Weinbergslagen im Fokus des Gesprächskreises Ahrwein

„Geht das Himmelchen unter?“

„Geht das Himmelchen unter?“

Der Gesprächskreis Ahrwein tagte.privat

Bad Neuenahr-Ahrweiler. Geht heute noch etwas oder nicht? Eine bange Frage, denn der Gesprächskreis Ahrwein tagte offensichtlich zur Unzeit. Die Konkurrenz zum zeitgleichen Fußballländerspiel Deutschland gegen Nordirland hätte man frühzeitig vermeiden können, aber sie ließ sich nicht mehr verlegen. Umso erfreulicher zeigt sich Oliver Piel, stellvertretender Geschäftsführer des Ahrtal-Tourismus Bad Neuenahr-Ahrweiler e.V., dass 30 Interessierte gekommen waren. Fast alle Anwesenden waren Fachleute, deren Leidenschaft für den Wein über die des Fußballs hinausging.

Paul Gieler, Hauptreferent des Abends stellte unter dem spektakulären Titel „Geht das Himmelchen unter?“ die Gesamtsituation der historischen Weinlagen der Ahr in den Vordergrund seiner Ausführungen. Seine Beobachtung ist, dass die EU die Qualität landwirtschaftlicher Produkte zunehmend auf das Prinzip der Herkunft abstellt.

Dabei geht sie nach dem Grundsatz vor: Je kleiner die Einheit, je höher die Anforderungen und je besser die Qualität. Hier stelle sich die Frage, wie wichtig unsere Weinbergslagen als Alleinstellungsmerkmal zukünftiger Verkaufsstrategien sind? Das über mehr als 100 Jahren berühmte Walporzheimer Himmelchen, immerhin eine größere Weinbergslage von 11 Hektar Rebfläche, seit 1971 in Ebene zwischen Walporzheim und Ahrweiler liegend, hätte er, so Gieler, beim Jahrgang 2014 nur bei einem Weingut noch vorgefunden.

Hintergrund ist eine neue weingesetzliche Verknüpfung der Deklaration einer Weinbergslage an ein bestimmtes Mostgewicht. Nur, wenn z.B. beim Rotwein 80° Oechsle erreicht werden, darf dieser Rotwein auch den Namen einer Lage tragen. Bei dem Jahrgang 2014, der zwar gute Basisweine hervorbrachte, war aber diese Messlatte offensichtlich etwas zu hoch. Sollten die Weinbergslagen unserer 1.200 Jahre alten Kulturlandschaft hieran scheitern?

Wie wertvoll die Steillagen an der Ahr sind, machte der Referent daran deutlich, dass im Weinbaugebiet der Ahr seit 1999 immerhin noch ein leichter Zuwachs von 8% statistisch festgehalten ist, während in den anderen rheinlandpfälzischen Weinanbaugebieten (Mosel, Nahe und Mittelrhein) es einen, teils drastischen Rückgang nimmt. Das Interesse am Weinbau in Steillagen ist dort wegen des immensen Arbeitsaufwands stark gesunken.

Nicht so beim Ahrweinanbau. 385 von 562 Hektar unserer Weinberge sind steil, d.h. sie haben eine Hangneigung mindestens 30%. Auch mit 48 Hektar historischer Terrassen liegt die Ahr im bundesdeutschen Vergleich prozentual mit an der Spitze.

Die Wertschöpfung der Ahrburgunder aus diesem Terroir ist sehr hoch. Die Kernfrage ist aber: Lässt sich das, was vom grünen Tisch in Brüssel ausgesendet wird auch an der Ahr durchsetzen?

In die anschließende Diskussion – unter Leitung von Dr. med. Gerhard Kreuter - brachten sich hauptsächlich Astrid Rickert, Marc Linden, Willi Beu und Karl-Heinz Binder ein. Vor allem Astrid Rickert, Kellermeisterin bei der Winzergenossenschaft Mayschoß-Altenahr, gab zu bedenken, dass sich der auf Weinlagen gezielte Ausbau bei den Genossenschaften nicht durchsetzen lasse. Einer Genossenschaft gehört eine Vielzahl von Winzern an, die in der Summe in fast allen 40 Weinlagen der Ahr Weinberge besitzen. Es handelt sich überwiegend um Kleinstbetriebe. Wenn nun eine Genossenschaft neben rund 20 Rebsorten und Qualitäten noch nach Weinlagen separieren müsse, wäre das angesichts der kurzen Zeit der Traubenlese und Verarbeitung nicht durchzustehen. Auch reiche die Infrastruktur der Kellereien nicht aus. Marc Linden vom Weingut Sonnenberg pflichtet ihr bei und ergänzte, dass auch die beste Weinbergslage an der Ahr in Nebentälern weniger gute Qualitäten hervorbringe. Sollte man es den Franzosen nachmachen, bedarf es eines völlig neuen Lagenzuschnitts. Es bestand Einvernehmen, dass es vollkommen genüge, wenn – wie bisher - aus den besten Lagen der Ahr die herausragenden Qualitäten im oberen Preissegment als Kultweine mit Lagenbezeichnungen deklariert würden.

Abschließend gab Willi Beu, Vorsitzender der Teilnehmergemeinschaft im Flurbereinigungsverfahren Walporzheim einen Überblick über die Mauersanierung und über eine neue Einteilung der Weinbergslagen dort. Karl-Heinz Binder, Initiator des Weinlehrpfades in Walporzheim und Ahrweiler, appellierte eindringlich alle Lagenbezeichnungen beizubehalten.

Übrigens es gibt eine Ausnahme: Bei der Weinmanufaktur Walporzheim wird es ab dem 2015er Jahrgang wieder ein Himmelchen geben. Es wird somit nicht untergehen.

Der nächste Gesprächskreis Ahrwein findet am 16. August in der Eventhalle der Dagernova Weinmanufaktur statt.

Weitere Informationen erhalten Sie beim Ahrwein e.V., Hauptstraße 80, 53474 Bad Neuenahr-Ahrweiler, Tel. 02641 / 91 71 0 oder unter der E-Mail Adresse: info@ahrwein.de.

Pressemitteilung Ahrwein e.V.