Die freiwillige Feuerwehr Bad Neuenahr ist seit der Hochwasserkatastrophe im Dauerbetrieb

Feuerwehr in Bad Neuenahr: „Wir retten, was zu retten ist!“

Feuerwehr in Bad Neuenahr: „Wir retten, was zu retten ist!“

Marcus Mandt (l.) und Richard Lindner. Foto: ROB

Feuerwehr in Bad Neuenahr: „Wir retten, was zu retten ist!“

Das Feuerwehrhaus in Bad Neuenahr. Foto: Christoph Steinborn

Bad Neuenahr. Richard Lindner ist erschöpft. Erschöpft von dem Hilfsmarathon und so unterscheidet er sich kaum vom Rest seiner Truppe. Der Löschzugführer der freiwilligen Feuerwehr in Bad Neuenahr sitzt am Freitag in seiner Einsatzzentrale an der Heerstraße und blickt auf vier Wochen Akkordarbeit zurück. Das Motto seiner Leute: Wir retten, was zu retten ist. Und das seit dem 14. Juli. Dass manch ein Zeitgenosse in sozialen Medien gegenüber den Rettungskräften auf Schimpfkurs ist, möchte er so nicht stehen lassen. „Wir sind seit Stunde Null unterwegs“, sagt er. Von „oben“, und damit ist der Stab in der Kreisverwaltung und der ADD, der täglich im der Akademie für Krisenmanagement zusammenkommt, gemeint, habe er nichts gehört. Lindner wirkt resigniert. „Den Krisenstab da oben, den nennen wir „Die Heiligen auf dem Berg“. Stattdessen ist man an jenem Mittwoch ab 17.30 Uhr selbstständig losgefahren und habe per Lautsprecher gewarnt. Ob man das dürfte, das habe man nicht gefragt. Die Reaktion der Bevölkerung fiel überschaubar aus. So richtig habe man sich nicht ernst genommen gefühlt. Manche haben geschmunzelt angesichts der Warnungen der Feuerwehrleute. Doch kurz danach schlug die Katastrophe richtig zu und wurde eine bittere Wahrheit. Das bezeugen auch die Zahlen der eingehenden Anrufe in der Feuerwehrzentrale. In normalen Jahren wird die Wehr aus Bad Neuenahr 120mal pro Jahr alarmiert, es gab auch Jahre in denen 150mal die 112 gewählt wurde. In der Flutnacht klingelte über 1700mal das Telefon. Und da galt es zu sondieren – eine logistische Meisterleistung. Natürlich wurden die Wehrleute auch wegen vollgelaufener Keller gerufen, das ist dann „eher mal egal“, wie Lindner sagt. „Es ging uns darum, Menschen zu retten, wo immer es nur geht.“ Und so ging es massenhaft zu Einsätzen. Einsätze, wie jener in Walporzheim. Dort riefen die Mitglieder einer Senioren-WG nach Hilfe und somit Personen, die kaum zur Selbsthilfe fähig waren. Dass die Menschen gerettet werden konnten, ist dem Einsatz der Feuerwehrangehörigen sowie der guten, technischen Ausstattung geschuldet. Denn die Wehr der Kurstadt hat eine Drehleiter und die ist Gold wert in der Krise. Was kaum bekannt ist: Die Leiter funktioniert auch in Unterflur. Heißt: Lindner und seine Truppe kletterten die Drehleiter von der Umgehungsstraße zwischen Ahrweiler und Walporzheim herab. Denn nur so waren die Räumlichkeiten der Wohngemeinschaft überhaupt zu erreichen. Über den herkömmlichen Weg ging in dieser Nacht nichts mehr. Kaum etwas war in dieser Nacht wie immer. Das weiß auch Marcus Mandt, der Stadtwehrleiter. „Da die Feuerwehrhäuser in Ahrweiler und Heimersheim selber von den Fluten zerstört wurden, lief bei uns alles zusammen“, erinnert sich Mandt. Und seitdem ist Hochbetrieb angesagt. In der Heerstraße wurde ein Kommunikationszentrum eingerichtet. Dort wird auch den Hilfskräften von außerhalb geholfen, zum Beispiel bei der Koordination. Ortskundige unterstützen hier die auswärtigen Helfer, um sie von A nach B zu delegieren. Eine wichtige Aufgabe. Mit der Solidarität stimmt es sowieso, wissen Mandt und Lindner. Mit Feuerwehren aus dem Westerwald und der Pfalz klappt die Zusammenarbeit wundervoll. In den ruhigen Minuten wird dann auch mal ein Stück Fleisch auf den Grill geworfen oder eine Runde Karten gekloppt. Die sind aber selten. Denn wenn mal nichts los ist und war, wird die Zeit genutzt um Trinkwasser in die betroffenen Gebieten zu fahren. Für die Wehrleute gibt und gab es somit zu jeder Zeit genug zu tun. Dass die Feuerwehrmänner und -Frauen, das alles ehrenamtlich machen, werde oft vergessen. „Wir sind ja privat fast alle auch selber betroffen“, erinnert Lindner.

Angefeindet wurden die Neuenahrer Feuerwehrleute aber nicht. Die Geschichten von anderen Hilfskräften sind aber bekannt, die mit Schlamm und Flaschen beworfen wurden, Dass die Kameraden vom THW „mit den Händen in den Hosentaschen in der Gegend herumstehen“, möchte man jedoch nicht hören. „Das ist völliger Unsinn“, wissen die Neuenahrer. „Jeder tut hier, was er kann und das jeden Tag.“

Dass die Hilfskräfte Opfer von Anfeindungen werden, hält Marcus Mandt für das Resultat einer systematischen Arbeit von Kräften, die der Demokratie feindlich gegenüberstehen. „In Ahrweiler haben sich irgendwelche Spinner als THW-Leute ausgeben und Benzinbehälter ausgegeben. Da war alles drin, aber kein Benzin.“ Ob das eine gezielte Sabotageaktion war um wichtige Maschinen kaputt zu machen, verneint Mandt nicht. Dass praktisch gleichzeitig die E-Mail-Adressen von höheren Feuerwehrleuten gehackt wurden, passt für ihn wunderbar. „Diese Leute sind professionell, das waren ganz bewusste Aktionen“, sagt er. Professionell ist aber auch die Wehr in Neuenahr. Und die Arbeit der Kameraden ist nicht noch lange nicht abgeschlossen. „Wir machen immer weiter und wir haben noch einen Menge zu tun“, sagen Lindner und Mandt.ROB