Projekt Wohnen für Hilfe in Koblenz

Gemeinsam statt einsam

Koblenz. Auch oder gerade in Corona-Zeiten brauchen viele ältere Menschen Hilfe im Alltag – zum Beispiel bei den Einkäufen oder der Haus- und Gartenarbeit. Das Projekt „Wohnen für Hilfe“ bringt sie mit jungen Leuten zusammen, die wegen des angespannten Wohnungsmarkts auf Zimmersuche sind.

Wenn die Kinder aus dem Haus sind, der Partner oder die Partnerin verstorben und einen nicht nur die Einsamkeit befällt, sondern auch die Erkenntnis, dass man den Alltag bald nicht mehr allein stemmen kann – dann ist es Zeit sein für einen Anruf bei Anne Dommershausen.

Anne Dommershausen ist die Leiterin des Projekts „Wohnen für Hilfe“, das Menschen in unterschiedlichen Lebensphasen zusammenbringt – zum beiderseitigen Nutzen. Junge Studierende treffen auf Seniorinnen und Senioren, die Unterstützung suchen oder nicht mehr allein wohnen wollen. Dabei steht die gegenseitige Hilfe im Vordergrund – nach dem Motto „Jung hilft alt – und umgekehrt“.

„Seniorinnen und Senioren haben häufig Wohnraum frei, während junge Leute verzweifelt auf der Suche nach einem günstigen Zimmer sind. Dafür bieten sie auch gerne ihre Arbeitskraft an“, berichtet Dommershausen.

Welche Arbeiten die Studierenden im Rahmen der Wohnpartnerschaft leisten, ist nicht fest vorgegeben: Einkäufe, Gartenarbeit, Tierpflege, Hausarbeiten wie Fensterputzen oder die Begleitung zu Arztbesuchen sind nur einige Beispiele. Pflegedienstleistungen hingegen sind ausgeschlossen. Auch Familien haben die Vorteile einer Wohnpartnerschaft längst erkannt und profitieren durch die Unterstützung der Studierenden bei der Kinderbetreuung.

Als Gegenleistung für ihre Hilfe bekommen die Studierenden ein Zimmer – umsonst. Nur die anfallenden Nebenkosten müssen sie bezahlen. Dabei gilt die Faustformel: Pro Quadratmeter Wohnfläche eine Stunde Hilfe im Monat. Für ein Zimmer mit 20 Quadratmetern wären das also etwa 20 Stunden Unterstützungsleistungen im Monat. In jedem Fall regelt ein Kooperationsvertrag die individuellen Absprachen.

In der Regel besichtigt Anne Dommershausen von „Wohnen für Hilfe“ das Haus oder die Wohnung nach einem ersten telefonischen Kontakt mit dem Wohnungsgeber. Gemeinsam werden die gewünschten Hilfeleistungen besprochen und ausgelotet, ob „Wohnen für Hilfe“ überhaupt das Richtige für den Interessenten ist. Zurück im Büro prüft Dommershausen dann, welche oder welcher Studierende am besten in diese Wohnpartnerschaft passen würde. Die Vermittlung ist kostenfrei.

Wichtige Voraussetzungen für eine erfolgreiche Wohnpartnerschaft sind Offenheit für Neues, Neugierde und Toleranz sowie natürlich ein freies Zimmer mit Fenster. Bedenken sollten älteren Menschen, dass Gemeinschaftsräume wie Bad, Küche und Keller und Geräte wie die Waschmaschine mit dem Mitbewohner geteilt werden. Da heißt es häufig umzudenken, denn für viele Senioren ist dies die erste WG-Erfahrung. Aber auch die Wohnraumsuchenden müssen aufgeschlossen sein gegenüber den Vorstellungen und Sichtweisen des Wohnpartners.

Und es sind nicht nur Senioren, die von der Hilfe der Studierenden profitieren. Auch die jungen Leute sind manchmal auf Unterstützung angewiesen – ausländische Studierende beispielsweise beim Lernen der neuen Sprache, bei Behördengängen oder ganz allgemein beim Eingewöhnen in Deutschland. Fast zwei Drittel der Studierenden, die sich in Koblenz und Remagen bei „Wohnen für Hilfe“ bewerben, haben keine deutsche Staatsbürgerschaft.

„Wohnen für Hilfe“ ist idealerweise ein ausgeglichenes Geben und Nehmen.

Dennoch bleiben die Wohnpartnerschaften eher die Ausnahme als die Regel – obwohl die Vermittlungszahlen bis zu Beginn der Corona-Pandemie stetig gestiegen sind. Bundesweit wurden 2019 423 neue Wohnpartnerschaften geschlossen. In Koblenz und Remagen hat „Wohnen für Hilfe“ von 2017 bis 2019 mehr als 50 Wohnpartnerschaften vermittelt. Auch 2020 entstanden trotz Pandemie einige neue Wohnpartnerschaften.

Mit den vermittelten Wohnpartnerschaften hält Dommershausen sporadisch Kontakt, um gegebenenfalls bei Fragen oder Problemen weiterhelfen zu können. Das ist im Kooperationsvertrag so vereinbart. Auch wenn es hin und wieder kleinere Schwierigkeiten zu bewältigen gilt, zeigt die Erfahrung doch, dass das Zusammenleben überwiegend problemlos läuft. Wenn die Wohnpartnerschaft auseinandergeht, dann meist wegen eines Ortswechsels des Studierenden. Und so verwundert es nicht, dass manche Senioren inzwischen ihren vierten oder fünften Wohnpartner haben.

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Informationen und Kontakt

Studierendenwerk Koblenz, Anne Dommershausen, Projektleiterin „Wohnen für Hilfe“, Hochschule Koblenz, Konrad-Zuse-Straße 1, 56075 Koblenz, Tel. (02 61) 9 52 89 81, E-Mail: koblenz@wohnen-fuer-hilfe.de, Website: www.wohnen-fuer-hilfe.de.

Pressemitteilung des

Studierendenwerk Koblenz