Thürer Scheunenabend bot exklusives Konzerterlebnis

Ein wenig Dorfgeschichte war auch dabei

Ein wenig Dorfgeschichte war auch dabei

Der Männergesangverein Thür begeisterte das Publikum und sorgte bei vielen für Gänsehaut.SOT

Ein wenig Dorfgeschichte war auch dabei

Eine tolle Atmosphäre herrschte in der Thürer Dorfscheune

Thür. Für Freunde des Swing und Chorgesangs war die Thürer Dorfscheune am vergangenen Samstag der „Place to be“. Gemeinsam mit dem Männerchor „Cäcilia Mülheim“ aus Mülheim-Kärlich und dem renommierten „Jubilee Ballroom Orchestra“ bescherte der MGV Thür dem gemeinsamen Publikum echten musikalischen Hochgenuss an einem Ort, an dem mehr als 150 Jahre lang Getreide, Heu und Stroh gelagert wurde. Es war ganz offensichtlich eine gute Entscheidung der Gemeinde Thür vor rund 30 Jahren, die alte Scheune zu kaufen und sie in das zu verwandeln, was sie heute ist: ein Dorfmittelpunkt mit ganz besonderer Atmosphäre, die auch für einen gediegenen Konzertabend die ideale Kulisse abgibt.

Der Vorsitzende des Thürer Männerchors, Friedrich Hermes, freute sich sehr, am Abend neben Ortsbürgermeister Rainer Hilger und Pastor Ralf Birkenheier die ehemaligen Chorleiter Karl-Heinz Kohns und Lothar Scheid begrüßen zu dürfen. „Im März waren wir beim Frühlingskonzert in Mülheim zu Gast, heute Abend sind sie hier in Thür, um gemeinsam mit uns den Scheunenabend zu gestalten“, begrüßte Hermes im Anschluss die Gäste aus Mülheim-Kärlich. Bezüglich des „Jubilee Ballroom Orchestras“ hielt sich der Vorsitzende des MGV Thür ganz bewusst kurz: „Ich denke, es ist nicht zu viel gesagt, wenn ich sage, dass diese Band dem Abend eine ganz besondere musikalische Note geben wird. Sie werden es gleich erleben“, so Hermes. Und er sollte recht behalten. Den Auftakt des Konzerts machten die Gastgeber mit den Stücken „Wohlan ihr Freunde, seid gegrüßt“ (Waldemar Klink), „Unter der Linde“ (Mathias Neumann) und „Kein schöner Land“ (Satz: Rudi Kühn). Im Anschluss spielte das Orchester unter Leitung des Vollblut-Musikers Gerhard Müller auf: Schon mit „Sugerfoot Stomp“ (J. K. Oliver, L. Armstrong), „Button up your Overcoat“ (Ray Henderson, Buddy De) und „Ain‘t She Sweet“ (Milton Ager, Jack Yellen) belegten sie, was Hermes in seiner Ankündigung angedeutet hatte.

Dann stellte sich der Männerchor Mülheim mit den Stücken „Aber dich gibt’s nur einmal für mich“ (Lorenz Maierhofer), „Schönes Wetter heute“ (Severing Güssler) und Motorbiene (Jerome Landis) vor, was ebenfalls für einhellige Begeisterung unter den Konzertbesuchern sorgte. Zum zweiten Programmteil begrüßte der Thürer Männerchor sein Publikum mit einer Chormusik, die dem Jazz verwandt ist: dem Negro-Spiritual. „Wie der Jazz hat es afro-amerikanische Wurzeln“, erklärte Hermes vorab, „es sind die religiösen Lieder der nach Amerika als Sklaven verschleppten Afrikaner, in denen sie ihre Hoffnung auf Gott und auf ein freies und besseres Leben im Jenseits ausdrücken.“ Die Stücke „My Lord what a morning when the Stars begin to fall“ und „All night all day angels watching over me“, vorgetragen mit dem richtigen Gefühl, bescherten zahlreichen Besuchern echte „Gänsehaut“.

Bei der Planung des Programms habe ihn Gerhard Müller gefragt, ob Thür „so etwas wie eine Dorfhymne“ habe, verriet Hermes im Verlauf des Abends. „Ich antwortete ihm, eine Thürer Hymne haben wir zwar nicht, soweit ist es noch nicht, aber wir haben ein Thürer Lied, das in den vergangenen Jahren bei vielen Veranstaltungen zu einem Hit geworden ist: „De Baach moos off“. Auf feines Hochdeutsch übersetzt: „Der Bach muss geöffnet werden“, erklärte der Vorsitzende des MGV Thür und mutmaßte, dass sich wohl diejenigen, die mit den Thürer Verhältnissen nicht so vertraut seien, fragten: „Was soll ein solcher Liedtitel? So berauschend ist der ja auch nicht.“ Die Erläuterung folgte auf dem Fuß: „Wie durch viele Ortschaften läuft auch durch Thür ein Bach, der allerdings seit 1907 durch Kanalisierung komplett in der Ortslage verschwunden war. Wehmütig erinnerte sich deshalb in den achtziger Jahren eine Thürer Gesangsgruppe an die Zeit, in der der Bach offen durch Thür lief und die Kinder darin spielen konnten“, so Hermes, und sie komponierten ihre Forderung in einem Lied: „De Baach moos off“. Die Forderung sei zunächst erfolglos geblieben, „bis wir uns vor elf Jahren an dieses Lied erinnerten: Karl-Heinz Kohns schrieb einen dreistimmigen Chorsatz dazu. Unser Chor intonierte ihn zum ersten Mal auf dem Kirmesfrühschoppen 2007.“ Der Effekt blieb nicht aus: Eine breite Bürgerbewegung formierte sich. Als vor 4 Jahren die Neugestaltung der Segbachstraße, unter der der Bach verläuft, in Angriff genommen wurde, habe sich Ortsbürgermeister Hilger an die Spitze dieser Bürgerbewegung gesetzt, berichtete Hermes.

Daraufhin wurde eine Teilöffnung des Bachs in die Planung aufgenommen „und planerisch hervorragend umgesetzt“, am 28. November 2015 konnte die Einweihung des offenen Bachlaufs auf dem Thürer Kirchenvorplatz gefeiert werden. „Und jetzt brauchten wir eine neue Strophe“, schmunzelte Hermes. Marie-Luise Marhöfer textete sie: „De Baach ess off“.

In Begleitung des „Jubilee Ballroom Orchestras“ trugen die Gastgeber ihr „Dorflied“ vor, und zwar in einwandfreiem Thürer Platt. Das sei „so weltoffen, dass sie alle es verstehen können“, beruhigte Hermes die Zuhörer im Vorfeld. Alles in allem sollte der Abend großartig werden: „Wir hatten in der ausverkauften Thürer Scheune einen wundervollen Abend mit hervorragenden Instrumental- und Chorvorträgen“, brachte es ein rundum zufriedener Hermes am guten Schluss auf den Punkt.