Ortsvorsteher Alexander Albrecht zieht nach über 100 Tagen ein Fazit nach der Flut

Flut in Bad Bodendorf: „Der Einsatz der Helfer war ein Segen“

Flut in Bad Bodendorf: „Der Einsatz der Helfer war ein Segen“

Ortsvorsteher Alexander Albrecht: „Wir wussten, hier kommt etwas Großes auf uns zu.“ Fotos: ROB

Flut in Bad Bodendorf: „Der Einsatz der Helfer war ein Segen“

Die Josef-Hardt-Allee in Bad Bodendorf.

Bad Bodendorf. „Und da bin ich letzte Nacht noch drüber gefahren“, staunte Alexander Albrecht am Morgen des 15. Juli. Denn da sah er erst das volle Ausmaß der Zerstörung, die das Hochwasser an der Ahrbrücke über die B9 angerichtet hatte. Albrecht ist Ortsvorsteher von Bad Bodendorf, dem Stadtteil von Sinzig, dem die Flut besonders böse mitgespielt hat. Als er nachts über die Bundesstraße fuhr, bemerkte er nicht, dass eine der beiden Fahrspuren völlig kaputt war. Sein Ziel: Er wollte in den abgeschnittenen Teil des Dorfes kommen, jener, der südlich der Ahr liegt. Denn die Brücke kurz vor dem Minigolfplatz war nicht mehr befahrbar. Dort, im Kurviertel liegt das berühmte Thermalbad und die Straßen die es besonders hart erwischt hat. Wie die Josef-Hardt-Allee beispielsweise.

Heute sitzt Albrecht in seinem Büro in Sinzig und geht seinem Vollzeitberuf nach. Schließlich ist sein Job als Ortsvorsteher ein Ehrenamt. Er Menschen in der Region, die es im Leben nicht so leicht haben, mit oder ohne Flut. Heute kann er, über drei Monate nach dem Schreck der Flutnacht, ein Fazit ziehen. „Wir sind froh, dass wir keine Toten zu beklagen haben.“ Und: „Wir haben einen super Zusammenhalt im Dorf.“ Man kennt sich hier eben. Mit dem Löschzugführer der Freiwilligen Feuerwehr im Ort war Albrecht zusammen in der Schule, der direkte Draht könnte also nicht besser sein.

Schon recht früh am 14. Juli war den Bad Bodendorfern klar, dass man etwas tun müsste. „Als wir die ersten Bilder aus Altenahr sahen, wussten wir: Hier kommt etwas richtig Großes auf uns zu.“ Mit Unterstützung der Stadt Sinzig wurden Container mit Sand aufgestellt. Auf dem Parkplatz des Schwimmbad konnten die Anwohner Sandsäcke befüllen. Gebracht haben die Sandbarrieren schließlich nichts mehr, zu kraftvoll und zu zerstörerisch war das Wasser. Auch ein Krisenstab wurde gebildet. In der Tourist-Informationen setzten sich die Bad Bodendorfer zusammen und verfolgten die Pegelstände. In besonders guter Erinnerung hat er den Zeitpunkt, als der Pegelmesser meldete, dass der Wasserstand sank. „Da machte sich Erleichterung breit,“ gibt er zu. Doch damals ahnte der Ortschef nicht, dass dass ein Trugschluss war. Im Nachhinein ist seine Theorie, dass der Wasserstand niedriger wurde, weil sich kurz vor dem Pegelmesser an einer Brücke das Wasser staute. Als die dann brach, schoss das Wasser nur so durch.

Mitten in der Nacht kam das Wasser mit voller Wucht. An Schlaf war nicht zu denken. „Wie auch“, sagt er heute. Am frühen bemerkte er, dass kein Wasser mehr aus dem Hahn kam. So fuhr er zur Grundschule, die in einem Gebiet liegt, das trocken blieb. Dort wurden die Bad Bodendorfer untergebracht, deren Häuser überflutet waren. Und auch dort kam kein Tropfen mehr aus dem Hahn. Schnell war für Albrecht klar: Wir brauchen Wasser. „Dass das Handy nicht mehr ging, war furchtbar für mich“, blickt er zurück. Schließlich ging es nun an das Organisieren lebenswichtiger Dinge. Deshalb fuhr er nach Kripp. Da ging das Netz noch. Oder auf die Berge drumherum. „Je höher man war, desto besser war der Empfang“, fand er heraus. Irgendwann erreichte ihn Volker Holy, seinen Ortsvorsteherkollegen aus dem nahen Löhndorf. „Braucht ihr was?“, fragte er. Als Albrecht nach Wasser fragte, fackelte nicht lange und schickte die Landwirte des Dorfer mit Wassercontainern nach Bad Bodendorf. Für diese beherzte Aktion ist Albrecht immer noch dankbar.

Auch sonst blieb man nicht untätig. Wichtig: Schon unmittelbar nach der Flutkatastrophe wurde ein Stuhlkreis für die Feuerwehrleute gebildet. Über die erlebten Eindrücke der Zerstörung sollte gesprochen werden, eine erste, akute psychologische Betreuung sozusagen. „Logisch, da war auch eine Flasche Bier dabei, dann geht das besser“, sagt er. Und wie erlebte er die „Betreuung“ von außerhalb? Was war mit den Hilfestellungen? Für die freiwilligen Helfer hat er nur lobenden Worte. Gerade die jüngeren Menschen, packten mit unglaublicher Fröhlichkeit an. „Jeden Morgen haben ich eine Gruppe Helfer gesehen, die in den Süden Bad Bodendorfs zogen. Junge Leute in sauberen Klamotten“, erinnert er sich. „Und sie hatten ein Lächeln auf dem Gesicht.“ Abends, da kamen sie wieder. Die Kleidung war dreckig und alles andere auch, sagt er. „Aber das Lächeln ist geblieben.“ ROB