Paralympisches Komitee aus Korea besucht das Wilhelm-Remy-Gymnasium Bendorf

Beispielhafter inklusiver Unterricht

Beispielhafter inklusiver Unterricht

Eine Delegation des koreanischen Paralympischen Kommitees besuchte das Wilhelm-Remy-Gymnasium Bendorf, um sich die erfolgreiche Inklusionsarbeit anzusehen. -GM-

Beispielhafter inklusiver Unterricht

Beispielhafter inklusiver Unterricht

Bendorf. Inklusion – Diesen Begriff haben viele Menschen schon gehört, aber was ist das eigentlich? Inklusion heißt Zugehörigkeit, also das Gegenteil von Ausgrenzung. Wenn jeder Mensch – mit oder ohne Behinderung – überall dabei sein kann, in der Schule, am Arbeitsplatz oder in der Freizeit, dann ist das Inklusion. Ein Menschenrecht, das in der von Deutschland unterzeichneten UN-Behindertenrechtskonvention festgeschrieben ist. In einer inklusiven Gesellschaft ist es normal, verschieden zu sein, jeder ist willkommen. Damit Inklusion gelingt, brauchen wir eine barrierefreie Welt ohne Hindernisse. Davon profitieren nicht nur Menschen mit Behinderung, sondern auch ältere Leute oder Personen mit Migrationshintergrund. Letztendlich profitieren wir alle davon, zum Beispiel durch den Abbau von Hürden, damit die Umwelt für alle zugänglich wird, aber auch durch weniger Barrieren in den Köpfen, mehr Offenheit, Toleranz und ein besseres Miteinander.

Inklusion am Wilhelm-

Remy-Gymnasium Bendorf

Die Inklusion soll bereits in der Schule beginnen, ein landesweiter Vorreiter für ein inklusives Schulkonzept ist das Bendorfer Wilhelm-Remy-Gymnasium. Seit dreißig Jahren wird am WRG Bendorf inklusiv unterrichtet und in dieser Zeitspanne haben zahlreiche junge Menschen mit Beeinträchtigung das Abitur erreicht und eine Berufsausbildung oder ein Studium absolviert. Die Art und Schwere der körperlichen Beeinträchtigung oder der Sinnesbeeinträchtigung spielt hierbei keine Rolle, wenn die Voraussetzungen für einen gymnasialen Bildungsgang gegeben sind. Wegen der räumlichen und strukturellen Barrierefreiheit umfasst das Einzugsgebiet des Gymnasiums neben der Stadt Bendorf und Umgebung aktuell sechs weitere Landkreise, Schwerpunkte sind darunter die Kreise Ahrweiler und Westerwald. Derzeit lernen dort rund 1000 Kinder und Jugendliche zusammen mit 40 Schülerinnen und Schülern, die verschiedenste Beeinträchtigungen aufweisen. Ein Team aus zwei pädagogischen Fachkräften und zwei Physiotherapeuten kümmert sich um die Belange der Schüler mit Handikap.

Auch das inklusive Sportkonzept des WRG ist beispielhaft. Gerade in den weiterführenden Schulen, wo der Sportunterricht von traditionellen Sportarten geprägt ist, deren Regeln und Techniken festgeschrieben sind, können Schüler mit Beeinträchtigung bisher kaum regulär teilnehmen. Daher ist es notwendig, dass sich der Sportunterricht den Gegebenheiten der Schüler anpasst und nicht umgekehrt. Besteht in anderen Unterrichtsfächern die Möglichkeit zum Beispiel auf technische Hilfsmittel zurückzugreifen, musste der Sportunterricht neu konzipiert werden, damit alle Schüler gleichermaßen in ihrem individuellen Leistungsvermögen gefordert und in ihrer Motorik gefördert werden.

Koreaner möchten von

erfolgreichem Konzept lernen

Die lange Erfahrung mit der Inklusion auch im sportlichen Bereich veranlasste eine hochrangige koreanische Abordnung zu einem Besuch des Gymnasiums in Bendorf. Der Delegation gehörten Mitglieder des Korean Paralympic Committee, des Ministry of Culture, Sports and Tourism sowie ausgewählte Schullehrer und zwei Dolmetscherinnen an, die sich vor Ort über Perspektiven des inklusiven Schulsports informieren wollten. Die Delegationsleiterin Kyulee Kim zu Blick aktuell: „Inklusiver Sportunterricht wird seit 2009 nach und nach auch an den koreanischen Schulen eingeführt. Wir haben im Internet recherchiert und das Wilhelm-Remy-Gymnasium Bendorf als sehr gutes Beispiel für inklusiven Sport gefunden. Nach einem freundlichen Kontakt mit Frau Kindel haben wir uns dazu entschlossen, das Konzept einmal in der Praxis anzusehen und daraus für unsere Inklusionsbemühungen zu lernen.“

Nach einer Begrüßung durch den stellvertretenden Schulleiter Johannes Arnold stellte die Leiterin des Kompetenzbereichs Inklusion Simone Kindel dem koreanischen Personenkreis detailliert das inklusive Unterrichts- und Sportkonzept an der Schule vor. So haben jetzt beispielsweise Schüler mit Beeinträchtigung die Möglichkeit, wenn nötig unter Mithilfe eines Physiotherapeuten an dem modifizierten und individualisierten Sportunterricht teilzunehmen. Frau Kindel berichtet, dass es ein zentrales Anliegen der Schule sei, die erarbeiteten Konzepte etwa beim Nachteilsausgleich oder dem inklusiven Sport an andere interessierte Schulen und Institutionen weiterzugeben.

Studiendirektor Johannes Arnold, Simone Kindel und Physiotherapeut Fabian Steiger führten die Gäste anschließend durch einige Klassenzimmer, in denen Schüler mit und ohne Beeinträchtigung zusammenarbeiten. Sie interessierten sich auch allgemein für den Unterricht sowie die Lehrerausbildung und schnupperten deshalb kurz in eine Chemiestunde hinein, in der ein Chemiereferendar angeleiteten Unterricht gab. Danach nahmen die Besucher an einem Sportunterricht der siebten Klasse mit Sportlehrer Tim Eggerslüss teil und konnten dort praxisnah inklusiven Schulsport erleben. Besonders beeindruckt waren sie von dem Schüler Theo Garthe, der von Geburt an ohne Beine aufwächst und trotz dieser Behinderung mit seinen nicht beeinträchtigten Mitschülern lebhaft am Sportunterricht teilnimmt. Danach schaute sich die Delegation ein Rollstuhlbasketballspiel der Achtklässler an, dabei kamen die neu angeschafften Sportrollstühle zum Einsatz. Es folgte eine längere Gesprächsrunde mit Lehrern und dem KBI-Team (KBI = Kompetenzbereich Inklusion) unter Beteiligung der pädagogischen Fachkraft Frau Garthe und den Physiotherapeuten Joanna Drzewiecki sowie Fabian Steiger.

Nach dem effektiven Erfahrungsaustausch verabschiedeten sich die Gäste aus Korea, nicht ohne sich für die lehrreichen Einblicke und die bleibenden Eindrücke herzlich zu bedanken. Die Delegation will noch eine Woche lang durch Deutschland reisen, um weitere Erfahrungen an anderen Institutionen zu sammeln.