Treffen in Pomster.  Foto: Heinz Grates

Am 11.04.2024

Allgemeine Berichte

Flut: Stelen sollen an Zusammenhalt, Helfer und Wiederaufbau erinnern

Ahrtal. Etwas so Einschneidendes wie die Flut ruft geradezu danach erinnert zu werden. Viele, die die Katastrophe am eigenen Leibe miterlebten, wünschen, dass sie im kollektiven Gedächtnis verankert bleibt. Die Gründe sind einleuchtend und vielfältig. Menschen wollen sich erinnern, um der Opfer zu gedenken, als Selbstvergewisserung über das Geschehen, über die Naturgewalt, auch um dem Mut zum Weitermachen und dem Wiederaufbau Ausdruck zu verleihen und wertzuschätzen.

Die früheren Bewohner des Ahrtals, Betroffene der Flut 1804 etwa, hinterließen zum Beispiel eine hölzerne Erinnerungstafel. Das Extremereignis im Ahrtal vom Juli 2021 hat bereits zahlreich Niederschlag gefunden. Neben mehreren ihm gewidmeten Büchern gibt etwa ein Flutmuseum in Kreuzberg, ein geschmiedetes „Wander“-Kreuz als Mahnmal, den Flut-Würfel gegen das Vergessen-Werden von Daniel Koller.

Es entstanden Projekte im Gelände so das vom Verein Glasklar bei der Ehrenwallschen Klinik in Ahrweiler und ein Erinnerungsbeet in Sinzig nahe dem Fluss. Künstlerin Margarete Gebauer aus Bodendorf plant „Seelengärten“. Entfernt lebende Künstler, die in den Weinbergen von Marienthal einen Erinnerungsappell hinterlassen oder künstlerische Botschaften im Wasser der Ahr positionieren wollten, fanden indes keine Gegenliebe vor Ort.

Alle Ahr-Flut-Orte machen mit

Weit gediehen in der Planung ist das Projekt einer Bürgerinitiative (BI) in Kooperation mit dem Kulturministerium Rheinland-Pfalz unter dem Titel „MemoriaAHR“ nach memoria, lateinisch Erinnerung und dem Flussnamen. Das Projekt gründet auf der Initiative von heute 31 Personen aus betroffenen Orten im Kreis Ahrweiler, Rheinland-Pfalz sowie der Gemeinde Blankenheim (NRW). Die Ethnologin Annette Holzapfel aus Remagen gab 2021 den Impuls, entlang der Ahr einen „Weg der Erinnerungen für die Zukunft“ einzurichten, in dem es um das Flutereignis, das örtliche Krisenmanagement, die Welle der Hilfsbereitschaft und den Blick nach vorne geht. Ab September 2021 suchte sie mit ihrer Idee die betroffenen Orte auf, um von den Menschen vor Ort zu erfahren, was sie von einem solchen Themenweg halten. Denn von der Akzeptanz machte sie das Projekt abhängig.

Inzwischen steht fest: Es wird den Weg geben und zwar von der Quelle in Blankenheim bis zur Mündung in den Rhein zwischen Sinzig und Remagen. Bemerkenswert ist: Sämtliche für die 33 Aufstellungsorte im Ahrtal zuständigen Orts- und Stadtbeiräte haben beschlossen, dass der Weg durch ihre Gemeinden führen soll. Damit haben sie sich sowohl für die Gestaltung durch Stelen an jedem Ort entschieden, die der Grafiker Andreas Schmickler entworfen hat, als auch für eine Dokumentation, die Eingang in ein neues digitales Landesportal zum kulturellen Erbe von Rheinland-Pfalz finden wird.

Die Stelen sollen auf vier Tafeln interessierte Bewohner, Helfer, Touristen und Schulklassen über die Geschichte des Ortes informieren und ihnen nahebringen, was ebendort während der Flut am 14./15. Juli 2021 geschah. Hinzu kommen übergreifende Themen wie Hochwasserschutz und Wiederaufbau. Mehr Informationen sind zudem per QR-Code von der digitalen Themenseite abrufbar, die in der zweiten Jahreshälfte 2024 an den Start gehen soll.

