Die Johanna-Loewenherz-Stiftung vergab Stipendien im Neuwieder Roentgen-Museum

Ehrung für vier engagierte Frauen

Ehrung für vier engagierte Frauen

Die Stipendiatinnen Mitte mit Landrat und der Laudatorin Kerstin Schwanbeck Stephan (rechts).

Ehrung für vier engagierte Frauen

Die Gesangsgruppe Femmes Vokalaus Koblenz umrahmte musikalisch den Festakt. Fotos: HEP

Neuwied/Region. „Stiftungszweck ist die Förderung von Frauen, die sich irgendwie und auch irgendwo um die Sache der Frauen besonders verdient gemacht haben“, heißt es in der Satzung der Johanna-Loewenherz-Stiftung, die bei der Neuwieder Kreisverwaltung angesiedelt ist.

„...die Förderung soll durch Vergabe von Geldpreisen an Frauen erfolgen, die besondere wissenschaftliche, künstlerische oder literarische Leistungen vollbracht haben oder sich in sonstiger Weise um die Stellung der Frau in Staat und Gesellschaft besonders verdient gemacht haben“, steht ferner in der Satzung.

So hatte es die 1857 in Rheinbrohl geborene Tochter einer wohlhabenden jüdischen Kaufmannsfamilie in ihrem Testament verfügt, bevor die Politikerin und Schriftstellerin Johanna Loewenherz 1937 in ihrem Haus in Rheinbrohl starb.

Ihr Vermögen floss 1986 in eine Stiftung, die in jedem Jahr mit ungerader Jahreszahl einen Ehrenpreis und mit gerader Zahl Stipendien in Form von Geldpreisen aus dem Ertrag des Stiftungsvermögens, es umfasst 200 000 Euro, an herausragende und engagierte Frauen vergibt.

Die Preisübergabe war jetzt im Neuwieder Roentgen-Museum während eines Festakts, zu dem Landrat Achim Hallerbach zahlreiche Gäste aus Kommunalpolitik, Wirtschaft und Institutionen begrüßte. Der Kreischef verwies auf die Bedeutung des Roentgen-Museums, blickte auf das Leben von Johanna Loewenherz zurück und übergab die mit je 800 Euro dotierten Stipendien an vier Frauen, die Schulen und VG-Verwaltungen vorgeschlagen hatten.

Engagement und Leistungen dieser Frauen skizzierte in der Laudatio der Gleichstellungsbeauftragten Doris Eyl-Müller in Vertretung die Integrationsbeauftragte Kerstin Schwanbeck-Stephan.

Caroline Brömmelhues

„Die David-Roentgen-Schule hat Caroline Brömmelhues vorgeschlagen. Nicht nur, dass sie einen klassischen Männerberuf erlernte. Nach dem Abitur wird sie an dem Parlamentarischen Patenschafts-Programm des Bundestags teilnehmen, als Austauschgast für ein Jahr in den USA leben und dort die Amerikanische Demokratie hautnah erleben. Im Anschluss daran beabsichtigt sie Maschinenbau zu studieren“, heißt es in der Laudatio und weiter: „Caroline Brömmelhues ist ein sehr gutes Beispiel dafür, dass junge Frauen auch im gewerblich technischen Bereich äußerst erfolgreich ihren Weg gehen können und die Durchlässigkeit des berufsbildenden Schulwesens für ihre eigene Entwicklung nutzen. So macht sie jungen Frauen Mut.“

Victoria Elisa Over

Das Rhein-Wied-Gymnasium hatte Victoria Elisa Over vorgeschlagen: „Sie möchte Medizin studieren und hat exzellente Noten. Aber nicht nur die Zensuren sind ausgesprochen gut, auch ihre Rhetorik, ihr Sprachtalent und ihre Kommunikationsfähigkeit sind ausgezeichnet. Als Repräsentantin ihrer Schule nahm sie an einer Bühnendiskussion bei der Feier zum Tag der Deutschen Einheit in Berlin teil. In der Rhetorik- und Moderatoren-AG des RWG gewann sie zahlreiche Wettbewerbe und moderierte bei vielen schulischen und außerschulischen Anlässen. Victoria Over wirkte so als Botschafterin des Rhein-Wied-Gymnasiums und Neuwieds weit über die Grenzen der Schule bis auf Bundesebene in die Öffentlichkeit hinein. Sie scheut auch brisante Themen nicht und ist so ein Vorbild für Mädchen und junge Frauen.“

