Zukunft von Großfeuerwerken zu „Rhein in Flammen“ ungewiss

Ein „weiter so“ kann es nicht geben

Ein „weiter so“ kann es nicht geben

Seit über 60 Jahren findet im August das Feuerwerkspektakel „Rhein in Flammen“ in Koblenz statt. Mehrere Zehntausend Zuschauer säumen die Ufer des Rheins, wenn das große Abschlussfeuerwerk von der Festung Ehrenbreitstein abgeschossen wird. Foto: Dominik Ketz / Romantischer Rhein Tourismus GmbH

Koblenz. Der zweite Samstag im August gehört in Koblenz ganz traditionell dem Großevent „Rhein in Flammen“, bei dem Europas größter Schiffskorso von Spay bis Koblenz von Feuerwerken und bengalischen Fackeln begleitet durch das Mittelrheintal fährt. Die spektakulären Feuerwerke lassen seit über 60 Jahren das Rheintal erstrahlen und dennoch muss es erlaubt sein, auch eine traditionsreiche Veranstaltung wie diese auf den Prüfstand zu stellen.

Vor gut einer Woche hat die Deutsche Umwelthilfe hinsichtlich des Abbrennens von Silvester-Böllern Anträge gestellt, um in 31 Städten (darunter Mainz) ein Verbot bzw. eine Beschränkung für die Luftreinhaltung durchzusetzen. Im Interview mit BLICK aktuell spricht Dorothee Saar, Leiterin Verkehr und Luftreinhaltung bei der Deutschen Umwelthilfe, dass sich diese Forderung in erster Linie an Privatleute an Silvester richtet. Dennoch stellen auch professionelle Feuerwerke, wie zu „Rhein in Flammen“ eine Belastung für die Umwelt dar. Eine solche Veranstaltung würde allerdings zu kaum messbaren Anstiegen im Bereich der Feinstaubbelastung führen, es sei denn eine der Messstationen würde sich in unmittelbarer Nähe befinden.

BLICK aktuell hat im Vorfeld zu „Rhein in Flammen“ am Samstag, 10. August, mit der Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH, dem Veranstalter des Großevents, Kontakt aufgenommen.

Feuerwerke bilden den Markenkern

Einer schriftlichen Stellungnahme der Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH zufolge sind die Feuerwerke nach wie vor „das zentrale Element von Rhein in Flammen und bilden den Markenkern der Veranstaltung“. Zugleich weist man darauf hin, dass das aktuelle Konzept auch kritisch hinterfragt wird und aktuell Überlegungen nach Alternativen zu den bisherigen Feuerwerken stattfinden bzw. wie diese ergänzt werden können.

Giftige Substanzen verbannt

Das Feuerwerk anlässlich von „Rhein in Flammen“ in Koblenz beschränkt sich auf maximal 25 Minuten. Laut Veranstalter verteilt sich der Feinstaub dabei bedingt durch die Steighöhen von bis zu 250 Metern schneller. Im Vergleich zum Feinstaub, der durch Pkw im Verkehr entsteht, sind die Partikel wesentlich größer und eher mit Feinstaub beim Grillen vergleichbar. Die Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH sieht eine Feinstaubbelastung für die Koblenzer Innenstadt durch das Abschlussfeuerwerk von der Festung Ehrenbreitstein dennoch aus mehreren Gründen als sehr unwahrscheinlich an. Die Veranstalter führen hierzu die große Distanz zwischen Innenstadt und Abbrennplatz, den topografischen Höhenunterschied oder auch die überwiegend westliche Windrichtung an. Giftige Substanzen in den Feuerwerkskörpern wie beispielsweise Schwermetalle oder Arsen seien seit vielen Jahren ohnehin nicht mehr in den pyrotechnischen Bestandteilen enthalten.

Feuerwerk-Feinstaub - schädlich oder nicht?

Der Verband der pyrotechnischen Industrie sieht den durch Feuerwerk hervorgerufenen Feinstaub anders als die DUH als wesentlich weniger schädlich an: „Anders als beispielsweise Verbrennungsmotoren, ist der Feinstaub aus Feuerwerkskörpern aufgrund seiner Eigenschaften wesentlich unbedenklicher. Partikel aus Feuerwerk sind wasserlöslich bzw. wasseranziehend und verschwinden daher sehr schnell wieder aus der Luft. Und da sie überwiegend aus löslichen Salzen bestehen, können sie vom Körper aus der Lunge leicht wieder entfernt werden. Bei Rußpartikeln aus Dieselmotoren ist das hingegen nicht der Fall, da hier die Partikel wasserabweisend sind und die Partikel langwierig wieder aus dem Körper entgiftet werden müssen“, erklärt Dr. Fritz Keller, Sprecher für den Bereich Technik und Forschung vom VPI.

Die Deutsche Umwelthilfe sieht auch Feinstaub durch Feuerwerk als Auslöser für akute Atemprobleme bei Lungen geschädigten Menschen oder auch an Asthma erkrankten Kindern.

Abwägung zwischen Tradition und Moderne

Ein „weiter so“ für Rhein in Flammen wird es angesichts der Auswirkungen für Klima und Umwelt nicht geben können. Das ist auch der Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH als Veranstalter klar, obwohl die betreffenden Orte, Gastronomie und Hotellerie von den positiven ökonomischen Effekten sehr profitieren.

