Heimatgeschichte: Das Pastorenkreuz und eine Steintafel erinnern an Nikolaus Müllenbach

Eine Frühmessen-Stiftung„für das Heil und den Seelentrost“

Eine Frühmessen-Stiftung
„für das Heil und den Seelentrost“

Eine Steintafel, die sich an der inneren Südwand der Pfarrkirche St. Nikolaus befindet. F. G. Bell

Kottenheim. Im Frühjahr wurde bereits von der Restaurierung und Einsegnung eines Gedenkkreuzes auf dem alten Friedhof in Kottenheim berichtet. Da das Kreuz nicht mehr im ursprünglichen Zustand war - es fehlten zwei sogenannte Assistenzfiguren und der Christuskopf - nahm sich der Förderverein Junker-Schilling-Kottenheim e. V. nun auch dieses Kulturdenkmals an. Doch warum wird dieses Basaltlavakreuz von 1690 als Pastorenkreuz bezeichnet? Die Kreuzinschrift klärt auf: „Her Nicolas Müllenbach Pastors seiner Eltern und Bruder Friedrichs Begräbnis“. Doch wer war Nikolaus Müllenbach? Dieser wurde um 1654 als Sohn der Eheleute Johann und Margarete Müllenbach in Kottenheim geboren, war später Diakon in Trier, Kaplan in St. Thomas Andernach, Pfarrer in Weiler in der Vordereifel und zuletzt Pfarrer in Koblenz-Metternich.

Steintafel an Kirchenwand

Weitaus weniger im Blickfeld als das Pastorenkreuz ist eine Steintafel (140 x 90 cm) an der inneren Südwand der Pfarrkirche St. Nikolaus. Da die Dorfkirche erst 1856 erbaut wurde, ist sicher anzunehmen, dass diese Tafel noch aus der alten, vordem abgerissenen Kirche stammt und in die neue integriert wurde. Wer sich vor die Tafel stellt, kann deren Inschrift kaum lesen. Will man aber den Text verstehen, kann das Buch von Walter Lung: „Kottenheim – ein Dorf und seine Landschaft“ weiterhelfen. Die Tafel beinhaltet allerdings nur eine Kurzfassung einer sogenannten Frühmessen-Stiftung aus dem Jahre 1708, die ebenfalls von dem Pastor Müllenbach stammt. Den kompletten Stiftungstext umfasst die im Pfarrarchiv vorhandene dreiseitige Urkunde, die durch den damaligen Schreibstil stellenweise schwierig zu verstehen ist. Erzbischof Johann Hugo von Trier hatte die Urkunde am 9. Oktober 1708 unterschrieben und damit in Kraft gesetzt. Müllenbach soll im gleichen Jahr noch in Metternich verstorben sein.

Motivation für die Stiftung

Was war nun die Motivation des Protagonisten für diese Frühmessen-Stiftung? Ahnte der im Pfarrdienst in Metternich tätige Pastor sein nahes Lebensende und wollte er, wie damals oft praktiziert, eine Art Vorsorge für sein Seelenheil treffen? In der Urkunde ist vom „Heil und dem Seelentrost seiner Familie und Voreltern und seiner selbst“ die Rede und um dies zu erreichen, wurden in sechs größeren Abschnitten von ihm die unterschiedlichsten Regelungen getroffen. Da sticht als erstes die Stiftungssumme von 2.000 Rthlr. ins Auge, die der Pfarrer zum Abhalten von wöchentlich drei Frühmessen zur Verfügung stellte. Und da drängt sich einem zwangsläufig die Frage auf, wie ein Dorfpfarrer damals eine solch gewaltige Geldsumme aufbringen und stiften konnte. Wie hoch dieser Betrag im Vergleich zum Euro war, konnte selbst die Deutsche Bundesbank auf Anfrage nicht klären. Mit dem eigens einzusetzenden Frühmesser, also einem Priester, der die erwähnten drei frühen Messen abzuhalten hatte, war vom Stifter nicht der eigentliche Kottenheimer Pastor gemeint, sondern eine weitere Person. Auch dazu entwickelte Müllenbach spezielle Vorstellungen und außerdem für den Fall, dass die Stelle aus den verschiedensten Lebensumständen vakant würde. Er legte fest, dass „…möglichst einer aus seiner Familie, so dazu fähig, und wenn keiner seiner Anverwandten vorhanden sei, dann wenigstens einer aus Kottenheim gebürtig“ die ihm wichtige Funktion des Frühmessers wahrnehmen sollte.

Im fünften Abschnitt der Stiftung nahm Müllenbach die Zivilgemeinde in die Pflicht, denn die sollte für den Frühmesser möglichst in Kirchennähe ein Wohnhaus bauen, welches „einen Keller, eine Küche, eine Stube und eine Kammer, im zweiten Stockwerk wenigstens zwei Kammern und darüber einen Speicher haben soll.“ Und sollte dieses Haus „durch Brand, Krieg, Ungewitter oder dergleichen Vorfälle, ohne des Frühmessers Schuld und Versäumnis in Abgang geraten“, dann hätte die Gemeinde auf ihre Kosten ein neues Gebäude zu errichten. Dieser Teil der Stiftung war für die Gemeinde ein Knackpunkt, mit dem sie sich offenbar schwertat. Noch 1777 beklagte sich der damalige Frühmesser Bernhard Schmitz über das Fehlen dieses Hauses, das dann aber ein Jahr später erbaut wurde. Das Gebäude entstand in der Hochstraße – heute Hausnummer 5. Außer dem Frühmesser Schmitz fungierte 1740 noch ein Mathias Niederehe aus Mayen in diesem Amt. Nach 1800 wurden die gestifteten Messen vom Ortspfarrer mit übernommen. „Das Kapital“ – so Peter Schug in „Geschichte der Dekanate Mayen und Burgbrohl“ - „blieb lange erhalten: 1828 – 1.467, 1845 – 1.535, 1870 – 1.800 Taler, und 1882 – 6.005 Mark.“ Damit dürfte die einst hohe, durchaus berechtigt bezweifelte Stiftungssumme von 2.000 Talern den Tatsachen entsprochen haben. Peter Schug recherchierte auch einige Beträge, die der jeweilige Frühmesser erhielt. 1737 bekam er zwölf Taler aus der Stiftung. Später konnte der Pfarrer vom Abhalten der Frühmessen ein zusätzliches Einkommen verbuchen: 1828 erhielt er von der Frühmessen-Stiftung 60 und 1860 – 50 Taler. Die Urkunde beinhaltet auch umfangreiche Vorgaben und Regelungen, wer die Einhaltung des Stifterwillens letztlich kontrollieren sollte. Dazu benannte er „einen Dechanten und sämtliche Herren Capitulares, des hochwürdigen geistlichen Collegiatstiftes St. Clementis zu Mayen.“ Letztlich wurde noch geregelt, dass das „Churfürstliche-Trierische-Pellenzer Hochgericht“, welches sich zu Frauenkirchen versammelte, über die Einhaltung aller dargelegten Punkte zuständig sei. 1802 waren die Franzosen die neuen Landesherren. Wohl im Zuge der Säkularisierung wurde die Gemeinde vom damaligen Kirchenrat aller aus der Stiftung erwachsenen Verpflichtungen enthoben. Das Frühmesserhaus wurde 1826 von der Gemeinde verkauft und der Erlös zu dem Frühmessen-Kapital der Kirche überwiesen.

F. G. Bell