Erinnern und Mahnen
Besuch der Gedenkstätte Hadamar
Hadamar. Am 9. November, einem bedeutsamen Tag in der deutschen Geschichte, organisierten Vereine Buchfinkenland eine Fahrt zur Gedenkstätte für die Opfer der NS-Euthanasie-Verbrechen in Hadamar.
Dieser Tag, geprägt von Ereignissen wie der Ausrufung der Republik 1918, der Reichspogromnacht 1938 und dem Mauerfall 1989, bot Anlass, sich den düsteren Kapiteln der Vergangenheit zu stellen. Die Reise, initiiert von fünf lokalen Vereinen und Organisationen, zog viele Teilnehmer an, die sich mit der Geschichte auseinandersetzen wollten.
Vor Ort wurden die fast 50 Teilnehmer in zwei Gruppen von Birgit Sucke und Olaf Neuman, ehrenamtliche Mitarbeiter der Gedenkstätte, durch die ehemalige Tötungsanstalt geführt.
Neuman, der seit 21 Jahren Führungen anbietet, äußerte seine Freude darüber, dass auch Erwachsene das Bedürfnis haben, sich mit der Geschichte auseinanderzusetzen. Sucke informierte über den aktuellen Ausbau der Gedenkstätte, um dem steigenden Bedarf an Besuchen gerecht zu werden.
Die Führung konfrontierte die Besucher mit der grausamen Geschichte der Landesheilanstalt Hadamar, die Ende 1940 von den Nationalsozialisten in eine Tötungsanstalt umgewandelt wurde.
In den Kellern der Anstalt wurden bis August 1941 über 10.000 Menschen ermordet, darunter auch Einwohner aus dem Westerwald. Der Rundgang verdeutlichte die perfide Organisation des Tötungsprozesses, von der Ankunft über die Gaskammer bis zur Entsorgung der Leichen.
Nach einer Unterbrechung der Gasmorde im August 1941, um den Unmut in der Bevölkerung zu vermeiden, begann 1942 eine zweite Mordphase. Bis März 1945 wurden weitere 4.500 Menschen getötet, darunter auch psychisch kranke Soldaten.
Diese Opfer wurden nicht verbrannt, sondern in Massengräbern beigesetzt, um die Sichtbarkeit der Krematoriumsschornsteine zu vermeiden.
Besonders erschütternd war der Einblick in den erhaltenen Tötungsbereich im Keller, wo Frauen, Männer und Kinder in einer als Duschraum getarnten Gaskammer ermordet wurden. Die Leichen wurden zu Krematoriumsöfen geschleift und verbrannt, einige zuvor auf einem steinernen Seziertisch ausgeweidet.
In einer abschließenden Gesprächsrunde reflektierten die Teilnehmer über das Erlebte. Eine Teilnehmerin fragte entsetzt nach den Menschen, die solch unvorstellbares Leid verursachen konnten. Erklärungsversuche wie Abstumpfung und Alkoholkonsum wurden diskutiert.
Die Mitarbeiter der Gedenkstätte bestätigten, dass bislang keine Leugner der Verbrechen die Gedenkstätte besuchten. Karl-Josef Müller, ältester Teilnehmer, berichtete von einem bekannten Euthanasiefall.
Einigkeit herrschte darüber, dass das Grauen nicht vergessen werden darf und Verantwortung für die Zukunft erforderlich ist. Passend endete die Aussprache mit dem Zitat „Sei ein Mensch“. BA
