Der Florinshof zu Obermendig

Eine Perle der Stadt

Eine Perle der Stadt

Der wunderschön restaurierte Florinshof in Obermendig.Quelle: Verbandsgemeinde Mendig

Obermendig. Jüngst wurden am Florinshof einige Restaurierungsarbeiten vorgenommen. Auf Einladung der Eigentümerfamilie Schlags konnte Bürgermeister Jörg Lempertz die fertiggestellten Arbeiten in Augenschein nehmen.

1981 erwarben Bärbel und Wolfgang Schlags das Anwesen, dass unter Denkmalschutz steht. Die Wiederherstellung - eine Mammutaufgabe, mussten doch Kapelle, Wohnhaus, Hof und Garten komplett renoviert und auch die Reste der Wirtschaftsgebäude gesichert werden, die vermutlich durch Bombenangriffe teilweise zerstört waren.

Mit großer Sorgfalt wurde das ganze Anwesen liebevoll restauriert. Ein bis heute ständig laufender Prozess, denn immer wieder muss etwas gesichert, erneuert oder ergänzt werden.

Und auch die neuerlich durchgeführten Restaurierungsarbeiten hatten es in sich. Doch mit Unterstützung der Denkmalbehörden und dem Einsatz versierter Handwerker und Restauratoren wurde der Erhalt der historischen Anlage auf lange Zeit gesichert.

Die kompletten ehemaligen Wirtschaftsgebäude wurden in einem großen Kraftakt innen freigelegt. Dabei fiel auf, dass eine der mit Efeu berankten Giebelwände instabil ist. Leider musste sie abgetragen werden, um größere Schäden zu vermeiden. Zur Sicherung des Restbestandes wurden die Mauerkronen mit einer Trassmörtelmischung abgedeckt, um Witterungseinflüsse abzuhalten.

Bei den Arbeiten wurde ein Gewölbe innerhalb des Gebäudes gefunden und gesichert.

Gewände wurden teilweise erneuert, andere Eichenbalken, die als als Torstürze dienten, weil der Bestand verrottet war, eingezogen.

Die Mauer vor der Laurentiuskapelle wurde einzeln abgetragen und neu aufgebaut.

Rundum eine gelungene Restaurierung, die jetzt noch weitere Nutzungen der Hofanlage zulässt. Bemerkenswert dabei ist, das für alle Arbeiten historisches Baumaterial verwendet wird. Keine neuen Bau- und Werkstoffe finden in der historischen Substanz Verwendung.

Für alle Geschichtsliebhaber hier ein Auszug aus der Historie des Florinshofes: Aus der Urkunde aus dem Jahr 1041, in der Mendig erstmalig erwähnt wurde, ist zu entnehmen, dass das Stift St. Florin das Patronatsrecht für die Obermendiger Kirche besaß. 1351 nahm Erzbischof Balduin die Inkorporation (d.h. Einverleibung) der Pfarrei Obermendig in das Stift St. Florin vor. Wesentliche Folge war, dass die Zehnteinnahmen aus der Pfarrei dem Stift zur ständigen Nutzung übertragen wurden. Zur Pfarrei gehörten die Fillialen Bell (spätestens seit 1249) und Volkesfeld (spätestens seit 1570).

Zum Besitz des Stiftes in Obermendig gehörte auch der Fronhof St. Florin. Wann und unter welchen Umständen er Eigentum des Stiftes wurde, ist nicht bekannt. Möglicherweise handelt es sich um eine Schenkung der damaligen Pfalzgrafen. Erstmals urkundlich erwähnt wird der Florinshof 1233, und im Weistum von 1427 erscheint er als Mittelpunkt einer Grundherrschaft, zu der 21 Hofstätten gehören.

Zum Fronhof gehörten Felder, Waldgrundstücke, Gärten, Wiesen und Weinberge. Teile des Grundbesitzes dürften sich unmittelbar an die Hofgebäude angeschlossen haben, die damals noch außerhalb des mittelalterlichen Ortskerns von Obermendig lagen. Der Hof wurde als Wirtschaftsbetrieb verwaltet, zu dem mehrere grundhörige Bauern in einem Abhängigkeitsverhältnis standen. Diese waren keine Leibeigenen, aber sie bewirtschafteten ihnen zugeteilte Höfe und Grundstücke, und leisteten dafür Abgaben in Form von Getreide, Heu, Wolle, Vieh, Brennholz usw. Außerdem mussten sie abwechselnd für den Fronhof Arbeitsleistungen wie Pflügen, Säen, Ernten, Wegebau, Botengänge usw. erbringen. Im Spätmittelalter lösten mit der zunehmenden Einführung der Geldwirtschaft Pachtzahlungen in Geld die Naturalleistungen ab.

