Schülerinnen und Schüler der Mayener Realschule plus zeigen ihre Talente

Eine kleine Prise Freiheit in Kombination mit ganz viel Kreativität

17.12.2018 - 11:38

Mayen. Seit dem Schuljahr 2017/2018 werden in der Mayener Realschule plus sogenannte Talentfächer angeboten. Kinder können im Vorfeld ihrer Einschulung zwischen der Bläserklasse oder den Schwerpunkten „Sport“, „Naturwissenschaften“ und „Darstellendem Spiel“ wählen. Je zwei Favoriten müssen die Kinder angeben, demnach werden die neuen fünften Klassen strukturiert. In den ersten beiden Jahren, also im Laufe des fünften und sechsten Schuljahres, erhalten Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, sich in einem der gewünschten Bereiche auszuprobieren – ganz ohne Notendruck, denn die Talentfächer werden nicht bewertet. Eine Doppelstunde alle zwei Wochen hat die Schule dafür genehmigt bekommen. Kürzlich veranstalteten die Kinder der fünften Klassen gemeinsam mit ihren Talentfach–Lehrern und zahlreichen Helfern eine Weihnachtsfeier in der Schul–Sporthalle, im Rahmen derer sie ihren Eltern und Angehörigen zeigen konnten, was sie in dem jeweiligen Talentfach bisher erarbeitet haben. Eine Woche zuvor hatte die Schule die Veranstaltung bereits mit den Sechstklässlern durchgeführt. Die Kinder hatten Präsentationen verschiedenster Art vorbereitet und zeigten dem Publikum sichtlich stolz und mit großem Elan, was sich hinter ihrem jeweiligen Talentfach verbirgt. Es erinnerte ein wenig an das Konzept der Anthroposophie Rudolf Steiners - wenn auch nur ein ganz klein wenig - denn im Vergleich zu Waldorfschule beispielsweise, wirkt das Konzept einer Realschule plus noch immer sehr starr. Dennoch – auch hier schafft man inzwischen Räume für Kreativität.


Kinder können ihre Talente frei zeigen


Udo Voß ist als Orientierungsstufenleiter verantwortlich für die Klassen fünf und sechs, die Organisation der Talentfächer obliegt ihm ebenso wie alle Veranstaltungen im Bereich Kultur. „Wir haben ein Format gesucht, in dessen Rahmen die Kinder sich ihren Stärken gemäß ausprobieren und zeigen können, was sie können“, so Voß, die Initiative zum Talentfach sei von der Schule ausgegangen. Es sollte ein Bereich entstehen, indem Kinder Schule einmal nicht als „Noten – Geber“ erleben, „womit ja viele nicht nur gute Erfahrungen machen“, weiß Voß. Sich ausprobieren, sich etwas zutrauen, ganz ohne Leistungsdruck die eigenen Stärken entdecken - das sei der Sinn hinter den Talent - Fächern. „Es ist für uns dabei sehr spannend, die Schüler auch einmal anders wahrzunehmen“, sagt der engagierte Lehrer, „wenn ich die Kinder in einem Fach erlebe, in dem ich sie benoten muss und entsprechend auch Disziplin herstellen muss, damit die Lernchancen gewährleistet sind – und nicht jeder hat seine Stärken in den klassischen Schulfächern – ist es sehr schön zu sehen, dass sie sich im Rahmen der Talentfächer auch ganz anders darstellen können. Das macht einfach Spaß.“ Einen weiteren positiven Aspekt beobachtet das Lehrerkollegium seit der Einführung der Talentklassen: Die Kinder identifizieren sich schneller und stärker mit ihren Klassen als zuvor, das neue Konzept verbindet. „Ich freue mich auch sehr darüber, dass wir den Eltern heute etwas präsentieren können und wir die Schule damit ein Stück weit öffnen“, sagt Udo Voß, dabei sei ein Event wie dieses für die Schule eine relativ große Herausforderung, „in dem Sinne, dass die ganz Schulgemeinschaft mitziehen muss. Die Schülervertreter sind da, die Technik–Schüler sind dabei, viele Kollegen sind zudem eingebunden. Die Sporthalle musste im Vorfeld gesperrt und hergerichtet werden, es müssen ganz viele Menschen zusammenarbeiten und ich denke, das präsentiert unsere Schulgemeinschaft wunderbar. Und die Schüler präsentieren sich dabei im Rahmen dessen ebenfalls sehr gut - beim Darstellen, wie auch beim Zusehen und Wahrnehmen. Das alles rechtfertigt die Veranstaltung – und macht Lust auf mehr“, so Voß. Für ihn mache Realschule plus die Herzlichkeit aus, sagt der Pädagoge, und dass man es versuche, die Kinder als solche wahrzunehmen. Es gebe sicherlich Regeln, „nichtsdestotrotz darf man hier Kind sein und in seinem Lerntempo lernen und sich entwickeln – und man hat alle Chancen, die man überhaupt nur haben kann.“ Auf die Frage, ob er sich noch mehr Zeit wünscht, kreativ zu sein, sagt Voß: „Ja - unbedingt – das wäre schön. Wenn nicht nur wir mehr Freiheit hätten, sondern wenn auch die Schüler mehr Raum hätten, sich selbst zu erkunden und eigenen Stärken zu entdecken, mit denen sie vielleicht auch in der Schule gehalten werden und nicht nur Negativ - Erlebnisse hinnehmen müssen, die möglicherweise durch reine Lernfächer und reine Fachthematik entstehen können.“ Natürlich sei der Spielraum noch sehr begrenzt, „– die Stundenkontingente sind schon eingeschränkt. Aber im Rahmen dessen was möglich ist , tun wir alles“, so Voß. Man dürfe bei allem nicht außer Acht lassen, dass eine Schule einen relativ hohen Organisationsaufwand betreiben müsse, für alles, was sie tue und verändern wolle, gibt der Pädagoge zu bedenken, „vergleichbar mit einem großen Tanker auf dem Meer – der braucht eine recht lange Zeit, um zu wenden. Demzufolge dauern auch bei uns Veränderungen etwas, aber wir schauen schon auf die einzelnen Schüler und versuchen ihnen gerecht zu werden.“ Wie steht Voß zur immer wieder aufkommenden Kritik an der Schulart „Realschule plus“? „Kritisieren kann man sicherlich immer etwas“, meint er, „die Frage, wie man es besser macht, kommt dann aber gleichzeitig auf.“ Es sei vor zehn Jahren erst mal ein Bruch mit dem alten Schulsystem gewesen, man habe sich entschieden, Dinge zu ändern „und diese Änderung hat Kraft gekostet - das zu initiieren hat Kraft gekostet und jetzt brauchen wir genauso die Kraft, diesen Weg weiterzugehen und es ist definitiv ein Weg, der gangbar ist“, ist Udo Voß überzeugt.


