Kolumne (36)

Die Orgel in der Odendorfer Pfarrkirche St. Petrus und Paulus

Die Orgel in der Odendorfer Pfarrkirche St. Petrus und Paulus

Fotos: Nicole Prinz

Die Orgel in der Odendorfer Pfarrkirche St. Petrus und Paulus

Odendorf/Essig. Mit der im Jahre 1908 erbauten Klais-Orgel verfügt die „große“ katholische Kirche in Odendorf über ein besonderes Zeugnis spätromantischer Orgelbaukunst, das im Folgenden kurz vorgestellt werden soll.

Die Töne einer Orgel werden ähnlich produziert wie bei Blasinstrumenten. Ein Luftstrom, der bei Orgeln heute von einem Motor, früher von sogenannten „Kalkanten“ (Balg- oder Bälgetreter) erzeugt wird, gelangt in einen Klangkörper (bei der Orgel „Pfeife“ genannt), der wiederum einen hörbaren Ton erzeugt. Während die Länge des Luftstromes im Klangkörper (und somit die erzeugte Tonhöhe) bei einer Blockflöte durch verschiedene Griffe variiert werden kann, steht in einer Orgel für jeden Ton eine Pfeife einer bestimmten Länge zur Verfügung. Eine weitere Tonvariation wird durch die „Register“ erzeugt: Für jede Tonhöhe sind verschiedene Pfeifen vorhanden, die sich nicht in der Länge, dafür aber in der Bauart unterscheiden und so unterschiedliche Klangfarben eines Tones gleicher Höhe produzieren. Die Odendorfer Orgel umfasst 19 solcher Register.

Ein komplexes technisches System sorgt dafür, dass je nach Kombination des verwendeten Registers und der gedrückten Tasten der vom Motor erzeugte „Spielwind“ in die entsprechende Pfeife gelangt und diese zum Klingen bringt.

Das meistverwendete Übertragungssystem ist die sogenannte „mechanische Traktur“ Dabei sind die Registerzüge und die Tasten durch „Abstrakten“ aus Holz mit Ventilen unter den Pfeifen verbunden. Diese werden durch Drücken der Tasten bzw. Ziehen des Registerzuges geöffnet, wodurch der Spielwind in die Pfeifen gelangen kann.

In der Odendorfer Orgel befindet sich ein anderes System, das für ihre Entstehungszeit typisch ist, die sogenannte „pneumatische Traktur“ (griech. Pneuma = Luft). Hierbei werden die Ventile nicht durch einen mechanischen Zug, sondern durch den sogenannten „Arbeitswind“ geöffnet, der nach dem Drücken einer Taste bzw. dem Ziehen eines Registerzuges durch kleine Rohre („Kondukte“) fließt. Die pneumatische Traktur hat gegenüber der mechanischen Traktur den Vorteil, dass der Druck, den man beim Drücken einer Taste ausüben muss, nicht mit einer zunehmenden Zahl an gezogenen Registern steigt. Als Nachteil ist zu vermerken, dass der Zeitraum zwischen dem Drücken einer Taste und dem Erklingen eines Tones länger ist als bei der mechanischen Traktur.

Diese technischen Gegebenheiten der Orgel haben auch Auswirkungen darauf, welche Musikstücke besser oder schlechter spielbar sind. So lässt sich beispielsweise ein Großteil der barocken Orgelliteratur, bei der oftmals feine Details beim Anschlag der Taste in schnellen Passagen entscheidend sind, weniger gut auf der Odendorfer Orgel darstellen als romantische Orgelliteratur, bei der es häufig auf eine gute und ausgewogene Mischung verschiedener Register ankommt.

Finanziert wurde die Klais-Orgel (Opus 388) damals mit ca. 8.000 Reichsmark durch den Odendorfer Bürger Peter Welter. Es gibt mehrere Hinweise darauf, dass die Orgel ursprünglich nicht für die Odendorfer Pfarrkirche erbaut wurde. Einige an der Rückwand der Orgel befindliche Türen wurden aus Platzgründen zerschnitten. Auf einer erhaltenen Planungszeichnung der Orgel sind zwei Spitzbogenfenster im Hintergrund eingezeichnet, obwohl sich in Odendorf nur ein einzelnes Rosettenfenster hinter der Orgel befindet. Zudem ist auf einer Holzpfeife der Hinweis „Heiligenstadt“ erkennbar.

1997 wurde die Orgel durch die Orgelbaufirma Weimbs restauriert. Da dabei nur Reparatur- und Ausbesserungsarbeiten vorgenommen wurden, ist der originale Pfeifenbestand noch erhalten. Dies macht die Orgel zu einem wichtigen historischen Denkmal. Der neugotische Prospekt der Orgel – also die sichtbare Pfeifenreihe – besteht aus Teilen des Registers Violon 16‘. Damit ein Lichteinfall durch das rosettenförmige Fenster möglich wurde, hat man die Orgel freischwebend ohne Untergehäuse errichtet.

Benjamin Bosbach