Freundeskreis SOLWODI Koblenz und die Gleichstellungsstelle der Stadt Koblenz hatten eingeladen_

Forschungsprojekt PRIMSA vorgestellt

Forschungsprojekt PRIMSA vorgestellt

Forschungsprojekt PRIMSA vorgestellt

Forschungsprojekt PRIMSA vorgestellt

Koblenz. Am 18. Oktober, dem Europatag gegen Menschenhandel, stellten der Freundeskreis SOLWODI Koblenz und die Gleichstellungsstelle der Stadt Koblenz das Forschungsprojekt PRIMSA („Prävention und Intervention bei Menschenhandel zum Zweck sexueller Ausbeutung: Technologieerarbeitung aus multidisziplinärer und institutionsübergreifender Perspektive“) vor.

In diesem Projekt werden Interventionsmöglichkeiten für Polizei und Sozialarbeiter im Erstkontakt mit (potenziellen) Opfern von Menschenhandel erforscht.

Neben vielen Vertretern des Freundeskreises SOLWODI lag es auch der Landtagsabgeordneten Dr. Anna Köbberling sehr am Herzen, an diesem Abend dabei zu sein und dem interessanten und vor allem sehr ernst zu nehmenden Vortrag der Referentin Roshan Heiler zuzuhören. Roshan Heiler ist Mitarbeiterin von SOLWODI Aachen und wissenschaftliche Mitarbeiterin des Projektes. Sie gab an diesem Abend Einblicke in die Arbeit mit den Frauen in der Prostitution sowie den Opfern von Menschenhandel und stellte die ersten Erkenntnisse aus dem Forschungsprojekt vor. Roshan Heiler vertritt SOLWODI inzwischen in internationalen Gremien. Neben ihrer praktischen Tätigkeit in der Leitungsfunktion SOLWODI Aachen sammelte sie dort auch als Streetworkerin im direkten Gespräch mit den Menschen vor Ort Erfahrungen. Als repräsentativen Ort für Prostitution und Menschenhandel wählte Roshan Heiler für ihren Vortrag die Stadt Aachen. Aachen liegt an der Grenze zu den Niederlanden und Belgien. Dort findet die europäische Zusammenarbeit auf verschiedenen Ebenen - der Polizei, Politik, Staatsanwaltschaft sowie den Beratungsstellen - statt. Aachen ist auch insofern ein repräsentativer Ort, weil die dortigen Zahlen und Umstände keinen Einzelfall in Deutschland darstellen und auch an anderen Orten des Landes vorzufinden sind. Im zweiten Teil ihres Vortrages ging Heiler auf das Forschungsprojekt PRIMSA ein. Es ist ein sehr praxisorientiertes Projekt, das sie mit konzipiert hat. Die Idee dahinter entstand aus den Mängeln, die ihr aus der Praxis bekannt waren. Nach mehr als einem Jahr Forschungsarbeit stellte sie die ersten Ergebnisse vor.

Der Ausstieg aus

der Prostitution ist schwierig

Für Frauen in der Zwangsprostitution ist es sehr schwierig, den Ausstieg aus ihrer Lage zu finden. Sie wurden oft unter falschen Versprechungen von den Zuhältern verschleppt und stehen in emotionaler Abhängigkeit ihnen gegenüber. Sie werden massiv unter Druck gesetzt und haben Angst, sich den Sozialarbeiterinnen zu öffnen. Über 90 Prozent der Betroffenen haben einen Migrationshintergrund. Die größte Gruppe stellen dabei Frauen aus Rumänien dar, gefolgt von Albanerinnen und Nigerianerinnen. Für die Sozialarbeiterinnen ist die letzte Gruppe besonders schwer zugänglich, da die Betroffenen in ihrem Heimatland einen Voodoo-Schwur geleistet haben, der, wenn er gebrochen wird, Unheil und Krankheit über sie bringen soll. Diese Frauen haben sogenannte „unsichtbare Fesseln“, die sie davon abhalten, sich der Polizei oder den Sozialarbeiterinnen zu öffnen. Neben der großen Angst und dem Mangel an Vertrauen spielen auch andere Faktoren eine Rolle dabei, warum es so schwierig ist, diesen Frauen den Ausstieg aus der Prostitution zu ermöglichen. Die Betroffenen haben oft Schulden gegenüber den Zuhältern und den Bordellbetreibern. Sie müssen hohe Abgaben an die Zuhälter zahlen, und für die Bordellzimmer sind hohe Mieten zu begleichen. Da sie ihre Dienstleistungen zu sehr niedrigen Preisen anbieten müssen, kommen sie aus dieser Schuldspirale nicht heraus. Die Frauen werden Opfer von Gewalt durch die Freier und Zuhälter und sie werden häufig krank, weil sie ihre Dienste oft ohne Kondom anbieten müssen.

