Vorträge im Rahmen der Ahrweiler Freiheitswochen
„ Wein, Gesundheit und Kunst“
Ahrweiler. Zu den Themen „Wein, Gesundheit und Kunst“ im Rahmen der Ahrweiler Freiheitswochen hatten sich 43 weininteressierte Zuhörer ins AhrWeinForum begeben. Der Winzer Paul Gieler, der Arzt Dr. med. Gerhard Kreuter und die Künstlerin Angelika Castelli stellten jeweils ihre Sichtweisen zum Wein in Europa und besonders an der Ahr dar. Nach einer Kellerführung im Ahrweiler Winzer-Verein, ging Gieler bei der anschließenden Weinprobe, zusammengestellt mit Weinen von der Ahr, Bordeaux, Katalonien und der Toskana auf die Entwicklung des Weines vom Beginn der gemeinsamen Marktordnung in der EU 1970 aus, ein. Im Hinblick auf die Einigung Europas ist die Basis europäischen Weinrechts der kleinste gemeinsame Nenner, so Gieler. Durch die ständige Anpassung der jeweiligen nationalen Gesetze an die Bestimmungen Brüsseler Gemeinschaftsrechts wurde immer wieder eine Reihe von Änderungen auch des deutschen Rechts vorgenommen wie z.B. die Liberalisierung des Bezeichnungsrechts oder die Änderung der Weinmarktverordnung hinsichtlich Hektarertragsregelung, die Angabe von Weinarten und Reifeangaben und, wie jüngst, die geografischen Bezeichnungen mit EU-Schutz. Alle diese Bestimmungen führten schließlich zur Qualitätssteigerung und tragen zum Vertrauen der Verbraucher in das Naturprodukt Wein bei.
In Deutschland werden jährlich neun Mio. hl. Wein erzeugt. Der Export beträgt 3 Mio. hl. Der Import demgegenüber 15 Mio. hl. bei einem Verbrauch von rund 21 Mio. hl.. Im gemeinsamen europäischen Markt stellt sich Deutschland als wichtiger Importeur vor allem von Weinen aus Italien und Frankreich dar.
Vortrag von Dr. med. Gerhard Kreuter
In seinem Vortrag „Wissenschaftliche Studien zu Wein und Gesundheit in Deutschland und Europa“ analysierte und widerlegte im ersten Teil Dr. med. Gerhard Kreuter eine vor knapp einem Jahr erschienene Arbeit in der sonst sehr guten medizinischen englischen Fachzeitschrift The Lancet.
Hier wird nach Auswertung von insgesamt 83 ganz unterschiedlichen Studien an fast 600.000 Männern und Frauen mit umstrittenen statistischen Methoden behauptet, bei einem Alkoholkonsum von mehr als 100 g pro Woche (ca. 1 Liter Wein oder gut 2 Liter Bier) wäre ein signifikanter Anstieg des Todesfallrisikos zu beobachten. Viele deutsche Medien haben z. T. reißerisch darüber berichtet.
Aufgrund einer solchen mehr als zweifelhaften Auswertung reiner Beobachtungsstudien, wie sie hier vorliegt, können jedoch keine definierten Empfehlungen abgegeben werden. Bei Betrachtung und wissenschaftlich korrekter Auswertung der Originaldaten werden unsere Empfehlungen für den moderaten Weingenuss nicht widerlegt, sondern bestätigt. Dass übermäßiger Alkoholgenuss auf Dauer schädlich und krankheitsfördernd ist, betonen wir seit Jahrzehnten, besonders auch im Programm Wine in Moderation.
Hinzu kommt, dass bei korrekter Auswertung der Studie der Wein besser abschneidet als Bier und Spirituosen. Der Wein wird aber in den Überschriften der Presse als der „Bösewicht“ dargestellt.
In der Arbeit wird pauschal auf Alkohol-Wochendosen Bezug genommen.
Eine Reihe von hochwertigen Studien aus aller Welt zeigt jedoch, dass regelmäßiger, aber mäßiger Alkohol- und besonders Weingenuss, an fünf bis sieben Tagen in der Woche, gesundheitlich positive Wirkungen hat. In England und anderen nördlichen Staaten wird die Wochendosis an Alkohol - und dies sind dort in der Regel Bier und Spirituosen - oft am Wochenende konsumiert, was gesundheitlich fatale Folgen haben kann. Dieser entscheidende Unterschied im Trinkmuster wird in der „London–Studie“ in keinster Weise erwähnt, dasselbe gilt für das oft schädliche Trinken von alkoholhaltigen Getränken auf nüchternen Magen. Wir empfehlen den Weingenuss zum Essen, was eine Reihe von gesundheitlichen Vorteilen bietet, wie wissenschaftlich bewiesen wurde. Aus wissenschaftlich-statistischer Sicht führte Dr. Kreuter weitere Fakten an, die die Aussagen der Arbeit aus London relativieren oder widerlegen.
