Kranzniederlegung am Ehrenmal auf dem Rathausplatz
Gedenkstunde zum Volkstrauertag in Mendig
Mendig.Seit 1952 ist der zweite Sonntag vor dem Advent ein Tag des Erinnerns und Gedenkens an die Menschen, die in zwei Weltkriegen ihr Leben ließen, an die Menschen, die der Nazi- Diktatur zum Opfer fielen und die Menschen, die Opfer von Gewaltherrschaft und Vertreibung wurden. So auch in Mendig, wo sich am vergangenen Sonntag zahlreiche Menschen am Ehrenmal auf dem Marktplatz eingefunden hatten. Während die Mendiger Schützenkapelle und der MGV Mendig sich für einen dem Anlass angemessenen musikalischen Rahmen verantwortlich zeichneten, hieß Stadtbürgermeister Hans Peter Ammel zu Beginn seiner Ansprache die Anwesenden, darunter je eine Abordnung der Freiwilligen Feuerwehr Mendig, des Reservistenverbandes der Bundeswehr, der beiden Mendiger Schützenbruderschaften, der Mendiger Kolpingfamilie und der katholischen Mädchenjugend willkommen. Wörtlich sagte der Bürgermeister der Stadt Mendig: „Am heutigen Tage befinden wir uns mitten im Monat November, dem Monat der allgemein düster und neblig daher kommt und eine gedrückte Stimmung vermittelt, vielleicht auch als Ausgleich zu dem bevorstehenden Weihnachtsfest und der vorausgehenden Adventszeit. Heute haben wir jedoch Glück und die Sonne scheint, sodass wir unter völlig anderen Bedingungen diese Veranstaltung durchführen können. Ich denke jedoch, dass die allgemeine Novemberstimmung sicher ein Grund dafür ist, warum in diesem Monat der Verstorbenen gedacht und erinnert wird, sei es in den Kirchen, den Familien oder aber in der Gesellschaft und dem politischen Bereich. Ich hatte in den letzten Wochen Gelegenheit, über die Ereignisse, die hier bei uns begangen werden, nachzudenken.
Hans Peter Ammel blickt zurück in die Vergangenheit
Bei Reisen nach Wien, Berlin und zuletzt Paris stößt man auf die vielfältigsten Zeugnisse einer groß genannten, tatsächlich aber mit Blut getränkten Vergangenheit. Jede Nation hat Kriege geführt, Angriffskriege und Verteidigungskriege. Mal ging es um die „gute Sache“, Verteidigung vor gegnerischen Angriffen, Erhalt der Nation und des eigenen Landes, Grundsicherung von Grenzen und Wahrung der eigenen Kultur, des Glaubens und der Freiheit. Eines ist aber immer sicher gewesen, die Rechnung zahlt das Volk und ob es zu den Siegern oder den Verlierern gehört, ist oftmals nur ein marginaler Unterschied. Krieg wurde in der Vergangenheit immer schon geführt und verbreitete sein Elend auf der ganzen Welt. Man könnte den Bogen schlagen vom 30-jährigen Krieg, der vor 400 Jahren begann, über die napoleonischen Kriege bis in die heutige Zeit und könnte doch immer nur verständnislos den Kopf schütteln. Den Kopf schütteln über Machthunger, maßlosen Ehrgeiz und maßlose Missachtung von dem Recht des Mitmenschen, unversehrt an Leib und Leben, Hab und Gut auf dieser Welt sein Dasein vollbringen zu dürfen. Was geht den Feldherren oder Staatenlenkern durch den Kopf, Kriege zu führen und Menschen zu hunderttausenden oder Millionen in den Tod zu schicken, der Verstümmelung auszusetzen, um vielleicht eine Frontlinie 100 Meter nach vorne schieben zu können. Ich habe mir überlegt, wie es wohl vor Jahrhunderten mit dem Gedenken der Gefallenen bestellt war. Möglicherweise war hierfür aber wenig Platz, da ja ein Krieg nach dem anderen folgte. Der