Talent-Fächer werden als AG‘s weitergeführt


Schulleiterin Gisela Mendritzki zeigte sich am Donnerstag ebenfalls ausgesprochen zufrieden mit dem neuen Konzept der Talentfach – Wahl. „Die Bläserklasse gibt es an unserer Schule schon seit 1998“, berichtet sie, „wir fanden es zunehmend schade, dass wir nur ein Angebot für die Bläser hatten. Also überlegten wir, ob wir nicht auch Angebote für die anderen Kinder schaffen könnten. Zu der Zeit pendelte sich die Schülerzahl gerade auf vier Klassen ein – also entschieden wir uns für drei weitere Talent – Fächer. Heute muss ich sagen: Es läuft wirklich toll, die Kinder identifizieren sich sehr mit ihren Klassen und wir überlegen aktuell, die beiden Fächer „Darstellendes Spiel“ und „Sport“ nach der sechsten Klasse in AG - Form weiterlaufen zu lassen. Die Musiker können ins Orchester gehen und die Naturwissenschaftler haben im Wahlpflichtbereich die Möglichkeit, das Fach TUN (Technik und Natur) zu wählen. Dann wollen wir wieder sehen, wie das angenommen wird und ob wir vielleicht ein weiteres schuleigenes Wahlpflichtfach kreieren.“ Daneben soll die Bläserklasse im kommenden Jahr um den Chor erweitert werden „so müssen Kinder nicht unbedingt ein Instrument spielen, um dabei sein zu können“, schildert Gisela Mendritzki die aktuellen Überlegungen. Entwicklungsmöglichkeiten seien gegeben, es müsse natürlich alles beantragt werden. „Insgesamt steckt ganz viel Begeisterung und auch Eigeninitiative seitens der Kinder wie auch der Lehrer in den Talent–Fächern „, freut sich die Schulleiterin. In einigen Bereichen gebe es bereits Kooperationen mit Hochschulen, die Talentklasse „Darstellendes Spiel“ stehe in Kooperation mit dem Theater Bonn und unterhalte Kontakte zum Koblenzer Theater. „Wir haben auch schon ganz viel angeschafft inzwischen an Bühnen – Equipment, Schwarzlicht und ähnlichem“, so Mendritzki, „es ist alles auf einem ganz guten Weg und wird sehr gut angenommen, ich denke, die Talent – Fächer und Klassen waren eine sehr gute Idee.“ Im Sommer geht die Pädagogin in den Vorruhestand, über zwölf Jahre war sie alleine Chefin der Mayener Realschule plus. Hat sich Schule während ihrer Tätigkeit verändert? „Schule hat sich natürlich verändert“, sagt Gisela Mendritzki, „und das in vielerlei Hinsicht: Durch die Zusammenführungen und durch die Schulstrukturreform. Aber natürlich auch durch den Wandel in der Gesellschaft: Kinder sind ein Abbild der Gesellschaft und die Kinder sind heute sicher nicht schlechter und nicht besser, als sie früher waren, sie spiegeln einfach das, was in ihrer Umwelt vorherrscht.“ Es sei insgesamt sicherlich nicht leichter geworden, „nicht zuletzt durch die vielen Dinge, die durch die Gesellschaft auch in Schulen hineingetragen werden“, ist Gisela Mendritzki der Meinung. „Der Erziehungsbereich ist für die Lehrerschaft größer geworden - was nicht immer einfach ist. Glücklicherweise haben wir heute Unterstützung durch Schulsozialarbeiter, das ist ein ganz großer Vorteil. Wenn man die Kinder mit ihren Problemen zu einer neutralen Person schicken kann, wo sie wissen: `Das ist jetzt nicht der Lehrer, der meine Mama anschließend wieder informieren muss`; wir sitzen da ja immer zwischen den Stühlen, wenn es um Probleme geht.“ Es habe sich schon viel verändert, auch Schule unterliege dem Wandel der Zeit „und ich denke sogar, es gibt wenige Bereiche, die immer wieder derart viele Umbrüche erleben“, so die erfahrene Lehrerin. „Wenn man da mal ein bisschen Ruhe einkehren und Vertrauen walten lassen würde – wenn ich beispielsweise hier sehe, was für tolle Dinge alleine im Rahmen unserer Talentfächer entstehen – wenn man Menschen einfach mal kreativ sein lässt und ihnen Freiräume schenkt , dann passiert da ganz viel Tolles, mit ganz viel Engagement auf beiden Seiten.“

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