Leiter des Fronhofes war der Schultheis („Scholltess“). Er überwachte die Bewirtschaftung der Ländereien, zog die Abgaben ein und vertrat die Interessen des Grundherren. Zu seinen Aufgaben gehörte auch die Ausübung der Gerichtsbarkeit, die dem Stift St. Florin Grundherrn oblag. In Vertretung des Stiftes führte der Schultheis den Vorsitz des Gerichtshofes, das aus 14 Schöffen bestand. Man unterschied damals zwischen der niederen Gerichtsbarkeit, die kleinere Vergehen ahndete, und der hohen Gerichtsbarkeit, die schwere Straftaten verfolgte und auch die Todesstrafe verhängen konnte. Das Obermendiger Hofgericht übte beide Funktionen aus. Es war von der Hochgerichtsbarkeit des Pellenzgerichtes unabhängig, das seinen Sitz im Nachbarort Niedermendig hatte. Diese eigene Hochgerichtsbarkeit war Voraussetzung für die „Reichsunmittelbarkeit“, die das Stift St. Florin für Obermendig beanspruchte und verteidigte. Als reichsunmittelbar oder reichsfrei bezeichnete man im Heiligen Römischen Reich diejenigen Personen und Institutionen, die keiner anderen Herrschaft unterstanden, sondern direkt und unmittelbar dem Kaiser untergeben waren.

Mit der französischen Revolution und der Besetzung der linksrheinischen Gebiete endete die geistliche Herrschaft in Obermendig. Die Franzosen hoben die kirchlichen Institutionen auf und verstaatlichten den Kirchenbesitz, der anschließend zugunsten der Staatskasse versteigert wurde. Im Zuge dieses „Säkularisation“ bezeichneten Vorganges wurde 1804 der letzte Schultheis Leonard Hirschbrunn neuer Eigentümer des Florinshofes.

Am 26. Mai 1800 wurde in den vier rheinischen Departements die französische Präfekturverfassung eingeführt. Leonard Hirschbrunn war Maire der neu gebildeten Marie St. Johann, die aus den Gemeinden Bell, Ettringen, Kirchesch, St. Johann mit Bürresheim und Nitz, Waldesch, Thür mit Fraukirch, Ober- und Niedermendig bestand. Er führte die Amtsgeschäfte von dem Gutschof, das seither im Volksmund auch „Hirschbrunnshof“ genannt wird. 1808 wurde die Verwaltung nach Bell verlegt.

Mittelpunkt des Fronhofes war die weiträumige Hofanlage, deren Gebäude auch heute noch weitgehend erhalten sind. Besonders auffällig ist die überdachte Hofeinfahrt mit dem massiven Holztor und dem Rest eines Turmgebäudes, in dem ein „Stock“ genannter Gefängnisraum an die frühere Aufgabe des Schultheissen als Gerichtsherr erinnert. Erhalten geblieben sind daneben das herrschaftliche Wohnhaus, die spätgotische Laurentiuskapelle und Reste der ehemaligen Wirtschaftsgebäude.

Heute strahlt der restaurierte Hof in einem besonderen Glanz und bildet neben der Pfarrkirche den Mittelpunkt des Mendiger Stadtteils Obermendig. Und die Familie Schlags beansprucht das Kleinod nicht für sich, obwohl sie ja in deren Eigentum ist. Mehrmals im Jahr öffnen sich die Tore des Hofes, um Gäste und Besucher zu Konzerten oder beim Tag des offenen Denkmals einzulassen. Das den beiden das am Herzen liegt, den Hof mit anderen etwas zu teilen beweist sich auch am Umstand, dass sie einen seitlich gelegenen Lagerraum vergrößerten und zu einer Toilette umbauen liessen, die eigens von den Besuchern bei den Veranstaltungen genutzt werden kann.

„Der Familie Schlags gilt ein großes Dankeschön für dieses Engagement. Sie bewahren unsere Geschichte und eines der bedeutendsten Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Hier wurde im wahrsten Sinne des Wortes Geschichte geschrieben, die dank der Erhaltung des Bauensembles der Nachwelt erhalten bleib“, lobte Bürgermeister Jörg Lempertz zum Abschluss der Besichtigung.

Pressemitteilung der

Verbandsgemeinde Mendig