Dorothee Saar von der DUH sieht Alternativen zu den bestehenden Konzepten nicht als Notlösung, sondern auch als Möglichkeit und Chance zur Innovation und Aufwertung einer traditionellen Veranstaltung. Die Prüfung von zukunftsfähigen Möglichkeiten, die genauso eine stimmungsvolle Atmosphäre herstellen können bis hin zur Überarbeitung der bestehenden Pyrotechnik werden neue Mittel und Wege sein, die es erst einmal zu finden gilt. Eine saubere Pyrotechnik wäre ein erster Ansatz.

Die Feuerwerke zu Rhein in Flammen sind nur ein Baustein von vielen, die nach Information der Veranstalter auf dem Prüfstand stehen. Insbesondere das höhere Verkehrsaufkommen im Stadtgebiet führe zu höheren Messwerten der Feinstaubbelastung.

„Die Feuerwerke sind im Rahmen der Veranstaltung Rhein in Flammen nicht die einzigen Treiber, die im Rahmen einer Klimadebatte auf dem Prüfstand stehen. Hier ist es wichtig, dass im Rahmen von Großveranstaltungen geeignete Ausweichmöglichkeiten in Form von Park + Ride sowie ÖPNV-Angeboten geschaffen werden, die von den Besuchern der Veranstaltung gut angenommen werden. Darüber hinaus sind Konzepte zur Müllvermeidung unablässig und eine Sensibilisierung der Gäste diesbezüglich“, heißt es schriftlich.

Dicke Luft auf dem Rhein?

Nach Auskunft der Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH nehmen jährlich zwischen 50 und 60 Personenschiffe an Europas größtem Schiffskorso anlässlich von Rhein in Flammen teil. Nach Auskunft des Veranstalters liegen zur Umweltbelastung durch die Abgase der Fahrgastschiffe noch keine Untersuchungsergebnisse vor. Maßnahmen zur Ausstoßreduktion würden dennoch „aktiv hinterfragt und vorangetrieben“.

Die Spezialistin der DUH Dorothee Saar gibt zu, dass die Abgasreinigung bei Schiffen noch deutlich hinterherhinkt. Ein Anstieg der Feinstaubbelastung durch die Diesel-Motoren sei nahezu sicher. Es gäbe in diesem Bereich aktuell Pilotverfahren zur Nachrüstung von Schiffen oder auch vereinzelt Förderprogramme und dennoch sei noch viel Luft nach oben, was dies betrifft.

Optimistischer Ausblick

Es gilt festzuhalten, dass eine Veranstaltung wie Rhein in Flammen nicht an wenigen Punkten als „Klimasünder“ per se auszumachen ist. Wenn die Veranstalter von „Großfeuerwerken als geringfügigen Treiber in der Klimadebatte“ sprechen ist dies nicht falsch. Wenn man aber das Veranstaltungskonzept im Ganzen betrachtet, gibt es viele einzelne Punkte, die allesamt durchaus einen Einfluss auf die Luftqualität haben.

Die Rheinland-Pfalz Tourismus verweist in diesem Zusammenhang auf eine Analyse der Kollegen aus Zürich, die mit „Züri Fäscht“ das größte Volksfest der Schweiz (etwa 2 Mio. Besucher) veranstalten und bei der Umweltstiftung „myclimate“ eine Auswertung hinsichtlich des CO2-Ausstoß und der Feinstaubbelastung in Auftrag gegeben haben. Demnach würden die drei Großfeuerwerke und die Flugshow im Rahmen von „Züri Fäscht“ lediglich 0,2 Prozent des gesamten CO2- und Feinstaubausstoßes der Veranstaltung ausmachen.

Die Veranstalter von „Rhein in Flammen“ sind trotz dieser beruhigenden Zahlen ihrer Kollegen bestrebt in allen Bereichen dem Klimaschutz Rechnung zu tragen. So stehe man im engen Austausch mit den Pyrotechnikern, um bestmögliche Lösungen zu finden, oder bietet auch zahlreiche Alternativen zur Anreise mit dem Auto an. Das Konzept bei der Getränkeausgabe verzichtet zudem komplett auf Einwegbecher und produziert keinen unnötigen Müll mehr.

Jeder kann etwas tun

Jedem Besucher von „Rhein in Flammen“ sollte klar sein, dass es nicht nur an den Veranstaltern alleine liegt, wie klima- und umweltfreundlich eine solche Veranstaltung ist, sondern auch an jedem Einzelnen selbst. Wer bereits die Wahl der Verkehrsmittel zur Anreise überdenkt und seinen eigenen Müll auf dem Festgelände wieder mitnimmt oder richtig entsorgt, der hat schon den ersten Schritt getan. Wenn am Samstag zum 64. Mal der Himmel über dem Mittelrheintal in farbenprächtigem Licht erstrahlt, ist ein schlechtes Gewissen also nicht zwingend angebracht. Das Feuerwerksspektakel ist zwar kein Green Event, doch in puncto Nachhaltigkeit ist man von Seiten der Rheinland-Pfalz Tourismus auf einem guten Weg.

-CF-