Volkstrauertag , den wir heute begehen, wurde in Deutschland zum Gedenken der Toten aus den beiden Weltkriegen von 1914 bis 1918 und 1939 bis 1945 eingeführt. Während wir hier in Mendig den 9. November, die Reichskristallnacht und deren Opfer würdigten, fand in unserer Partnerstadt Yerres das Gedenken zum Ende des 1. Weltkrieges statt, das aus Anlass des 100. Jahrestages des Kriegsendes mit einer Ausstellung über die Kriegszeiten in Yerres und hier bei uns in Mendig in Erinnerung gerufen wurde. Neben der Ausstellungseröffnung am 9. November dieses Jahres und einer Gedenkfeier am Morgen des 11. Novembers, an dem Tag der Unterzeichnung des Waffenstillstandsabkommens, war ich am Sonntag dort, um mir die Ausstellung anzusehen und den Gedankenaustausch mit den französischen Freunden und Initiatoren der Ausstellung zu pflegen. Und auch in diesen Gesprächen ist klar geworden, dass die Lebensverhältnisse für die Bevölkerung hier wieder gleichermaßen geprägt waren von Not um die Männer, Brüder, Söhne im Krieg, die Versorgung mit dem Nötigsten, für die Kinder und Frauen eingespannt werden mussten und dem Leid der Hinterbliebenen, der grausam verletzten und verstümmelten Soldaten, wenn sie überlebt hatten, aber durch Verlust von Gliedmaßen, Verbrennungen und verätzten Lungen ein Leben vor sich hatten, das eigentlich kein Leben mehr war. Der Erste Weltkrieg kostete geschätzte 16 bis 18 Millionen Menschen das Leben. Dass nach all diesem Elend bereits 21 Jahre später ein neuer Wahnsinn begann und dieser am Ende die vierfache Zahl an Opfern kostete, ist für uns heutige Menschen kaum noch zu verstehen.
Sorgen um die Zukunft
Doch halt: Gibt es nicht gerade jetzt alarmierende Anzeichen, dass Populisten in vielen Ländern der Welt in die wichtigsten Ämter gewählt werden, dass Drohungen ausgestoßen werden, Verträge zur Friedenssicherung aufgekündigt werden? Dass man alles Fremde ablehnt, verleumdet und Volkszorn und Hass schürt, um sein eigenes politisches Spiel zu betreiben und dies offenbar auch in der Bereitschaft, schlimmste Konsequenzen in Kauf zu nehmen? Wer denkt bei diesen Nachrichten nicht an den Zauberlehrling, der irgendwann die Kräfte, die er geweckt und heraufbeschworen hat, nicht mehr unter Kontrolle bekam? Wem fällt bei dem Zuspruch in unserem Lande, den der Rechtspopulismus genießt, nicht der Rattenfänger von Hameln ein oder eine noch viel schlimmere Figur, die Deutschland - so wie in diesen Tagen allenthalben zu hören - in die finsterste Ära seiner Geschichte geführt hat. Dafür – meine Damen und Herren – um dieses alles nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, treffen wir uns hier alle Jahre, um der Opfer zu gedenken, die ihr Leben geben mussten, die verletzt, traumatisiert, physisch gestört aus den Kriegen zurückkamen. Derer, die Opfer wurden von Verbrechen, die man nicht beschreiben kann und all derer, die den Rest ihres Lebens verbringen mussten ohne den geliebten Mann, Vater, Sohn oder Bruder.
Für heute kann ich nur enden mit dem Appell: Seid weiter auf der Hut vor dem Rückfall in alte Zeiten, Deutschland, Europa, die Welt haben genug gelitten!“
Mit der Niederlegung zweier Kränze vor dem Mendiger Mahnmal durch Stadtbürgermeister Hans Peter Ammel und Gerald Frank vom VDK sowie der von der Schützenkapelle intonierten Nationalhymne fand die Gedenkstunde einen würdigen Ausklang.
FRE