Sie widerlegt sich sogar selbst: Im Anhang mit allen Daten und bei korrekter Einbeziehung der Abstinenzler ergeben sich für moderaten Alkohol– und auch Wein–Genuss ganz ähnliche positive Effekte wie in zahlreichen Studien aus aller Welt nachgewiesen.
Im 2. Teil stellte Dr. Kreuter deutsche, z. T. eigene Studien mit der Deutschen Weinakademie und der Universität Köln vor, und europäische Untersuchungen, die alle aufzeigen:
Moderater Weingenuss zum Essen, gesunde, frische Vollwertkost und regelmäßige Bewegung –„ Gesunder Lebensstil mit Wein“ – vermindern das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall, Diabetes Typ 2 und Alzheimer Erkrankung und verlängern unser Leben um lebenswerte Jahre.
Ausstellung der Künstlerin Angelika Castelli
Die Künstlerin Angelika Castelli fasste in zwei ihrer eindrucksvollen Gemälde viele Sichtweisen aus den steilen Weinlagen der Ahr zusammen.
Das Ahrtal ist aufgrund seiner pittoresken Weinhänge, welche die Gelegenheit zu interessanten Wanderungen bieten, seiner Naturschönheiten, der grün bewaldeten Vulkankegel und der wunderschönen Ahr, die sich wild durch das Schiefergebirge schlängelt und last but not least durch den hervorragenden Wein weithin bekannt. Dementsprechend prägen diese reizvollen Aspekte auch die künstlerische Landschaft an der Ahr. Infolgedessen werden die Themen der kultivierten Natur, der reichen Weinlese und der Vorfreude auf einen sinnlichen Genuss in diesem farbenfrohen Gemälde aufgegriffen. Wie der Titel „Fortunata“, was so viel bedeutet wie vom Schicksal oder dem Glück begünstigt, zeigt, gehört zum Erfolg des Winzers neben der guten Lage, dem geeigneten Boden und günstigen Wetterbedingungen auch ein Quäntchen „fortune“. Der lateinische Ursprung dieses Wortes macht die historische Dimension der Arbeit im Weinberg deutlich, denn immerhin beginnt die eindrucksvolle Geschichte des Weinbaus an Rhein und Ahr schon zur Römerzeit.
Dieses Werk illustriert eine „Insel der Seligen“ nach vollbrachter Arbeit und überstandener Mühe. Im Vordergrund schreitet eine junge Frau in einem antikisierenden Gewand wie Fortuna selbst und verteilt großzügig ihre Kostbarkeiten, die zugleich den Segen für die Ernte bedeuten. Im Hintergrund erhebt sich in blauer Pracht ein fruchtbarer Weinberg, gekennzeichnet durch einen langen steinigen Weg, der in seiner Steilheit und Beschwerlichkeit ein Symbol für die harte Arbeit im Weinberg ist. So wie ein guter Wein eine Geschichte über seine Herkunft zu erzählen weiß, so gibt auch die europäische Fabel viel Amüsantes und Lehrreiches mit auf den Weg.
Die Sehnsucht nach dem Ertrag des Weinberges wird in diesem nächsten Werk thematisiert und illustriert. Lang streckt sich der Körper des Fuchses, der um die Süße der Trauben weiß, nach dem Objekt der Begierde, den vollreifen Trauben, die im Sonnenlicht glänzen. Jedoch scheint er sie nicht erreichen zu können, im Gegensatz zu einem fliegenden Geschöpf, welches triumphierend eine Traube im Schnabel hält. Die Idee zu diesem Bild lieferte folgende Fabel:
Der Fuchs und die Trauben
Der Fuchs, den es hungerte, sah an einem Weinstock Trauben hängen. Wollte er sie sich verschaffen und konnte es doch nicht! Schließlich machte er sich davon und sagte zu sich selbst: „Sie sind sauer“. (15)
So ist es auch bei manchen Menschen. Infolge ihrer Unzulänglichkeit vermögen sie an bestimmte Dinge nicht heranzukommen und geben dafür den Umständen die Schuld. Im Gegensatz zu unserem armen Fabeltier sind wir hier im Ahrtal in der glücklichen Lage, jedes Jahr aufs Neue die köstlichen Früchte des Weinberges zu genießen.
Der Projektleiter der Ahrweiler Freiheitswochen Grambs dankte den Referenten für den besonderen kulturellen, önologischen und medizinischen Genuss des Abends. Es war wieder ein harmonischer, interessanter und unterhaltsamer Abend mit guten Tropfen „nebenbei“. Der gute Zuspruch und die glücklichen Gesichter am Ende der Vorträge sprechen für drei überzeugende Referenten, so Grambs.