Gabi Krautscheid

Die Verbandsgemeinde Asbach und die Tafel hatten Gabi Krautscheid nominiert, die als Rollstuhlfahrerin aus eigener Erfahrung weiß was „barrierefrei“ ist. Als Kommunalpolitikerin machte sie ihr Erlebnis eines Besuchs beim Landrat in der Neuwieder Kreisverwaltung öffentlich: „Parken auf dem Behindertenparkplatz vor dem Haupteingang der Kreisverwaltung, dann eine Rollstuhlreise über den Bürgersteig der Wilhelm-Leuschner-Straße, links ab auf den Bürgersteig der Augustastraße, um die Ecke des Verwaltungsgebäudes herum, durch das Tor zum Hinterhof und dort zum 2. Eingang. Hier muss man nach 16 Uhr klingeln, dann wird die Tür entriegelt und man kann den Aufzug benutzen.“

Gabi Krautscheid meint: „In Sachen Benutzerfreundlichkeit wäre da noch Luft nach oben. Die Wahrnehmung von Menschen mit und ohne Handicap ist einfach verschieden.“ In der Vorschlagsbegründung steht: „Gabi Krautscheid engagiert sich trotz ihres eigenen Handicaps als Rollstuhlfahrerin in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens und in sozialen Bereichen, um die Integration von Frauen mit und ohne Migrationshintergrund zu verbessern. Sie ist eine Streiterin dafür, dass Inklusion in den politischen Entscheidungen Realität wird.“

Bianca Walther

Bianca Walther, die von der Verbandsgemeinde Puderbach benannt wurde, rückt Frauen in ihren wissenschaftlichen Fokus, die in der Geschichtsforschung nur wenig oder gar keine Beachtung finden. So geht es u.a. um Ika Freudenberg, die in Raubach 1858 als Tochter eines Hüttenbesitzers geboren wurde und 1912 starb. Ika Freudenberg lebte in München war dort Mitgründerin des Vereins für Fraueninteressen und Vorstandsmitglied des Bundes Deutscher Frauenvereine. Bianca Walther, eine diplomierte Konferenzdolmetscherin, schreibt über sich: „Mich faszinieren die in Kaiserreich und Weimarer Republik oft streng aussehenden, hochgeschlossenen Damen, die so hartnäckig und doch lustvoll für ihre Rechte und Freiheiten stritten. Ich hatte das Gefühl, dass über diese Frauen noch nicht alles gesagt ist und viele von ihnen noch viel zu wenig bekannt sind.“

Kerstin Schwanbeck-Stephan führte aus: „Wir verdanken dieser Art von Geschichtsforschung, dass das Leben von Johanna Loewenherz etwas konkreter für uns wurde, obwohl die Nationalsozialisten alles daransetzten, Johanna Loewenherz aus dem geschichtlichen Gedächtnis zu löschen.“ Die Forschungsarbeiten von Bianca Walther ergaben, dass Johanna Loewenherz und Ika Freudenberg zur gleichen Zeit frauenpolitisch unterwegs waren. Beide lebten zumindest vorübergehend in München. Ob die Frauen sich einmal getroffen haben, versucht Bianca Walther noch zu erforschen.

Die Stipendiaten dankten in kurzen Reden für die Auszeichnungen und mit einem Vortrag der Gesangsgruppe „Femme Vokal“, die sich als „Klang gewordene Freundschaft aus Koblenz“ bezeichnet, endete der Festakt.