Engers vor 30 Jahren

Als der „rote Brummer“auf seine letzte Fahrt ging

Als der „rote Brummer“
auf seine letzte Fahrt ging

Ein seltenes Fotodokument: Abschiedsfahrt des vollbesetzten VT 98 (798) am 26. Mai 1989 in Engers. Mehr als drei Jahrzehnte Schienenbusgeschichte in der Region gingen zu Ende. Foto: Jürgen Moritz

Engers. Ein wenig wehmütig werden Eisenbahnfreunde in diesen Wochen drei Jahrzehnte zurückdenken, denn mit dem Fahrplanwechsel Ende Mai 1989 endete nach 105 Jahren der schienengebundene Personenverkehr von Engers auf die Höhen des Westerwalds.

Dies hatte sich schon längere Zeit abgezeichnet, denn bereits gut zwei Jahre zuvor hieß es in einer Stellungnahme der DB, „dass der Personenverkehr in den Westerwald möglicherweise eingestellt werden könnte“. Mit der Einstellung des Personenverkehrs ging ein bedeutendes Kapitel Verkehrsgeschichte in der Region zu Ende, das am 30. Mai 1884 begonnen hatte. An jenem Tag fuhr zum ersten Mal ein Personenzug von Engers bis nach Altenkirchen.

Auch wenn die Strecke vorrangig für den Güterverkehr konzipiert war, so entwickelte sich der Personenverkehr im Laufe der folgenden Jahrzehnte recht beachtlich. Während ursprünglich nur drei Zugpaare von Engers aus auf der unteren Westerwaldbahn verkehrten – zwei davon zudem nur als „Güterzüge mit Personenbeförderung“ –, waren es in späteren Jahrzehnten bis zu acht Personenzugpaare, die die Strecke werktäglich befuhren. Als wichtige Nord-Süd-Verbindung gab es sogar durchgehende Eilzugverbindungen, die über mehr als drei Jahrzehnte Koblenz über Neuwied und Engers mit Betzdorf verbanden. Eine deutliche Einschränkung des Personenverkehrs erfolgte erst 1975, als der sonntägliche Schienenverkehr auf die Straße verlagert wurde, da die Individualisierung des Personenverkehrs längst ihren Siegeszug angetreten hatte.

Während in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts die Personenzüge überwiegend mit Tenderlokomotiven der Eisenbahnbetriebswerke Engers und Altenkirchen bespannt waren, tauchten um 1952 die ersten einmotorigen Schienenbusse der Baureihe VT 95 auf. 1956 folgten zweimotorige Fahrzeuge der Baureihe VT 98, die dem Einsatz der schwarzen Maschinen im noch verbliebenen Personenzugdienst nach einigen Jahren das endgültige Aus bereiteten.

Nach einer kurzen Episode, in der Akkutriebwagen den Personenverkehr bewältigten, waren es am Ende wieder die zweimotorigen VT 98, nun mit der computergerechten Baureihenbezeichnung „798“, die zum Einsatz kamen. Im Mai 1989 war dann aber auch ihre Zeit abgelaufen, und nur die in jenen Jahren beliebten und nun wieder dampflokbespannten „Vatertags-Sonderzüge“ beförderten noch bis 1996 alljährlich an Christi Himmelfahrt Tausende von Wanderern bis nach Grenzau, bevor auch diese Episode zu Ende ging.

Aber vielleicht wird es in der Zukunft doch wieder möglich sein, zumindest an schönen Wochenenden im Museumsbahnbetrieb die herrliche Strecke durch das idyllische Brexbachtal als Fahrgast in einem „roten Brummer“ zu genießen …

Jürgen Moritz