Wertvolle Hilfe des Kulturministeriums

„Ansprechend, interaktiv und leicht verständlich“ lauten die Anforderungen an die Seite. Sie beinhaltet Videos, in denen Menschen von den Ereignissen der Flutnacht erzählen und der Bewältigung der Zeit danach. Seit dem 18. März 2022 wird die Bürgerinitiative vom Landesministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration (MFFKI) unterstützt. Bis September 2023 leistete insbesondere der Leiter des Referates Archive, Nichtstaatliche

Museen, Landesgeschichte, Heimatpflege und Digitalisierung, Dr. Kai-Michael Spreger wertvolle Beratungshilfe. Seit Oktober 2023 ist er ehrenamtliches Mitglied der BI.

„Er gab unseren Ideen Struktur“, betont Holzapfel. „Bei einem Treffen im März 2022 mussten unsere Ursprungsideen noch zueinander finden. Anwesend war Dr. Kai Sprenger, MFFKI, mit seiner Idee von Zeitzeugenberichten. Er ließ sich nicht nur auf unsere Idee vom Weg und Erinnerungsstätten vor Ort ein, sondern versetzte sich sofort in unsere Lage, schätzte ein, welche Möglichkeiten wir in der zerstörten Gegend hatten und was machbar war, beriet uns, so dass für unsere Ideen ein gangbarer Weg in Verbindung mit MFFKI-Möglichkeiten gefunden wurde und wir uns gegenseitig ergänzten.“

Dr. Sprenger gewann den erfahrenen Filmemacher Utz Kastenholz für die Videoaufnahmen. Flutbetroffene, junge wie alte, auch Feuerwehrleute und mehre Helferinnen berichten darin. Insgesamt wurden 28 Zeitzeugen-Videos mit 37 beteiligten Personen gedreht.

Bei Annette Holzapfel läuft alles zusammen. Als Koordinatorin hält sie stetigen Kontakt mit der BI, die sich regelmäßig an wechselnden Ahr-Orten trifft, mit den Bürgermeistern und Beiräten an der Ahr, dem Kulturministerium - neuer Ansprechpartner ist Dr. Felix Schmidt - und der Universitätsbibliothek Mainz, die derzeit im Auftrag des MFFKI die digitale Seite mit Simeon Guthier als Verantwortlichem aufbaut.

Mitbestimmung großgeschrieben

Das Besondere dieses Projektes sind nicht nur seine zwei Säulen, eine materiellen in Form der Stele und einer digitalen auf dem Landesportal, das als zentrale Anlaufstelle im Netz für die Geschichte und das kulturelle Erbe von Rheinland-Pfalz Bekanntheit zu erlangen verspricht. Besonders ist auch, wie im Entwicklungsprozess kommuniziert wird.

Sehr viele Menschen bringen ihre Ideen ein. Gut 70 Personen außerhalb der BI unterstützen die Mitglieder mit unterschiedlichsten Beiträgen. Mitbestimmung wird großgeschrieben. Alle Entscheidungen, zum Beispiel die Texte für die Stelen, unterliegen einem permanenten Abstimmungsverfahren zwischen den BI-Mitgliedern, den Bürgermeistern und Ortsbeiräten. Ohne Übertreibung lassen sich der Wissens- und Meinungsaustausch sowie die praktizierte Konsensfindung als basisdemokratisch bezeichnen.

Holzapfel ist trotz des fordernden ehrenamtlichen Einsatzes mit Freude bei der Sache. „Ich spüre das Engagement, wie den Menschen die Entwicklung ihres eigenen Wohnortes wichtig ist, ich staune über das, was sie an ständig neuen Anregungen einbringen.“

Während die digitale Plattform des Projektes noch in diesem Jahr online geht, wird es mit dem im Gelände anzulegenden „Weg der Erinnerungen für die Zukunft“, zugleich ein neuer Wanderpfad, einiges länger dauern, denn auch der Streckenverlauf muss erst noch festgelegt werden. HG

