Bürgerinitiative und Feuerwehr „demonstrierten“:

Stadtrat traf in Sachen Jahnwiesekeine Entscheidung

Stadtrat traf in Sachen Jahnwiese
keine Entscheidung

Stadtrat traf in Sachen Jahnwiese
keine Entscheidung

Volle Ränge: Im Foyer des Ratssaales mussten zudem Stühle herbeigeschafft werden, um dem Ansturm gerecht zu werden. Fotos: BL

Stadtrat traf in Sachen Jahnwiese
keine Entscheidung

Stadtrat traf in Sachen Jahnwiese
keine Entscheidung

Sinzig. Die Entscheidung über die Bebauung der Jahnwiese mit einem Edeka-Mark und einem neuen Feuerwehrgerätehaus ist vertagt. Wegen der recht dünnen Informationslage traf der Stadtrat am vergangenen Donnerstag bei einer sozusagen historischen Sitzung keinerlei Entscheidung. Wie emotionsgeladen das Thema Jahnwiese in Sinzig ist, zeigte sich bereits im Vorfeld der Sitzung. Einige Mitglieder der wiederbelebten Bürgerinitiative für den Erhalt der Jahnwiese und Vertreter der Grünen demonstrierten vor dem weißen Rathaus am Kirchplatz. Auf Transparenten und Plakaten forderten sie die Erhaltung der Jahnwiese. Flagge zeigte auch die Sinziger Feuerwehr. Die war mit ihrem gesamten Fuhrpark und fast allen Aktiven auf dem Kirchplatz ausgerückt. Damit soll an das Versprechen der Politik zum Bau eines neuen Feuerwehrgerätehauses erinnert werden, aber auch der Platzbedarf der Wehr ganz praktisch demonstriert werden. Ganz selten in der Geschichte der Sinziger Politik hatte es einen solchen Auftrieb vor einer Sitzung des Kommunalparlamentes gegeben. Wer den Gesprächen und Diskussionen zwischen Politik und Demonstranten genau zuhörte, der konnte das Ergebnis der Sitzung fast vorhersehen. Im Sitzungssaal gab es dann volle Ränge, selbst in der Lobby wurden noch einige zusätzliche Stühle aufgebaut.

Schlugen vor dem Rathaus die Emotionen durchaus hoch, so gab es eine sehr sachliche und fast schon betont kühle Ratssitzung. Die Parteien hatten sich mit glühenden Telefondrähten wohl unter der Woche bereits auf eine gemeinsame Marschrichtung festgelegt.

Bürgermeister Wolfgang Kroeger fasste die Gegebenheiten noch einmal zusammen. „Die Feuerwehr braucht dringend ein neues Gerätehaus, das ist über alle Parteien hinweg unstrittig“, so Kroeger. Der Sinziger Stadtchef verwies darauf, dass Edeka am jetzigen Standort keine Erweiterungsmöglichkeiten habe und den Deal mit der Jahnwiese anbot. Im Gegenzug zur Überlassung der Fläche würde der neue Investor kostenfrei ein Feuerwehrhaus errichten. Der Bürgermeister räumte dabei ein, dass die Planungen schon länger gäbe, der Investor aber darum gebeten habe den Sachverhalt erst nach der Kommunalwahl vom Mai an die Öffentlichkeit zu bringen.

Einem mutigen Auftritt hatte Stadtwehrleiter Andreas Braun. Der Feuerwehrchef näherte sich mit viel Klartext dem komplexen Thema. Für die Sinziger Wehr sei der Standort Jahnwiese ideal, so Braun. Die Floriansjünger konnten sich allerdings in gar keinem Fall mit den rund 600 Quadratmetern der Vorplanung auf der Jahnwiese anfreunden. Den Bedarf für ein neues Feuerwehrgerätehaus fasste Braun nach den entsprechenden Landesrichtlinien wie folgt zusammen: Rund 1300 Quadratmeter Raumbedarf überwiegend ebenerdig braucht die Wehr für das eigentliche Gebäude. Mit Grünflächen, Parkplätzen und Übungsgelände entsteht für die Wehr ein Gesamtbedarf von bis zu 6000 Quadratmetern. Braun machte noch einmal deutlich, dass für die Wehrmänner und -Frauen die Situation im jetzigen Gerätehaus unhaltbar sei. Vor allen Dingen ließe sich keine vernünftige Arbeit mit der Jugendfeuerwehr aufziehen. Die Kosten für ein solches Großgerätehaus würden sich auf rund 2,5 Millionen Euro belaufen und der Stadt ständen wohl Zuschüsse von bis zu 580.000 Euro zur Verfügung. Zur Erinnerung, die Jahnwiese hat eine Fläche von je nach Betrachtungsweise zwischen 7000 und 9000 Quadratmeter. Edeka einen Platzbedarf von 6900 Quadratmetern und die Feuerwehr von 6000 Quadratmetern. „Bei sehr intelligenter Planung und Kompromissbereitschaft des Investors könnte das vielleicht hinkommen“, ließ Braun die Gretchenfrage, wie die Planungen auf der Jahnwiese zusammengehen sollen, aber auch etwas offen.

