Eifel- und Heimatverein Rheinbach hatte zusammen mit dem Stadtarchiv zu einem Spaziergang eingeladen

Durch die Baugeschichteder Rheinbacher Kernstadt

Durch die Baugeschichte
der Rheinbacher Kernstadt

Birgit Preywisch-Schrick (4. v. r.) erläutert den interessierten Zuhörern das im Bau befindliche Römerkanalinfozentrum. Foto: privat

Rheinbach. Erneut hatte der Eifel- und Heimatverein Rheinbach zusammen mit dem Stadtarchiv anlässlich des Tages des offenen Denkmals zu einem historischen Stadtspaziergang durch die Innenstadt der Glasstadt eingeladen.

Das bundesweite Motto des Denkmaltags lautete „Modern(e): Umbrüche in Kunst und Architektur“.

Die Stadt- und Burgführerin Birgit Preywisch-Schrick und Stadtarchivar Dietmar Pertz hatten über ein Dutzend Objekte ausgesucht, an denen sie beispielhaft die Umbrüche in der Architektur der Stadt Rheinbach erläutern wollten. Trotz des schlechten Wetters stießen die beiden angebotenen, rund zwei Stunden dauernden Führungen auf große Resonanz. Rund 60 Interessierte nahmen insgesamt daran teil.

Bedürfnisse der

Bevölkerung änderten sich

Dietmar Pertz berichtete zunächst, dass sich die Bedürfnisse und die Struktur der Bevölkerung vom Mittelalter bis heute mehrmals änderten. Von der Ackerbürgerstadt der frühen Neuzeit über die preußische Verwaltungs- und Schulstadt entwickelte sich Rheinbach in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu einem attraktiven Wohnort nahe der damaligen Bundesstadt Bonn. Freizeit und Kultur wurden dann zu einem wichtigen Standortfaktor. Dieser Wandel, wenn er auch eher langsam geschah, brachte auch Umbrüche in Kunst und Architektur mit sich. Birgit Preywisch-Schrick stellte anhand mehrere Beispiele in der Junkergasse und Weiherstraße die städtischen Fachwerkbauten des 17. und 18. Jahrhunderts vor. Sie machte deutlich, dass sich im Laufe der Jahrhunderte die Bedürfnisse und der Geschmack der Menschen änderten und sich dies auch beim Umgang mit den Gebäuden widerspiegelt. So waren bis ins 20. Jahrhundert hinein die meisten Fachwerkgebäude verputzt, heute wird das sichtbare Fachwerk als schöner empfunden. Mitte des 19. Jahrhunderts wurden im privaten Bereich die Fachwerkbauten immer mehr durch unverputzte, nüchterne Backsteinbauten ersetzt. Vor allem der verheerenden Brand 1842, der viele Wohngebäude auf der Hauptstraße zerstörte, bot die Gelegenheit, hier schmucklose Ziegelsteinhäuser zu errichten, die oft nur durch ihre Traufständigkeit den Betrachter beeindrucken wollten.

Große Schäden

im Zweiten Weltkrieg

Nach dem Zweiten Weltkrieg, in dem viele Gebäude den Bombenangriffen zum Opfer gefallen waren, baute man die Stadt nicht im pragmatischen 50er-Jahre-Stil wieder auf oder versuchte gar, die Vorgängerbauten des 19. Jahrhunderts zu imitieren. Vielmehr knüpfte man, zumindest auf die Fassadengestaltung bezogen, an die frühneuzeitliche, giebelständige Bebauung an. Diese in den Nachkriegsjahren vom Architekten Claus Kerwer und dem Kunstschmied und Ratsmitglied Franz Kribbeler entwickelten Ideen wurden weitestgehend umgesetzt. Mit den wenigen original aus der Zeit vor 1800 errichteten Gebäuden bilden sie heute ein mittelalterlich wirkendes Ensemble, das nicht nur die Einheimischen als sehr schön wahrnehmen. Die Bebauung der Bahnhof- und Kriegerstraße begann langsam nach der 1880 erfolgten Eröffnung der Bahnstrecke Bonn-Rheinbach-Euskirchen. Hier sind vor allem Gebäude im historisierenden Stil entstanden. Zumeist Mischformen aus Jugend- und Gründerzeitstil prägen das Bild dieser Straßen noch heute. „Die Stuckornamente wurden fabrikmäßig gefertigt. Es gab Kataloge und Musterbücher, aus denen sich der Kunde sein Lieblingsdekor aussuchen konnte“, erklärte Birgit Preywisch-Schrick den interessierten Zuhörern.

NS-Architektur von 1937

Anschließend wurden das ehemalige Landratsamt (heute Rathaus) und das Amtsgericht vorgestellt, die um die Jahrhundertwende vom preußischen Staat errichtet wurden. Der preußische Adler, der über den Eingängen dieser Gebäude angebracht wurde, zeigte sowohl Angestellten als auch Besuchern unmissverständlich, wer hier das Sagen hatte.

Dass es sich bei dem heute als OGS genutzten Gebäude am Rheinbacher Hexenturm um NS-Architektur handelt, war nur wenigen Teilnehmern des Spaziergangs bekannt. Das Gebäude wurde 1937 als Heim für die Hitlerjugend und den Bund deutscher Mädel errichtet. Bewusst wurde das Burggelände als Standort ausgewählt. Es sollte eine Anlage entstehen, „...wo eine neue deutsche Jugend geformt wird, die trutzig, wie die alten Mauern, das neue Reich später gegen jeden Ansturm zu verteidigen hat und es fortpflanzen wird in die Jahrtausende“, schrieb damals der Westdeutsche Beobachter zur Fertigstellung des Rohbaus.

Neues Römerkanalinfozentrum

Gegen Ende der Führung erläuterte Birgit Preywisch-Schrick die Überlegungen, die sich die Planer zum Gebäude, das in Kürze das Römerkanalinfozentrum beherbergen wird, gemacht hatten. Nachdem es aus statischen Gründen nicht möglich war, das Infozentrum im Altbau des Himmeroder Hofes unterzubringen, war ein Neubau unausweichlich. Dieser konnte aber, um die Folgekosten, zum Beispiel in Bezug auf das Personal, möglichst gering zu halten, nur als Anbau zum Hof realisiert werden. „Durch seine Höhe wird der Neubau dem Himmeroder Hof untergeordnet. Der Kubus wurde auch bewusst außerhalb des mittelalterlichen Stadtkerns gelegt und durch eine leichte Glaskonstruktion mit dem Naturparkzentrum verbunden“, erläuterte die Stadtführerin zum Schluss. Eine Teilnehmerin am Spaziergang, die schon jahrzehntelang in Rheinbach lebt, stellte im Anschluss des Stadtspaziergangs fest: „Ich sehe Rheinbach nach dieser Führung mit neuen Augen.“

Pressemitteilung Eifel- und

Heimatverein Rheinbach