Nach der Flut: Erstes Restaurant in der Ahrweiler Altstadt hat wieder geöffnet

„Endlich geht es wieder weiter!“

„Endlich geht es wieder weiter!“

Gastronom Gatzweiler: „Wir sind richtig glücklich.“ Foto: ROB

„Endlich geht es wieder weiter!“

So sah es vor dem „AhrVinum“ nach der Flut aus. Foto: ROB

Ahrweiler. Wilfried Gatzweiler sitzt in seinem Restaurant an einem frisch polierten Tisch aus dunklem Holz. Vor ihm steht eine große Tasse Cappuccino, daneben ein Aschenbecher. Dort glüht und qualmt eine Zigarette vor sich hin. „Immer wenn ich nervös bin, rauche ich“, sagt der Gastronom lachend. Heute, am 21. Januar, hat Gatzweiler allen Grund aufgeregt, aber auch gut gelaunt zu sein. Sein Restaurant „AhrVinum“, dass er gemeinsam mit seiner Frau Ingrid Aberfeld betreibt, macht heute nach über einem halben Jahr der erzwungenen Ruhe wieder auf. Schuld daran war nicht Corona, sondern die verheerende Flut des 14. und 15. Juli. Die Welle hat das Speiselokal in einer Nebenstraße des Marktplatzes in Ahrweiler voll erwischt. Das Wasser kam von zwei Seiten. Zunächst aus Richtung Ahrtor durch das Sträßchen Auf der Rausch, dort, wo im Bach namens Mühlenteich noch ein altes Mühlrad steht. Und dann noch durch die Oberhutstraße, die schon vor der Flut eine Dauerbaustelle war. Meterhoch türmte sich anschließend das Mobiliar im „AhrVinum“. Stühle, Tische, alles lag kreuz und quer. Zusätzlich rauschte von draußen alles in den Speiseraum was nicht niet- und nagelfest war. „Eine massives Stahlblech von einer Baustelle kam zum Fenster rein,“ erinnert er sich.

„Als ich das am nächsten Morgen gesehen habe, war ich nur noch geschockt.“ Bitter: Noch im Mai 2021, zur Corona-Zwangspause, hatten Gatzweiler und Aberfeld kräftig in ihr Lokal investiert. „54.000 Euro waren das.“ Gatzweiler schiebt nachdenklich hinterher: „Alles futsch.“

Doch der Gastronom, der in Bonn wohnt, war am Morgen des 15. Juli zunächst froh, überhaupt nach Ahrweiler zu kommen. In der Höhe von Meckenheim hatte er nämlich sein erstes Schockerlebnis. Eigentlich wollte er nur mit seinem Pkw durch eine Pfütze fahren. Doch die war tiefer als vermutet. Sein Auto schwamm plötzlich. „Meine größte Sorge war: Hoffentlich geht der Motor nicht aus!“, sagt er. „Aber dann hatte ich Glück: Irgendwann kam ich mit den Reifen auf einen Bordstein und fand Halt – dann konnte ich weiterfahren.“ Er parkte schließlich am Edeka vor der Stadtmaue und ging den Rest zu seinem Restaurant zu Fuß. „Mir ging es mit jedem Schritt schlechter“, erinnert er sich an den Morgen, als er durch die verschlammten Straßen der Oberhut lief. Als er dann das „AhrVinum“ sah, war das wie ein Schock. „Ich war eine Woche platt“, sagt er. Doch während dieser Woche setzte eine unglaubliche Welle der Hilfsbereitschaft ein. Mitarbeiter, Verwandte und Freunde, aber auch völlig Fremde packten beim Aufräumen und Entschlammen mit an. Als alle festen Gegenstände herausgeräumt waren, blieb nur noch Schlamm. Jede Menge Schlamm. „Kniehoch stand der Mist hier drin“, blickt der Gastronom zurück. Aber: Schon am Sonntag war der ganze Müll auf die Straße geräumt.

Schon zu diesem Zeitpunkt war ihm klar, dass er gemeinsam mit seiner Frau wieder aufmachen möchte. Und eigentlich war sogar der 15. November für die Wiedereröffnung angepeilt. Leider verzögerten sich die Baumaßnahmen, sodass die Aufnahme des Betriebs erst Mitte Januar realistisch wurde.

Bei der ISB Druck gemacht

Doch nicht nur die Hilfsbereitschaft half Gatzweiler auf diesem Weg – sondern auch die finanziellen Zuwendungen. „Die Soforthilfe des Kreises kam sehr schnell“, zieht er ein positives Fazit. „Nur mit den Mitteln der ISB hat es nicht so gut funktioniert“, sagt der Gastronom, der seit dem 1. Mai 2013 das „AhrVinum“ betreibt. Nach dem Ausfüllen der Anträge kam nichts, auch nicht nach mehrmaligen Anrufen und „zwei, drei Wochen Wartezeit.“ Dann habe er etwas Druck machen müssen. Er beauftragte einen speziell geschulten Gastro-Gutachter und eine Steuerberater. Die Fachleute schlüsselten alle Schäden sowie den entgangenen Gewinn auf. Die Unterlagen legte er der ISB vor. Und dann ging es plötzlich. Das Geld kam. Das war wichtig. „Wir haben hier alles neu gemacht“, zeigt er stolz den Speiseraum. Der kann sich mit neuen Möbeln und frisch verputzten Wänden durchaus sehen lassen. Auch an die nächste Flut hat man gedacht. „Die Kellerfenster sind jetzt aus Panzerglas“, sagt er. „Sicher ist ja sicher.“

Nun kann das Geschäft endlich wieder durchstarten. Noch arbeite man aber auf „Sparflamme“. Nur freitags bis sonntags machen Gatzweiler und Aberfeld erst einmal auf. Das Problem ist, dass bisher noch „nicht viel drumherum ist.“ Noch hat der größte Teil der Geschäfte Ahrweilers nicht geöffnet und überall wird noch gebaut. Gatzweiler weiß, dass seine Kunden einen Restaurantbesuch mit einem Shoppingbummel verbinden. Und das gehe ja jetzt schlecht.

Während Gatzweiler von den letzten sechs Monaten nach der Flut spricht, geht die Tür zu seinem Lokal auf. Eine Frau mit Hund schaut rein. „Stimmt das echt, dass ihr wieder aufmacht“, fragt die Ahrweilerin. „Jawohl, das stimmt – kommst Du vorbei?“, fragt Gatzweiler. „Heute nicht, aber die Tage mal!“, sagt sie.

Gelegenheit für einen Besuch wird es in Zukunft bald häufiger gehen. Sollte sich die Situation in der Stadt normalisieren, soll bald auch wieder unter der Woche geöffnet sein. Nur montags ist dann Ruhetag, wie immer eben. An diesem Freitag, freute sich Gatzweiler, haben sich viele Gäste angekündigt. Alle Tische sind am Premierenabend reserviert. Und da es nur noch wenige Stunden bis zur Wiedereröffnung waren, leert Gatzweiler seine Cappuccinotasse. „Jetzt wird gearbeitet,“ sagt er, fröhlich und motiviert.