CDU-Fraktionschef Sprecher René Zerwas hielt sich bewusst kurz. „Die Stadt wird keine 2,5 Millionen Euro für ein Feuerwehrgerätehaus finanzieren können. Wir brauchen einen ganz detaillierten Bedarfsplan der Wehr.“ Friedhelm Münch (FWG) brachte in die Diskussion vor allen Dingen die finanziellen Aspekte ein. „Wir können uns den Bau eines Feuerwehrgerätehauses nicht leisten, ohne dass wir an die heilige Kuh Jahnwiese ran gehen, damit wir in der Stadt weiterkommen“, so Münch.

Wie viele Redner mahnte der FWG-Mann an, dass es keine faulen Kompromisse bei der Feuerwehe geben dürfe, da ein neues Gerätehaus auf Jahrzehnte hinaus zukunftssicher sein müsse.

Hartmut Tann (SPD) sah einen dringenden Handlungsbedarf bei der Feuerwehr und wollte grundsätzlich eine Bebauung der Jahnwiese nicht ausschließen. „Wir wissen aber auch, dass es bei großen Teilen der Bürgerschaft einem ganz großen Widerstand für einen Supermarkt im Schatten des Schlosses gibt. „Feuerwehr Ja, Edeka Nein“, scheint es in Sinzig eine gewisse Grundstimmung zu geben.

Ingo Binnewerg von den Grünen, die aus der Ablehnung der Jahnwiesen-Bebauung nie einen Hehl gemacht haben, wollte „alles auf Null“ gesetzt sehen. „Wir müssen grundsätzlich neu überlegen und auch ein städtebauliches Leitbild für Sinzig entwickeln“.

Für die Grünen brachte Klaus Hahne eine Reihe von Alternativstandorten für die Feuerwehr ein.

Volker Thormann (FDP) wollte grundsätzlich wissen, welche Möglichkeiten der Gegenfinanzierung es für ein neues Gerätehaus geben könnte. Und der Liberale sprach ganz klar aus: „Wir können da heute keine Entscheidung treffen.“ Mit großer Mehrheit bei drei Gegenstimmen und einer Enthaltung der Grünen vertagte der Rat die Entscheidung. Nicht ohne der Verwaltung und Bürgermeister Wolfgang Kroeger einen großen Aufgabenkatalog anzutragen. Zentral dabei ein detaillierter Bedarfsplan der Feuerwehr und ein Wertgutachten für die Jahnwiese und die Klärung der Fördermöglichkeiten und europarechtlichen Stolpersteine. Zudem sollen die für die Stadt arbeiten Gutachter die städtebaulichen Aspekte untersuchen und Ortsbeirat das Thema behandeln.

Sinzigs Stadtchef Wolfgang Kroeger sicherte zu, dass alle Beratungen über die Jahnwiese in öffentlichen Sitzungen stattfinden werden, und versprach zudem vor einer Entscheidung eine Bürgerversammlung abzuhalten.

War die Entscheidung über die Vertagung des vorherrschenden Stadtgespräch Jahnwiese etwas vorherzusehen, so überraschte doch, wie viele Fragen auch nach dieser Sitzung noch offen sind. Angesichts des Flächenbedarfs der Feuerwehr dürfte jetzt klar sein dass, dass die Vorplanung, wie sie auch im „Blick aktuell“ vorgestellt wurde, so in keiner Weise haltbar sein wird. Das Thema Jahnwiese wird die Sinziger und die Kommunalpolitik mit einiger Sicherheit noch monatelang beschäftigen.