Treffen in Pomster. Foto: Heinz Grates

Leser-Kommentar
Bildergalerien
Neueste Artikel-Kommentare
  • Oliver L.: Gleiches sollte auch für die mit Abstand tödlichste, leider in DE aber ebenfalls legale Droge Alkohol gelten. Es ist schlimm, Kindern und Jugendlichen auch in der Öffentlichkeit vorzuleben, dass Drogenkonsum...
  • Alex Fuhr: Mit Interesse habe ich gelesen, dass die Stadt Bad Breisig beim diesjährigen Zwiebelsmarkt den Konsum von Cannabis untersagt – mit der nachvollziehbaren Begründung, dass insbesondere Kinder und Jugendliche...
  • Lothar Gast: Wo kann man bei der Musterung seinen Rollator und die Sauerstoffflasche parken?
  • Monika Engler: Naja, es kommt immer auf den Ton an, wie in Deutschland etwas kommuniziert wird. Vielleicht könnte Herr Fratzscher auch Pensionär/innen ins Visier nehmen, auch wenn sie nicht in die Rentenkassen einzahlen mussten.
  • Tünn : Ich finde die Idee erbärmlich. Gerade die Männer der Generation hatten lange Wehrpflicht und sollen jetzt noch so ein Jahr machen. Das geht garnicht. Soll die junge Generation mal ran. Hauptsache ein...
  • D. Borrmann: Altersdiskriminierung im Tarnmantel der Fürsorge Ich bin 70 Jahre alt und arbeite seit über fünf Jahrzehnten – seit vier Jahren in Teilzeit, aber mit voller Hingabe. Auch mit 71 werde ich weiterarbeiten, so der liebe Gott mich lässt.
Dauerauftrag 2025
rund ums Haus
Stellenanzeige Fahrer
Vorabrechnung, Nr. AF2025.000354.0, August/September2025
CNC-Fräser/CNC-Bediener (m/w/d)
Handwerkerhaus
Sonderseite Gesundheitsexperten Bad Neuenahr-Ahrweiler
Empfohlene Artikel

Ahrweiler. Aufgrund eines technischen Defektes muss das Freibad Ahrweiler zunächst bis Sonntag, 10. August, geschlossen bleiben. Nach Einbau eines erforderlichen Ersatzteils, der im Laufe des Tages erfolgen soll, wird zunächst eine Beprobung des Wassers durch ein Labor notwendig, die bis zu drei Tage in Anspruch nimmt. Das Bad kann nach positivem Ergebnis frühestens am kommenden Montag, 11. August, wieder öffnen.

Weiterlesen

Kripp. Der Eine-Welt-Fairein beteiligte sich in diesem Jahr zum zweiten Mal am Vito-Cup des SV-Kripp. Letztes Jahr fand eine Aktion zu fairem Handel mit einem Stand des Welt-Ladens Remagen-Sinzig statt und der Fairein beteiligte sich mit einem Quiz, bei dem die Gewinner faire Produkte gewinnen konnten.

Weiterlesen

Weitere Artikel

Mertloch/Naunheim. In der Zeit vom 10. bis voraussichtlich 19. September wird der Streckenabschnitt zwischen Mertloch und Naunheim im Verlauf der L82 auf einer Länge von ca. 400 m mit einer neuen Deckschicht versehen. Die Arbeiten können aus bautechnischen Gründen und aus Gründen der Arbeitssicherheit nur unter Vollsperrung des Streckenabschnitts ausgeführt werden.

Weiterlesen

Neuwied-Gladbach. Mit Ehrungen, Festreden und der Live Band Noise ist die Feuerwehr Gladbach am Samstagabend in das große Jubiläumswochenende zum 100-jährigen Bestehen gestartet. Angeführt von Löschzugführer Manuel Hahn stellen sich 31 Kameraden/innen 24/7 ehrenamtlich in den Dienst der Gesellschaft.

Weiterlesen

Dauerauftrag
Anzeige Holz Loth
9_7_Bad Honnef
Anzeige Pellenzer Lehrstellenbörse
Weinfest in Altenahr
Kirmes in Heimersheim, 12. – 14.09.25
Werbeplan 2025
Kirmes in Heimersheim, 12. – 14.09.25
Pellenzer Lehrstellen- und Informationsbörse 2025
Anzeige Willst Du mit mir arbeiten?
Kooperationsanzeige
Neukunden Imageanzeige
Pellenzer Lehrstellen- und Informationsbörse im September.
Titel
Titel -klein
Reinigungskraft
Stellenanzeige Kitas VG + Aushilfe Jugendpflege