Vortrag von Prof. Dr. Frank Rumscheid im Odendorfer Zehnthaus

Matronenheiligtum undmerowingerzeitliche Gräber in Odendorf

Matronenheiligtum und
merowingerzeitliche Gräber in Odendorf

Ein Hauch von Spannung lag in der Luft des Odendorfer Zehnthauses, als am 10. April Prof. Frank Rumscheid seine aufsehenerregenden Forschungsergebnisse präsentierte. Foto: privat

Odendorf. Ein Hauch von Spannung lag in der Luft des Odendorfer Zehnthauses, als am 10. April Prof. Frank Rumscheid seine aufsehenerregenden Forschungsergebnisse präsentierte. Das bis auf den letzten Platz gefüllte Haus spiegelte das immense Interesse an den Erkenntnissen des renommierten Bonner Archäologen wider.

Rumscheid und seine Studierenden hatten in den Jahren 2015 und 2019 Lehrgrabungen in Odendorf durchgeführt, die zu einer sensationellen Entdeckung führten: einem bis dahin unbekannten Matronen-Heiligtum. Die Matronen, römisch-keltisch-germanische Muttergottheiten, galten vor allem im ländlichen Raum als Schutzpatroninnen für Familie, Fruchtbarkeit und Erfolg.

In seinem packenden Vortrag beleuchtete Rumscheid ausführlich die Nutzungsgeschichte des Ortes, der insgesamt vier römische Gebäude aufwies. Die freigelegten Fundamente des größten Bauwerks deuteten auf eine beeindruckende, quadratische Struktur von etwa 15 mal 15 Metern hin. Mit Merkmalen eines massiven, dreischiffigen basilikalen Gebäudes und möglicherweise einem Obergeschoss über dem Mittelschiff, verlieh eine bemalte Wanddekoration der Basilika zusätzlichen Glanz.

Fundstücke wie Münzen und Keramikscherben belegten die Nutzung des Heiligtums bis weit ins 4. Jahrhundert nach Christus. Die Basilika diente höchstwahrscheinlich als Versammlungsort, während ein kleiner Rechteckbau möglicherweise als Tempel für eine Kultbildgruppe fungierte.

Rituelle Mahlzeiten und Feiern wurden an diesem Ort abgehalten, wie die Artefakte nahelegen. Nach der Aufgabe des Heiligtums im ausgehenden 4. Jahrhundert wurden sowohl die Basilika als auch die anderen Gebäude bis zu ihren Fundamenten abgetragen. Die Frage bleibt, ob dies in einer großen Aktion geschah oder ob das Material über einen längeren Zeitraum abtransportiert wurde.

Interessanterweise diente die Stätte in der Merowingerzeit, von der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts bis ins späte 8. Jahrhundert, als Bestattungsplatz. Anthropologische Untersuchungen der Überreste von sechs Individuen boten bemerkenswerte Einblicke in Lebensalter, Ernährung und Gesundheitszustand. Hinweise wie das Kreuzmotiv auf einer Schmuckfibel deuten darauf hin, dass es sich bei den Toten bereits um Christen handelte.

Die Präsentation von Prof. Rumscheid enthüllte nicht nur faszinierende Fakten aus der Geschichte Odendorfs, sondern beleuchtete auch die komplexen religiösen und kulturellen Praktiken, die einst in unserer Region stattfanden.