zerwas hielt sich bewusst kurz. „Die Stadt wird keine 2,5 Millionen Euro für ein Feuerwehrgerätehaus finanzieren können. Wir brauchen einen ganz detaillierten Bedarfsplan der Wehr.“ Friedhelm Münch (FWG) brachte in die Diskussion vor allen Dingen die finanziellen Aspekte ein. „Wir können uns den Bau eines Feuerwehrgerätehauses nicht leisten, ohne dass wir an die heilige Kuh Jahnwiese ran gehen, damit wir in der Stadt weiterkommen“, so Münch.

Wie viele Redner mahnte der FWG-Mann an, dass es keine faulen Kompromisse bei der Feuerwehe geben dürfe, da ein neues Gerätehaus auf Jahrzehnte hinaus zukunftssicher sein müsse.

Hartmut Tann (SPD) sah einen dringenden Handlungsbedarf bei der Feuerwehr und wollte grundsätzlich eine Bebauung der Jahnwiese nicht ausschließen. „Wir wissen aber auch, dass es bei großen Teilen der Bürgerschaft einem ganz großen Widerstand für einen Supermarkt im Schatten des Schlosses gibt. „Feuerwehr Ja, Edeka Nein“, scheint es in Sinzig eine gewisse Grundstimmung zu geben.

Ingo Binnewerg von den Grünen, die aus der Ablehnung der Jahnwiesen-Bebauung nie einen Hehl gemacht haben, wollte „alles auf Null“ gesetzt sehen. „Wir müssen grundsätzlich neu überlegen und auch ein städtebauliches Leitbild für Sinzig entwickeln“.

Für die Grünen brachte Klaus Hahne eine Reihe von Alternativstandorten für die Feuerwehr ein.

Volker Thormann (FDP) wollte grundsätzlich wissen, welche Möglichkeiten der Gegenfinanzierung es für ein neues Gerätehaus geben könnte. Und der Liberale sprach ganz klar aus: „Wir können da heute keine Entscheidung treffen.“ Mit großer Mehrheit bei drei Gegenstimmen und einer Enthaltung der Grünen vertagte der Rat die Entscheidung. Nicht ohne der Verwaltung und Bürgermeister Wolfgang Kroeger einen großen Aufgabenkatalog anzutragen. Zentral dabei ein detaillierter Bedarfsplan der Feuerwehr und ein Wertgutachten für die Jahnwiese und die Klärung der Fördermöglichkeiten und europarechtlichen Stolpersteine. Zudem sollen die für die Stadt arbeiten Gutachter die städtebaulichen Aspekte untersuchen und Ortsbeirat das Thema behandeln.

Sinzigs Stadtchef Wolfgang Kroeger sicherte zu, dass alle Beratungen über die Jahnwiese in öffentlichen Sitzungen stattfinden werden, und versprach zudem vor einer Entscheidung eine Bürgerversammlung abzuhalten.

War die Entscheidung über die Vertagung des vorherrschenden Stadtgespräch Jahnwiese etwas vorherzusehen, so überraschte doch, wie viele Fragen auch nach dieser Sitzung noch offen sind. Angesichts des Flächenbedarfs der Feuerwehr dürfte jetzt klar sein dass, dass die Vorplanung, wie sie auch im „Blick aktuell“ vorgestellt wurde, so in keiner Weise haltbar sein wird. Das Thema Jahnwiese wird die Sinziger und die Kommunalpolitik mit einiger Sicherheit noch monatelang beschäftigen. BL

Artikel bewerten

rating rating rating rating rating
02.10.2014 19:16 Uhr
Robert Kolle

Welcher Journalist ist denn hier Stadtrat?



01.10.2014 11:47 Uhr
Chrisi

Da sollte man sich ernsthaft die Frage stellen was wichtiger ist. Fakt ist ja mal: Eine Investition in die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger kann niemals falsch sein.



30.09.2014 16:38 Uhr
anonym

Ungeklärt bleibt auch eine andere Frage....

Wie unabhängig ist der Journalismus und der Journalist, wenn er selbst ein Stadtrat ist?