Angebot einer anonymen

und kostenlosen Beratung

Es ist eine sehr schwierige Arbeit der Sozialarbeiterinnen von SOLWODI, den Frauen zu helfen. Es dauert sehr lange, bis sich das Vertrauen eingestellt hat, sodass sich die Frauen öffnen und die Hilfe auch annehmen. Als ersten Schritt bietet SOLWODI die Möglichkeit einer anonymen und kostenlosen Beratung. Es gibt ein Ärztenetzwerk, an das die Frauen vermittelt werden. Dort werden sie über Geschlechtskrankheiten informiert und entsprechend behandelt. Wenn eine Frau es wünscht, ist auch eine Unterbringung in einem Frauenhaus möglich. Die Betroffenen werden in diesen Fällen in andere Städte gebracht, um dem Täterkreis zu entfliehen. Schritt für Schritt wird so diesen Menschen ermöglicht, ein neues Leben aufzubauen.

Doch der Ausstieg ist ein sehr langer und beschwerlicher Weg. Die Frauen wissen häufig nicht, was auf sie zukommt, denn es gibt viele Hürden, die überwunden werden müssen. So müssen Dokumente aus dem Heimatland angefordert werden, und die Frauen müssen Deutsch lernen, um hier ein neues Leben beginnen zu können. Manchen Betroffenen fehlt die nötige Kraft, um das durchzustehen, und sie kehren oft zurück in die Prostitution. Es passiert aber auch, dass sie es im zweiten Versuch dann doch schaffen, auszusteigen.

Umfassendes Präventions-

und Interventionskonzept

Aus dieser sehr komplizierten Arbeit der Streetworker von SOLWODI entstand die Idee für das Forschungsprojekt PRIMSA. Verschiedene Arbeitsgruppen untersuchen die wichtigen Faktoren im Zusammenhang mit dem Menschenhandel zum Zweck sexueller Ausbeutung. So setzt sich die Forschung aus fünf Bausteinen zusammen, den Opfer-Täter-Dynamiken, Organisationsstrukturen von Täter/innen, Sicherheitsempfinden und Prävention, juristischer Expertise sowie einem technischen Gerät des Fraunhofer-Instituts zur Bestimmung der Volljährigkeit. Aus diesen fünf Arbeitspaketen wird ein umfassendes Präventions- und Interventionskonzept erstellt. Monika Hömberger, Zweite Vorsitzende des Fördervereins SOLWODI Schutzhaus Koblenz, betonte die Wichtigkeit der Arbeit mit den Betroffenen und des Forschungsprojektes: „Weltweit werden etwa 150 Milliarden Dollar umgesetzt durch sexuelle Ausbeutung, davon allein 99 Milliarden durch Zwangsprostitution. Demnach gehört nach dem Waffenhandel der Menschenhandel zu den größten Einnahmequellen der Welt.“ Selbst in Deutschland werden etwa 15 Milliarden Euro mit sexuellen Dienstleistungen umgesetzt, schätzt das Statistische Bundesamt.

Weitere Infos:

Weitere Informationen zu der Hilfs- und Lobbyorganisation SOLWODI finden sich unter www.solwodi.de und zum Forschungsprojekt PRIMSA unter www.primsa.eu.