Ehemalige Studentenfirma BikeWash wurde drei Jahre alt

Fahrradwerkstatt für Geflüchtete lud zum Feiern und Reden ein

Fahrradwerkstatt für Geflüchtete lud zum Feiern und Reden ein

Gäste aus aller Welt kamen zum Werkstattjubiläum. Foto: privat

Remagen. Kürzlich feierten bei strahlendem Sommerwetter in der Grabenstraße 36 mehr als 50 Gäste aus neun verschiedenen Nationen das dreijährige Bestehen der Selbsthilfe-Fahrradwerkstatt für Geflüchtete. Durch eine Fotoausstellung mit stimmungsvollen Bildern aus Nigeria in der fast leer geräumten Werkstatt und durch die anschließende Grillparty mit vielen Gerichten aus verschiedenen Ländern kamen sich Remagener Bürgerinnen und Bürger, deutsche und internationale Studierende vom RheinAhrCampus sowie Geflüchtete und ehrenamtlich in der Flüchtlingsarbeit tätige Menschen näher und diskutierten in verschiedenen Sprachen miteinander. Das ist der Sinn der Initiative „Remagen redet!“. Jedes Semester gründen Studenten der Betriebswirtschaftslehre im Seminar „International Business Simulation“ von Dr. Laurent Borgmann eigene Studentenfirmen. Vor drei Jahren wurde im Zuge dieses Seminars das Projekt „BikeWash“ ins Leben gerufen. 16 Geflüchtete, acht internationale und zahlreiche Remagener Studenten haben die alte Werkstatt in der Grabenstraße hergerichtet und zusammen mit Christoph Schmitz vom Kinderhof Remagen und Dr. Laurent Borgmann von der Hochschule Koblenz die Fahrradwerkstatt für Geflüchtete eröffnet. „Für Flüchtlinge ist Mobilität sehr wichtig.

Da der öffentliche Nahverkehr manchmal nicht ausreichend oder zu teuer ist, benötigen sie funktionstüchtige und verkehrssichere Fahrräder, um am öffentlichen Leben teilnehmen zu können“, erklärt Dr. Borgmann das Ziel der Firma, den neuen Mitbürgern buchstäblich „in den Sattel“ zu helfen.

In der Fahrradwerkstatt werden die Flüchtlinge mit Fahrrädern versorgt. Aber sie lernen auch durch fachkundige Mitarbeiter das Reparieren der Räder. Seit Mai 2017 wird die Fahrrad-Selbsthilfewerkstatt durch die Ökumenische Flüchtlingshilfe Rhein-Ahr e.V. (ÖFH) von Lothar Scheffel betrieben und über die Stadt Remagen aus dem Programm „Demokratie leben!“ gefördert.

„Das Fahrradprojekt ist ein großer Erfolg. Viele Geflüchtete haben schon in der Grabenstraße gearbeitet und die Werkstatt als Treffpunkt und als Sprungbrett in die handwerklichen Berufe in unserer Region genutzt“, weiß Dr. Borgmann zu berichten. Der 24-jährige Afghane Abdullah Alakozai hat die Werkstatt vor drei Jahren mit gegründet und studiert nun seit dem Sommersemester 2018 Logistik und E-Business am RheinAhrCampus in Remagen. „Ich habe in der Werkstatt nicht nur technische Kompetenzen erworben, viel wichtiger war das Erlernen der deutschen Sprache und der Kontakt zu den Deutschen. Sprache war für meine Integration wichtig. Die Werkstatt war mein Startpunkt für ein neues Leben in Deutschland.“

Die künstlerischen Fotografien aus Nigeria an den schroffen Wänden der Fahrradwerkstatt waren am Dienstag Auslöser für viele Gedanken über eines der größten Fluchtländer Afrikas. Die Motive zeigen eigentlich ein unbeschwertes, farbenfrohes Alltagsleben in Lagos, der größten Stadt Nigerias. Aber wenn man die Situation kennt, in der der Fotograf, der achtundzwanzigjährige Student der Journalistik Kalvin Uguchugwu, leben muss und weiß, dass auf den Fotografien seine Nachbarn zu sehen sind, die unter ähnlich schlimmen Bedingungen ihr Leben gestalten müssen, dann macht das sehr nachdenklich. Die Spenden des Abends sowie die Überschüsse des Fotoverkaufs gehen an den jungen Mann, um die Fortsetzung seines Studiums zu sichern. Außerdem möchte er selbst die beiden Jungs mit Sonnenbrillen, die ein Foto der Ausstellung zeigt, unterstützen. Der RheinAhrCampus, ein Standort der Hochschule Koblenz, bietet ein umfassendes Angebot zur Integration von geflüchteten Menschen.

Durch Tutorien und festgelegte Ansprechpartner erhalten Flüchtlinge alle relevanten Informationen zum Studienstart. Auch darüber hinaus sind die Mitarbeiter des Bereichs Sprachen/Internationales eine wichtige Anlaufstelle.

Die ÖFH hilft Flüchtlingen aus verschiedenen Herkunftsländern in allen Lebenslagen. In den Remagener Projekten werden nicht nur Räder repariert. Frauen mit Kleinkindern kochen zusammen in der Schatzkammer Oberwinter - daher die leckeren Snacks-, afrikanische Auszubildende erhalten Unterstützung durch Nachhilfe und die ÖFH bietet in der Werkstatt regelmäßige Beratungstermine an.