Kommentare können für diesen Artikel nicht mehr erfasst werden.
Stellenmarkt
Weitere Berichte

Eine Umleitung wird eingerichtet

Straßenschäden bei Neuwied: L 259 wird voll gesperrt

Neuwied. Im Zeitraum vom 02.04. bis voraussichtlich 19.04.2024 werden Instandsetzungsarbeiten am Überführungsbauwerk der L 259 über die B 42 zwischen Neuwied-Block und Heimbach-Weis durchgeführt. Die Fahrbahnbefestigung im Bereich des Überführungsbauwerks weist erhebliche Schäden in Form von Rissen und Belagsausbrüchen auf. mehr...

Die Betrüger wollten vermeintlich defekte Dachrinnen zu überhöhten Preisen reparieren

Bad Hönningen: Polizei unterbindet illegale Arbeiten

Bad Hönningen. Am gestrigen Nachmittag führten Beamte der Polizei Linz eine Kontrolle an einem Mercedes Vito durch. Dabei stellten sie fest, dass die beiden Insassen im Raum Bad Hönningen Hausbesitzern Reparaturarbeiten an Dachrinnen angeboten hatten, ohne über die erforderliche Reisegewerbekarte zu verfügen. Es kam zu keinem Vertragsabschluss an diesem Tag. mehr...

Regional+
 

- Anzeige -

Ei Ei Ei – Die BLICKaktuell Osterüberraschung

Vom 18. März bis 1. April verstecken sich tolle Gewinnspiele und attraktive Aktionen von Unternehmen aus der Region in unserem Osternest. Seid gespannt, was sich hinter dem nächsten Osterei versteckt. Abonniert auch unsere Kanäle auf Facebook und Instagram, um nichts zu verpassen. mehr...

Alter Vorstand ist neuer Vorstand

Sinzig. In Sinzig fand Ende März die turnusmäßige Jahreshauptversammlung der Theatergruppe im Gasthaus „Zur Post“ statt. Der erste Vorsitzende, Wolfgang Staus, begrüßte die zahlreich erschienenen Mitglieder und ließ das vergangene Theaterjahr Revue passieren. Auch die Chronistin Christine Alfter und der Kassierer Dirk Hansen trugen zum Rückblick bei, indem sie über vergangene Ereignisse und den Kassenstand berichteten. mehr...

Anzeige
 
Sie müssen angemeldet sein, um einen Leserbeitrag erstellen zu können.
LESETIPPS
GelesenNeueste
Kommentare

Neulich im Kiosk

von Gregor Schürer

Gabriele Friedrich:
Ein echt blöder Artikel. ...
Thola2:
Sehr geehrter Herr Schürer, willkommen im Leben, willkommen in 2024! Und jetzt???? Was will mir der "Dichter" damit sagen?? Das Geschilderte ist ganz normal in Deutschland. Wollen Sie uns Belehren? Und: 8 Uhr "früh"?? Das können nur Studenten oder Arbeitslose behaupten. Ich "maloche" schon um...
K. Schmidt:
Danke für das Stichwort Weihnachtsmarkt. Zu diesen wurde, z.B. von der DUH, aber auch einigen Politikern, aufgefordert die Beleuchtung wegzulassen oder zu minimieren. Und am letzten Samstag wurde groß dazu aufgerufen, für eine Stunde soviele Lichter wie möglich abzuschalten, als Zeichen für Klimaschutz...
Julia Frericks:
Die Ramadan-Beleuchtungen in Köln und Frankfurt sind wegweisende Initiativen. Die Lichter sorgen für eine festliche Stimmung, egal welcher Religion ich angehöre. Eine Stimmung, die auch bei vielen Nicht-Christen aufkommt, wenn sie z.B. einen Weihnachtsmarkt besuchen. In Köln ging die Initiative für...
K. Schmidt:
Soviel Geld, wie der Steuerzahler für die kath. Kirchen Jahr für Jahr in die Hand nehmen darf (ich meine nicht den Kirchensteuerzahler, sondern wirklich jeden!), soviel Beleuchtung kann man für die anderen Glaubensrichtungen doch gar nicht aufstellen, sonst schaffen wir die Dunkelheit ja komplett a...

Kreishaushalte in der Krise

K. Schmidt:
Die meisten der Landrätinnen und Landräte gehören doch einer Partei an, die Fraktionen der Kreistage auch. Ein Apell des Landkreistages an die Landesregierung ist nett, aber doch nicht mehr als ein unnötiger Umweg. Die Parteien, die sich auf der Landkreisebene finden, sind am Ende die gleichen, die...
Haftnotiz+
aktuelle Beilagen
Inhalt kann nicht geladen werden

 

Firma eintragen und Reichweite erhöhen!
Service