Freunde des Funktionsmodellbaus präsentierten in Heimersheim ihre Modelle

Hobbybastlerbeweisen Liebe zum Detail

Hobbybastler
beweisen Liebe zum Detail

Willi Scharrenbach und seine Freunde treffen sich jeden ersten Donnerstag im Monat, im Hotel Zum Stern, um sich über ihr Hobby auszutauschen.RERE

Heimersheim. Dampf, Geknatter und große Augen: Bei der Ausstellung der Freunde des technischen Funktionsmodellbaus neulich im Heimersheimer Gasthof Zum Stern gab es wieder einmal viel zu sehen. Darunter: 60 Modelle, Stirling-, Otto - und Vakuummotoren. Es wehte ein Hauch der industriellen Revolution durch den kleinen Nebenraum des Gasthofes. Die Ausstellung umfasste Maschinen von James Watt über französische Maschinen, Otto-Motoren und Heißluftmotoren, mit Kohle, Spiritus, Gas oder Benzin beheizt. Nachgebaut wird in der Regel maßstabsgerecht nach einer Bildvorlage. Mit Dreh-, Fräs- und Bohrmaschinen werden die entsprechenden Materialien zurechtgeschnitten und dann farblich gestaltet. „Das ist echte Präzisionsarbeit“, erklärt Modellbaufreund Willi Scharrenbach aus Heimersheim. Er und seine Freunde treffen sich jeden ersten Donnerstag im Monat, im Hotel Zum Stern, um sich über ihr Hobby auszutauschen. Dann geht es um Materialbeschaffung, man fragt einander nach Ideen, gibt Tipps. „Da spielen auch Kontakte für Materialien eine Rolle“, erklärt Scharrenbach. Der Stammtisch versteht sich als Team; Hierarchien gibt es nicht. Es handelt sich um einen Stammtisch, nicht um einen Verein.

Die Stammtischbrüder - viele kommen aus NRW, aber auch aus dem benachbarten Ausland - bringen ihre Maschinen mit zu den regelmäßigen Treffen. Weil es immer wieder neugierige Fragen gab, was das denn alles zu bedeuten habe, entschlossen sich die zwölf Bastler dazu, ihre Werke in einer Ausstellung zu zeigen. Das war vor zwei Jahren das erste Mal der Fall - mit für den Stammtisch überwältigendem Interesse.

„Damit hatten wir nicht gerechnet“, erinnert sich der Heimersheimer Willi Scharrenbach. Da säumten wieder die Besucher in den Ausstellungsraum, meist waren es Männer, viele auch mit ihren Kindern. Der Rundgang geriet zur Reise durch eine bedeutende Zeit vor rund 100 Jahren: die Industrielle Revolution. Daran erinnerte Gerd Engels aus Ahrweiler mit einer Maschine namens „Balance“ von James Watt. Mit ihr wurde Ende des 18. Jahrhunderts vornehmlich Wasser aus Bergwerken gepumpt. Ein paar Jahre später sei die Leitung der Dampfmaschine stärker geworden, und nicht nur deswegen erhielt eine Maschine den Namen „Elegance“, wie Gerd Engels erklärte. Mit ihr wurden seinerzeit Webstühle in Frankreich angetrieben. Wenig später waren es oszillierende Maschinen, die in Betrieben die Werkzeuge antrieben. Zu sehen gab es auch neue Nachbauten, die vor zwei Jahren noch in der Mache waren. Etwa einen so genannten „Flammenfresser“ von Günther Vitzer aus Nörvenich, ein nur wenige Zentimeter großer Vakuummotor, der seinerzeit nicht populär genug war und schnell vom Viertaktmotor abgelöst wurde. Willi Scharrenbach zog ebenfalls Blicke auf seine Maschine: eine stehende Dampfmaschine, die er als Nachbau einer Maschine in einer Brauerei in Grimma/Sachsen anfertigte. Alle Teile hatte er selbst gefertigt, das ist Ehrensache unter den Stammtischbrüdern. Die Liebe zum Detail geht schon so weit, dass Bekannte immer wieder nach Ersatzteilen fragen. Willi Scharrenbach berichtet von einem Fall: „Ein Bekannter brauchte ein spezielles Teil für sein Blasinstrument. Er konnte es nirgends finden. Ich habe es für ihn nachgebaut.“ Weil er das Hobby so liebt, reist Bernd Jennes sogar jeden Monat extra aus Belgien an. Dieses Mal war er mit einem Stirling-Motor dabei. Der schottische Priester Robert Stirling hatte ihn Anfang des 19. Jahrhunderts entwickelt. Damit wurden Pumpen in Bergwerken angetrieben. Stirling-Motoren würden aber auch noch heute verwendet, erklärte Jennes. Etwa in Heizkesseln. Ein besonderes Highlight war das Ausstellungsstück von Klaus Söller aus Bad Breisig. Er hatte mit viel Liebe zum Detail den ersten Otto-Motor nachgebaut, aber auch eine vierzylindrige oszillierende Dampfmaschine. Damit werden Schiffe angetrieben. Ein besonderer Blickfang war der sogenannte Fowler: ein 1910 im englischen Leeds gebauter Traktor, der im Maßstab 1:6 präsentiert wurde. Insgesamt vier Jahre sei daran gearbeitet worden, berichtet ein anderer Freund des Funktionsmodellbaus, Gerd Engels aus Ahrweiler: „Zwei Freunde des Funktionsmodellbaus haben viel Arbeit und Herzblut in das Projekt gesteckt.“ Und das sah man auch: An das kleinste Detail haben sie gedacht. Eigens aus England kam das Original-Firmenlogo. Beeindruckt von den Ausstellungsstücken entdeckten die insgesamt rund 200 Gäste im Saal einige mitunter dampfende Überraschungen. Und die Planungen für weitere Modelle gehen schon weiter. Die Freunde des Funktionsmodellbaus stecken viel Zeit in ihr Hobby. Sie stellen alles selbst her. Aber niemand macht einen Hehl daraus, dass ihr Hobby nur etwas für Rentner ist: „Man muss sehr viel Zeit investieren“, sagt Willi Scharrenbach. „Dafür sind junge Leute nur noch sehr schwer zu begeistern, weil auch die Zeit einfach nicht mehr vorhanden ist. Unser jüngstes Mitglied ist 40 Jahre alt.“ Umso mehr freuten sich die Modellbauer besonders über die zahlreichen Fragen der Besucher. Besonders haben sie sich über die vielen Familien mit Kindern gefreut. Eine Ausstellung wie diese soll wieder geben.